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Ananas und MilliardäreKronen nehmen!

Ananas ohne Grün ist besser für die Umwelt. Milliardäre gehören endlich wie normale Menschen besteuert. Und Gerechtigkeit ist nicht Linkspopulismus.

Wer ist hier schlecht fürs Klima?! Foto: Giacomo Caglio/imago

W as war schlecht vergangene ­Woche?

Friedrich Küppersbusch: Sommerloch endet.

taz: Und was wird besser in dieser?

Küppersbusch: Irrsinnige Vorschläge ohne Sommerlochausrede.

taz: Nach den letzten Gesprächen zeigt sich die schwarz-rote Koalition überraschend einig. Nur ein demonstratives Schauspiel oder wiedergefundene Harmonie?

Küppersbusch: Auf der Union lastet erheblicher Innen- wie Außendruck, es doch mal mit der AfD zu probieren. In der SPD wollen viele genau das verhindern und nicht wenige, im Gegenteil, klare Kante. Das sind schon vier Parteien, bevor der irre Söder dazukommt. Wenn sie das bis zum Ende der Legislatur zusammenhalten, sind sie gut.

taz: Nach offiziellen Zahlen liegen die Sozialausgaben, gemessen am BIP, heute nicht höher als vor zehn Jahren. Braucht Schwarz-Rot nun eine neue Ausrede, um schön nach unten zu ­treten?

Küppersbusch: Nein, Teile der Debatte sind bereits entfaktet. Die Union zieht es durch – Arme bekämpfen statt Armut bekämpfen – und liefert ein Schuldkonstrukt. Die SPD zerreißt es, sie will Partei der Benachteiligten sein und sieht ihre WählerInnen ins Lager der Benachteiligenden abwandern.

taz: Was sollten wir tun? Lieber fünf Milliarden einsparen im Bürgergeld oder x Milliarden einnehmen durch Erbschafts- und Vermögenssteuer sowie echte Maßnahmen gegen Steuerbetrug?

Küppersbusch: Rechnerisch keine Frage: Bei der Erbschaftssteuer wurde 2023 allein 26 „bedürftigen“ Groß­erben 2,1 Milliarden Euro erlassen. Da müsste man also gar nichts ändern, außer Milliardäre wie normale Menschen zu besteuern. Zudem hüpft der komplette Osten unter der Erbschaftsteuer durch, weil’s dort fast nichts zu erben gibt. Die Vermögenssteuer gibt’s – sie wurde 1997 ausgesetzt. Das Verfassungsgericht urteilte, Grundbesitz sei heillos unterbewertet. Das wurde durch die Neubemessung der Grundsteuer 2025 repariert, auch hier müsste also nur geltendes Recht vollstreckt werden. Das Volumen liegt bei 10 bis 20 (Verdi) beziehungsweise 30 (Oxfam) Milliarden Euro pro Jahr. Beim Steuerbetrug liegen die Schätzungen bei 100 Milliarden Euro, für die man in Finanzämter und Fahnder investieren müsste. Kurz: Hier geht’s nicht um lukrative Quellen für den Staat, sondern darum, Arme zu stigmatisieren. Wenn Gerechtigkeit als Linkspopulismus gescholten wird, hat der Rechtspopulismus gewonnen.

taz: Penny köpft die Ananas und verkauft sie künftig ohne grüne Krone, um Emissionen zu sparen. Hat der Discounter dafür ein Krönchen verdient?

Küppersbusch: Penny spart 25 Prozent der Fracht, die Pflanzenblätter kompostieren daheim und wir ja irgendwie auch, jetzt mit weniger Abfall. Ist doch okay, wenn wir Verbraucher das Minus beim gewohnten Anblick gegen das Plus beim guten Gewissen verrechnet bekommen. Milch vom Bauern mit dem ehrlichen Preis scheiterte in Supermärkten, weil sie tatsächlich nach Milch schmeckte und der Preis ehrlich war. Wenn also der Ananasabsatz nun einbricht, dürfen wir auf die Rhetorik gespannt sein, mit der die Rückverkronung gefeiert werden wird.

taz: Die Berlusconis übernehmen endgültig ProSiebenSat.1, und Wolfram Weimer ist nach einem Treffen mit dem Ex-Präsidenten-Sohn voller lobender Worte. Klar, was soll denn schon schiefgehen, wenn Steuern hinterziehende Superreiche mit politischen Ambitionen das Privatfernsehen aufkaufen?

Küppersbusch: Fernsehsender kaufen ist ja so was von Eighties. Beide Sender haben dramatisch an Reichweite und Werbeerlösen verloren, die Joyn ­Mediathek bettelt um Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen, weil ihr eigenes Regal wenig hergibt. Der ­Kulturstaatsminister ließ sich den Standort München lobpreisen und von Berlusconi jr. eine tolle Zukunft ausmalen. Zur gleichen Zeit interviewte eine ­ehemalige CDU-PR-Mitarbeiterin, ­Claudia von ­Brauchitsch, als Sat.1-Journalistin dort den Kanzler. Mag sein, die Union glaubt an die ­Wirkmacht des Fernsehens und die Italogang an sein Geld. Und jetzt aber bitte zurück in die Gegenwart.

taz: Elch Emil ist auf Europatour und bereits von Polen bis nach Wien gewandert. Schafft er es wohl über die deutsche Grenze?

Küppersbusch: Elche sind voll sympathische Tiere, die Mercedes umwerfen („Elchtest“) und früher mal Möbel verkauften (Ikea). Trotzdem kann die Stimmung auch kippen, wenn die Bären und Wölfe mal schwächeln, und dann gibt’s Elchmeterschießen.

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: Besiegt im Freundschaftsspiel die Zweite von Borussia Dortmund. Durfte keiner zugucken wegen offiziell Länderspielpause. Sogenannter DFB-Humor.

Fragen: Jonas Kähler und Wlada Froschgeiser

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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3 Kommentare

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  • Küppersbusch ist einfach umwerfend - der braucht keinen Elchtest.

  • Die Blätter der Ananas sind übrigens ein wesentlichr Indikator für deren Frische: Sind noch dick & fleischig, ist die Frucht vergleichsweise frisch, jedoch nicht notwendigerweise reif, sind sie hingegen vertrocknet, ist die Frucht vergleichsweise alt, kann aber, falls sie reif ist, besser schmecken als ein frisches, jedoch zu früh in noch unreifem Zustand geerntetes Exemplar. Im Gegensatz zur Banane reift eine Ananas nach der Ernte übrigens nicht nach.

  • Der Mercedes Elch hat mir damals (fast) leid getan. Vielleicht macht der Wander-Elch deutlich, wozu Bär und Wolf gut sind - und verhindert so das Elchmeterschiessen!