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Ampel-Pläne für Hartz-IV-ReformKnackpunkt Kindersicherung

Das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP ändert für Hartz-IV-Empfänger:innen wenig. Nur Kinder könnten etwas mehr bekommen – vielleicht.

Eine Kindergrundsicherung, die höher als das Kindergeld ist, könnte vielen Familien helfen Foto: Waltraud Grubitzsch/picture alliance

Berlin taz | Vage klingt, was im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP zur Grundsicherung für Arbeitslose und Kinder vereinbart ist. Aber die Formulierungen der künftigen Ampel­koalition erlauben Rückschlüsse darauf, welche Änderungen für Hartz-IV-Empfänger:innen kommen könnten. Und welche nicht.

Das Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, soll umgetauft werden in „Bürgergeld“. Von einer Erhöhung oder Neuberechnung der Regelsätze ist nicht die Rede, auch nicht von einer Abschaffung der Sanktionen.

Das Ampelbündnis will „prüfen“, ob es die während der Coronakrise eingeführten großzügigeren Regelungen bei Schonvermögen und Wohnungskosten für Neuantragssteller fortsetzt. Diese Ausnahmen galten allerdings immer nur für die ersten sechs Monate des Bezuges von Hartz IV. Für die allermeisten Be­zie­he­r:in­nen änderte sich dadurch ohnehin nichts.

Im Sondierungspapier wird eine „Kindergrundsicherung“ versprochen. Bisherige Leistungen der Familienförderung, darunter der Kinderfreibetrag in der Steuer, das Kindergeld, der Kinderzuschlag für Ge­ring­ver­die­ne­r:in­nen sollen in einem „eigenen Kindergrundsicherungsmodell gebündelt und automatisiert ausgezahlt werden“, heißt es im Papier.

Konkrete Zahlen nur im Wahlprogramm

Für Familien im Hartz-IV-Bezug ist die neue „Kindergrundsicherung“ nur dann interessant, wenn am Ende ein höheres Einkommen herausspringt als mit dem „Sozialgeld“ (so nennt man den Hartz-IV-Regelsatz für Kinder). Der Hartz-IV-Regelsatz für ein zehnjähriges Kind liegt derzeit bei 309 Euro, hinzu kommt ein Anteil an den Wohnkosten der Familie.

Für Familien, die ein kleines Einkommen haben, aber kein Hartz IV beziehen, wäre die Kindergrundsicherung dann eine Verbesserung, wenn es für sie mehr gäbe als das Kindergeld, das derzeit bei 219 Euro pro Kopf für die ersten beiden Kinder liegt.

Im Wahlprogramm der SPD hatte diese eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung versprochen, mit einem „Basisbetrag“ von 250 Euro für jetzige Kin­der­geld­be­zie­he­r:in­nen und einem „Höchstbetrag“ für Familien mit hohem Unterstützungsbedarf, der mindestens doppelt so hoch sein soll wie der Basisbetrag. Das wären reale Verbesserungen für Familien mit geringem Einkommen oder im Hartz-IV-Bezug.

„Gretchenfrage“ ist offen

Im Sondierungspapier aber finden sich keinerlei finanzielle Details zur Kindergrundsicherung, nur eine allgemeine Absichtserklärung. Eine höhere Kindergrundsicherung wäre teuer, Schätzungen gingen von zehn bis mehr als 20 Milliarden Euro an Mehrkosten für den Bundeshaushalt aus. Für das Kindergrundsicherungsmodell der Grünen etwa wurden Kosten von 25 Milliarden Euro errechnet.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, nannte die ungeklärte Finanzierung von besseren Sozialleistungen die „Gretchenfrage“, die bis jetzt „unbeantwortet“ sei. Schließlich will die Ampelkoalition erklärtermaßen keine ­Steuern erhöhen. Wenn am Ende im Koalitionsvertrag aber nur altbekannte Leistungen „umgelabelt“ werden, dürfte das sehr unangenehm auffallen.

Das Sondierungspapier kündigt an, die „Zuverdienstmöglichkeiten“ für Hartz-IV-Empfänger:innen zu „verbessern“. Wer Hartz IV bezieht und mehr verdient, dürfte vom Lohn dann mehr behalten als bisher. Das führt dann aber auch dazu, dass die Zahl der Erwerbstätigen, die Anspruch auf aufstockendes Hartz IV hätten, steigt. Und auch das kostet Geld.

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18 Kommentare

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  • 3G
    34936 (Profil gelöscht)

    Landet Kindersicherung auf dem Bankkonto der Kinder?

  • @SCHNURZELPU

    Sie Leistungsträger, Sie.

  • Also wenigsten den Anstieg der Aufstocker zweifel ich an, das kann ich mir nicht so gut vorstellen. Aber der Punkt ist doch einfach:

    Es ist ein Riesenskandal, wenn mehr als 1,5 Mio. Kinder und Jugendliche in einer staatlich verordneten Armut leben müssen.



    Mir kann keiner weis machen, dass es nicht anders ginge.



    Wenn Menschen von Kindheit an, lernen müssen, als ausgegrenzte Arme leben zu müssen, destabilisiert dies eine Gesellschaft und es hat Auswirkungen auf die Politik.



    Dass in Sachsen viele Menschen AfD wählen, eine Partei, die vor allem nicht kompatibel mit anderen im Bundestag vertretenen Parteien ist, sagt viel darüber aus, wie sich so etwas entwickeln kann.

    P.S. Es könnten auch 1,9 Mio. sein, die in 'Bedarfsgemeinschaften' SGB II (Hartz IV) leben.

  • Das komplette System Hartz IV gehört eingestampft. Stattdessen brauchen wir eine negative Einkommenssteuer. Diese kombiniert die Vorteile eines bedingungslosen Grundeinkommens ohne die Kosten explodieren zu lassen. Der bürokratische Aufwand ist gleich null, das Job-Center wird obsolet, es gibt keine Drangsalierung mehr, keine Kürzungen, keine Bevormundung und keinen Nachteil durch Arbeit.

    Fast noch wichtiger ist aber, die Inflation in den Griff zu bekommen. Niedrige Preise sind das sozialste, was man machen kann.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Endgegner:

      Ne, ich hab keinen Bock Leuten Geld zuzuschießen, die arbeiten könnten, aber nicht wollen.



      Es gibt genügend Jobs, die Spaß machen könnten und sinnvoll sind. Vielleicht nicht in Marl oder in Berlin.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Das ist das dänische Modell, das auch sehr erfolgreich ist. Leider wäre das in Deutschland grundgesetzwidrig...nicht wirklich, aber mit unserem politisch besetzten Verfassungsgericht eben schon. Die schreiben ja sogar die Höhe der Grundsicherung fest.

  • Das schlimmste an Hartz IV ist, das dürfte mittlerweile bekannt sein, die soziale Ächtung, die es generiert.

    Das war ja auch durchaus Absicht, begleitet vom Gekläff der Boulevardpresse und von widerlich-schnoddrigen Sprüchen, etwa des geschätzten SPD (!) Arbeitsministers [2].

    Minderwertiges Leben, halt.

    Für das Leid, das die SPD da mitzuverantworten hat ist mir ihr heutiger Läuterungsprozess definitiv zu lasch.

    Das allerschlimmste aber, was bei dem im Artikel beschriebenen Gezerre durchschimmert ist, dass diese Unwürde auch noch erblich sein soll: Kinder minderwertigen Lebens sollen auch ein minderwertiges Leben haben.

    Mir fehlen die Worte.

    Das haben wir übrigens davon, dass Ihr alle so zuhauf der blöden FDP auf den Leim gegangen seid. Merke: nicht alles, was von der Werbeagentur kommt stimmt auch.

    [1] Ich weiss, ofiziell heisst das nicht so. Aber ich gönne ja Herrn Hartz seinen Ruhm. Soviel davon, dass er einen unruhigen Schlaf haben möge.

    [2] Franz Müntefering "Nur wer arbeitet soll auch essen"

  • Ich bin 52, körperlich hinüber, und werde in diesem Leben nicht mehr arbeiten, was mir auch mein Sachbearbeiter bestätigt. Bis vor etwa zwei Jahren kam ich mit Hartz IV ganz gut über die Runden, obwohl ich viel für Medikamente etc ausgeben muss. Dann wurde der Strom immer teurer, obwohl ich alle Sparmaßnahmen ausschöpfe und zB kalt wasche, keinen Kühlschrank besitze etc, und nun wird durch Corona wirklich ALLES teurer, und nicht nur ein paar Cents. So langsam geht mir echt der Ar*** auf Grundeis, und ich kann froh sein, dass ich Single bin. Was muss erst eine alleinerziehende Mutter sagen. Die Erhöhung von 3,- EUR ab Januar sind doch ein Hohn. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass wir mal wieder verarscht wurden, und zwar von ALLEN Parteien!

  • Nehmen wir mal an, jemand liegt dem Staat zu 100% "auf der Tasche".



    Das kostet den Steuerzahler (also uns) sagen wir mal ... 1500€ pro Monat oder 18 000 € im Jahr.



    Das klingt viel.

    Dann schauen wir doch mal, was Cum-Ex und die MwSt-Karuselle uns so gekostet haben ... nach einer ersten kurzen Übersicht komme ich da auf 40 000 000 000 - 80 000 000 000 €.



    Das klingt nicht nur viel - das ist es auch.

    Da haben es also eine Handvoll Verbrecher geschafft, dem Steuerzahler (also uns) soviel Geld zu stehlen, wie uns 2 Millionen Lauschepper in einem Jahr gekostet hätten.

    2 Millionen Lauschepper - das kann man sich nicht so recht vorstellen.

    Aber wenn ich das umrechne und sage dass alle Einwohner von Köln, Bonn, Essen und Leverkusen ein Jahr lang von diesem Geld hätten Leben können ohne einen Handschlag zu arbeiten wird klar wo Justizia den Blinden Fleck hat.

    Aber unsere lieben Harz IV - Kinder müssen um jede Klassenfahrt bitten und betteln.

    Da fühlt man sich im Lande der Blühenden Landschaften gleich viel wohler, oder ?

    • @Bolzkopf:

      Ich muss mich korrigieren !1!!!

      Wir reden hier nicht über



      40 000 000 000 bis



      80 000 000 000 €



      sondern über



      150 000 000 000 €



      (wie Correctiv jetzt herausfand)

      Davon könnten nach obiger Rechnung 83 000 000 Menschen ein Jahr leben.

      83 000 000 - also ungefähr jeder Deutsche.



      Man hat also jedem einzelnen Deutschen ein komplettes Jahresgehalt gestohlen.

      Und ?



      Wo brennen die Scheiterhaufen ?



      Wo fallen die Zellentüren ins Schloß ?



      Wo klicken die Handschellen ?

    • @Bolzkopf:

      Sie vergessen einen gigantischen Kostenfaktor: Das Jobcenter himself!



      Was meinse, was da ständig in irgendwelche Umschulungen gesteckt wird, ob man will oder nicht. Kostet mal eben locker 20.000,- EUR, plus Fahrgeld etc. Aber glaubense mal nicht, dass der "Umschüler" einen Kredit in Höhe von 200,- EUR für einen Computer bekommt, weil ohne die Umschulung recht sinnlos ist. So durchgeknallt sind die beim JC. Aber von der 100% Umschulung werden nur 75% geleistet, weil 25% in einem Betrieb abgearbeitet werden müssen, diese 75% werden von übelst unterbezahlten Dozenten abgeleistet (wenn überhaupt!!!), und die dicke Marie macht EIN EINZIGER an der Spitze des Betriebes, der sich von Steuergeldern einen großen Fuhrpark gönnt. Von den menschenverachtenden Zuständen in diesen Betrieben mal ganz zu schweigen.



      Und von solchen Betrieben gibt es nicht wenige in Deutschland. Die Zustände sind jedem Sachbearbeiter und jeder IHK bekannt, machen tut niemand etwas. Was meinse, was da an Milliarden verballert werden!

      • @farnicoco:

        Sorry, den Knackpunkt habe ich ja völlig vergessen: Sämtliche Bedienstete des UmschulAnbieters sind darauf bedacht, JEDEN Teilnehmer so schnell wie möglich loszuwerden (und da werden ganz, ganz üble Methoden eingesetzt!), denn das Geld ist denen auf jeden Fall sicher - auch bei Abbruch/Kündigung. Ich habe live erlebt, wie ein alleinerziehender Vater einer Achtjährigen rausgeschmissen wurde, weil seine Tochter krank war, und er keine Babysitterin gefunden hat.



        Und wenn auch solche Maßnahmen nicht ziehen, werden die Umschulungen halt vom JC kurz vor Ende abgebrochen, trotz TOP-Zensuren. Begründung? Gibt es keine!



        Ich habe das DREI Mal mitgemacht!

  • Wir müssen jetzt die Kinder aus der Armutsfalle holen damit sie später nicht selbst in der Armut stecken bleiben. Wie ist egal, das Geld das man da reinsteckt wird für die Gesellschaft langfristig eine gute Investition sein.

  • Das Witzige ist, dass es nicht wenige Akademiker gibt, die Hartz IV dringend zum Leben brauchen in dieser platten Koofmich-Gesellschaft. Es gibt auch freie Journalisten, die in Springers "Welt" in aufgeblähten Kommentaren gegen die primitive Unterschicht hetzen, die das gute Steuergeld für Tabak und Alkohol und Eipötte für die Blagen ausgeben, anstatt dafür Nachttöpfe aus dem Fachgeschäft zu kaufen. Dieser Schreiberlinge sind ohne die Leistungen der Grundsicherung auch aufgeschmissen, aber keiner aus dieser Kaste wird es jemals zugeben.

    Was ist auch anderes zu erwarten, wenn ein zweifach promivierter Diplom-Chemiker nach Zerschlagung des Betriebs mit einem Job als Chemie-Laborant vom Jobcenter beglückt wird oder er darf in einer Schule dem Lehrer die Versuche für den Chemieunterricht aufbauen, so eine Vision des glücklicherweise in der Versenkung verschwundenen Ex-Kultusminister Busemann (CDU).

    Die deutsche Leidkultur schreibt zwingend vor, dass es immer eine Schicht geben muss,



    auf der nach Herzenslust herumgetrampelt werden darf um im Gegenzug Servilität nach oben auszuüben.

    Auf wen nun gerade getreten wird, das hängt vom Zeitgeist ab. Deshalb wird diese Koalition mit sadistischem Vergnügen weiterhin eine ganze Bevölkerungsschicht schurigeln. Wo kämen wir denn sonst hin?

    Das kann sich nur ändern, wenn die Betreffenden sich wehren und dabei in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich ist.

  • Glaubt denn ernsthaft jemand, die große Umverteilung würde nun beginnen???



    Gewinne werden - wie immer - privatisiert, Verluste sozialisiert!

  • Das liegt daran, daß die Grünen eine Akademikerpartei sind, die den Begriff "Armut" nur aus dem Märchenbuch kennt.

    Was man selbst nie erfahren hat, liegt außerhalb des Vorstellbaren und daher wird auch kein Handlungsbedarf gesehen.

    Und es scheint, als ob sich so einige grüne Wahlversprechen fünf Minuten nach dem Erstkontakt mit der FDP in Rauch aufgelöst hätten.

    Die FDP scheint dagegen alles zu bekommen, was sie sich wünscht: vor allem soll den Wohlhabenden nicht ihr Geld weggenommen werden.

    Daraus folgt, daß die Grünen offenbar nicht durchsetzungsstark genug sind. Aber das hätte man von Frau Baerbock und co. nach deren pappnasigem Wahlkampf auch nicht mehr erwartet.

    Wie man ohne besondere Mehreinnahmen dieses Land reformieren will, erschließt sich mir nicht. Ich fürchte, es wird am Ende alles so bleiben, wie es ist.

    Leider paßt das den meisten Deutschen ganz gut. Jammern können sie, aber es darf alles bitte kein Geld kosten.

    Dieses Nichtstun führt nur leider nicht dazu, daß die Probleme irgendwie kleiner werden.

    • @kditd:

      ja, leider haben die menschen die am wenigsten haben auch am wenigsten antrieb zur wahl zur gehen...



      so bleibt es bei ein paar lehrer studenten für Sie um winzige verbesserungen zu kämpfen...



      leider haben die grünen dazu keine lust mehr...

  • Ich denke, da wird es noch viel Gezerre geben in nächster Zeit, von daher ist jede Art von Lobbyarbeit (im Sinne von Interessenvertretung) angemessen und nötig.

    Das gilt übrigens nicht nur für Kinder, sondern auch z.B. für Rentner und für Arbeitslose, die nach jahrzehntelanger Erwerbsarbeit in H4 landen und aufgrund ihres Alters, Krankheit und/oder fehlender Mobilität (wegen sozialer Verankerung am Wohnort) keinen Job mehr finden. Denn all das wird immer mehr Menschen betreffen.