Almuth Schult verlässt den VfL Wolfsburg: Eine letzte Bierdusche

Mit einem fünfzehnten Titel in der Tasche geht Torhüterin Almuth Schult zum Angel City FC in Los Angeles. Der Verein ist ein feministisches Projekt.

Almuth Schult liegt auf dem Rasen, einen gehaltenen Ball in der Hand

Hält künftig Bälle in Los Angeles: Almuth Schult Foto: Silas Stein/dpa

BREMEN taz | In gut zwei Monaten zieht Almuth Schult um, auf die andere Seite des Atlantiks. Kisten hat sie noch nicht gepackt, diese Woche ist erst einmal ihr Spind beim VfL Wolfsburg dran. Neun Jahre stand Schult in der Fußballbundesliga im Tor der Wölfinnen. 15 Titel haben sie gemeinsam geholt. Der neuste: Der DFB-Pokalsieg 2022. Vor dem Spiel, das Wolfsburg wie erwartet mit 4:0 gegen Turbine Potsdam gewann, fühlte sich Schult „wehmütig“.

Während nach dem letzten Bundesligaheimspiel die Tränen flossen, überwog am Samstag doch die gute Laune. „Es ist noch nicht vorbei, die Party kommt ja noch“, sagte Schult nach der Siegerinnenehrung. Sie war eine der ersten, die ein Getränk in der Hand hielten, verpasste dem Wolfsburger Trainer Tommy Stroot noch auf dem Platz eine hinterhältige Bierdusche.

Schult ist nicht nur Fußballerin und Partykanone. Die 31-Jährige ist TV-Expertin, DFB-Kritikerin, Unterstützerin der Initiative „Fußball kann mehr“. Sie thematisiert die fehlende Gleichberechtigung im Profifußball, das Muttersein im Leistungssport, bemängelt leere Zu­schaue­r*in­nen­rän­ge und die geringe Leistungsdichte in der deutschen Liga.

Letztere ist für sie auch ein Grund für den Wechsel in die USA. Bald spielt sie dort für den Angel City FC in Los Angeles. Die nordamerikanische Fußballliga ist ausgeglichener, der Sport hat zudem einen anderen Stellenwert. Man spiele dort auch anders, sagte Schult in der Woche vor dem Finale: „weniger technisch, taktisch, sondern mit mehr Tempo und Zug zum Tor“. Hohe Bälle, mehr Distanzschüsse – das alles sei vor allem für sie als Torfrau interessant.

Berühmte Frauen im Hintergrund

Noch ein Grund für ihren Weggang: Das Team ist ein besonderes, hat Vorbildcharakter. Erst seit diesem Jahr spielt Angel City in der Liga. Der Club ist fest in der Hand von verschiedensten Frauen: Mitgründerin ist Schauspielerin Natalie Portman, zu den Eigentümerinnen zählen Sportlerinnen wie Serena Williams, Lindsey Vonn und Billie Jean King oder Hollywoodstars wie Eva Longoria und Jennifer Garner. Es geht um Gerechtigkeit – im Sport und außerhalb. „Der Verein hat einen Auftrag, den ich gern begleiten möchte“, so Schult.

Ihre Nachfolgerin beim aktuellen deutschen Meister Wolfsburg wird Nationaltorhüterin Merle Frohms. Sie hatte Schults Stammplatz im Tor des Nationalteams mit dem Start von deren Babypause übernommen. Mit Frohms kämpft Schult um den Platz in der Startelf für die kommende Europameisterschaft. Denn nicht nur Kisten packen ist jetzt angesagt, auch regenerieren und vorbereiten. Anfang Juli geht das Turnier in England los. Frohms dürfte aktuell die Nase vorn haben. Schult will der Trainerin die Entscheidung aber so schwer wie möglich machen. Ihre Nationalmannschaftskarriere aufzugeben, kommt für sie nicht in Frage.

Die Betreuung der Zwillinge haben Schult und ihr Mann bislang mithilfe der Großeltern gemeistert. Beim VfL waren die Kleinkinder sogar mal im Trainingslager dabei. In L.A. geht der Nachwuchs einfach länger als bislang in die Kita, erklärte Schult. Und für den neuen Verein seien spielende Kinder auf dem Rasen wohl auch kein Problem.

Auf eine „andere Art der Familienzeit“ freut Schult sich in den USA; darauf, neben dem Fußball mal zur Ruhe zu kommen. Doch nicht gänzlich wohlgemerkt: „Ich bin nicht der Typ, um ruhig zu sein“, antwortete sie auf die Frage, ob mit der Distanz nun auch weniger von ihr zu hören sein werde. „Meine Grundeinstellung zum Frauensport, diesen weiterzubringen, wird bleiben.“ Spannend werde trotzdem, welche Frau künftig an ihrer Stelle bei Fragen zur Liga gelöchert werde. „Der Sport braucht Gesichter. Dann kommen auch mehr Leute ins Stadion.“

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