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Allheilmittel für Böden und Klima?Pflanzenkohle als Retter

Der Weltklimarat sieht die Pyrolyse von Pflanzen zu Kohle als aussichtsreiche Technologie, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.

Pflanzenkohle ist ein exzellenter CO2-Binder und erhöht gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit Foto: dpa

Berlin taz | Wenn die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, müssen in diesem Jahrhundert mehrere hundert Gigatonnen des Treibhausgases CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden. Das sei machbar, aber extrem ehrgeizig – so die Botschaft des jüngsten Berichts des Weltklimarats IPCC.

Doch wie beseitigt man solche gigantischen Mengen CO2? Die im IPCC zusammengeschlossenen WissenschaftlerInnen führen dafür verschiedene Techniken auf, etwa Aufforstungen, Renaturierung von Wäldern und Landgebieten, Verbrennung von Biomasse in industriellen Prozessen mit anschließender Abscheidung und Speicherung ihres dabei entstehenden CO2 (BECCS) – und die Erhöhung des Kohlenstoffgehalts in Böden.

Durch Letzteres entstünden „Co-benefits“ wie „erhöhte Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und lokale Ernährungssicherheit“, lobt der IPCC. Und verweist auf zwei neue wissenschaftliche Studien, die die Geisenheimer Ökologin Claudia Kammann, der Potsdamer Klimaforscher Wolfgang Lucht mit seiner Kollegin Constanze Werner sowie Hans-Peter Schmidt vom Schweizer Ithaka-Institut und anderen erstellt haben.

Das Ithaka-Institut experimentiert schon seit einiger Zeit mit Pflanzenkohle – auf seinem Forschungsweinberg im Schweizer Wallis und in Waldgärten in Nepal, Bangladesch, Kuba und anderswo. Pflanzenkohle wird gewonnen, indem Biomasse – Holz, Zweige, Erntereste, Reisspelzen und vieles mehr – bei hohen Temperaturen verkohlt wird. Bei diesem Prozess, Pyrolyse genannt, wird der darin enthaltene Kohlenstoff in eine Form umgewandelt, die für viele Jahrhunderte in Böden und Baumaterialien gespeichert werden kann.

In Reisfeldern kann Pflanzenkohle gleichzeitig Methan reduzieren und Erträge erhöhen

Damit wird verhindert, dass das CO2, das sonst beim Verrotten pflanzlichen Materials freigesetzt wird, in die Atmosphäre gelangt. Eins der Pyrolyseprodukte ist hochporöse Pflanzenkohle. Ein Kilogramm davon bindet den Kohlenstoff aus drei Kilogramm CO2. Im Erdreich wird daraus „Terra Preta“, eine jahrhundertelang stabile Schwarzerde, mit der Indigene einst ihre Waldgärten am Amazonas fruchtbar machten.

In den beiden Studien geht es um das Potenzial von Pflanzenkohle als Klimaretter. Sie kann nicht nur dem Humusverlust entgegenwirken, indem sie Kohlenstoff in den Boden zurückbringt. Die erste Studie von 2017 zeigt, dass sie auch Methan und Lachgas entscheidend reduzieren kann, die 25- beziehungsweise 300-mal so klimaschädlich sind wie CO2. Lachgas wird unter anderem frei, wenn überdüngte Böden durch schwere Traktoren verdichtet werden. Pflanzenkohle aber verbessert die Bodenqualität und verringert Lachgasemissionen.

In Reisfeldern kann Pflanzenkohle doppelt segensreich wirken, nämlich Methan reduzieren und Ernten erhöhen. Und als Zusatz im Tierfutter wirkt sie ebenfalls doppelt: Sie verbessert die Gesundheit der Tiere und reduziert deren Methan-Emissionen. Übrigens kennen auch Menschen den Heileffekt reiner Kohle bei Darmerkrankungen.

Würde das Futter des globalen Tierbestandes ein Prozent Pflanzenkohle enthalten, könnte das laut Studie 1,2 Prozent der Treibhausgase kompensieren. Zu den noch weitaus größeren klimapositiven Effekten der Pflanzenkohle im Boden gibt es im Text leider keine Mengenabschätzungen.

„PyCCS“ ist auch in kleinem Maßstab anwendbar

Die zweite Studie untersucht das Klimapotenzial sämtlicher Pyrolyseprodukte. Neben Pflanzenkohle entstehen dabei biologische Öle und Gase. Diese können nicht nur für Baumaterial oder Bioplastik verwendet, sondern auch unterirdisch gespeichert werden, etwa in früheren Erdöllagern.

Größter Vorteil dieses als PyCCS bezeichneten Verfahrens („Pyrogenic carbon capture and storage“) ist, dass es auch im kleinen Maßstab anwendbar und viel ökologischer ist als die weitgehend unerprobte Abscheidung und Lagerung von CO2 (CCS) und die industrielle Biomasse-Verwertung (BECCS). Auf diese Weise könnte PyCCS tatsächlich einen großen Anteil des überschüssigen CO2 aus der Atmosphäre kompensieren.

Mitautorin Constanze Werner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hält PyCCS insgesamt für eine „vielversprechende Methode“. Pflanzenkohle habe in der Klimaforschung bislang noch nicht die Berücksichtigung gefunden, die sie verdiene, aber das werde sich wohl bald ändern – wenn die dafür nötige Biomasse nachhaltig angebaut werde. Zudem sei sie „eine der wenigen Techniken, die man auch schon kurzfristig anwenden kann“.

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46 Kommentare

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  • Hier wird vielfach über Biokohle aus Holz geredet.



    Wir machen Biokohle aus Wasserhyazinthen.



    WH ernten, trocknen und karbonisieren.



    Alleine an einer Stelle im Tanasee in Äthiopien sind so viele WH, dass man daraus 50.000 to Biokohle machen kann.



    Verdoppelungsrate der WD - 14 Tage.



    Also es geht - wenn man will und mitdenkt.

  • Ich finde es schräg, eine minimale CO2-Verminderung in Bezug auf Tierausbeutung zu erwähnen, indem durch "Kohle-optimierten" Anbau von Tierfutter angeblich Verbesserungen um 1,2 % Prozent erreicht werden sollen. Dadurch wird suggeriert, dass das Tierausbeutung ökologischer werden könne. Tatsächlich aber macht der Anteil der Tierproduktion mindestens 18 % der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Eine massive Reduzierung der Tierproduktion an sich, ist von Nöten, nicht bloß eine minimale Reduzierung beim Tierfutteranbau, wenn mensch Klimawandel verhindern und die mit der Tierproduktion einhergehende Umweltzerstörung beenden möchte.

  • Wir haben gerade das größte Artensterben der Geschichte, wovon natürlich auch Pflanzen betroffen sind und die insbesondere wegen der Überdüngung der Böden und dann wird tatsächlich noch über neue Düngemethoden als Zukunftsweisendes Projekt diskutiert? Es ist nicht zu fassen!

    Unsere Böden müssen wieder abgemagert werden, das nützt nicht nur den zahlreichen Wildpflanzen (und der damit verbundenen Nahrungskette und anderen ökologischen Zusammenhängen), sondern es eröffnet längerfristig auch für Nutzpflanzen neue Perspektiven.

  • Bei der Umsetzung im größeren Stil könnte es praktische Probleme geben:

    1. Die Herstellung von Holzkohle an sich braucht viel Energie. Soweit ich weiß, war die zu großen Teilen durch Köhlerei bedingte Entwaldung vor einigen Jahrhunderten der Grund, warum man irgendwann auf den Abbau fossiler Brennstoffe für den Bedarf der aufstrebenden Industrie umgestiegen ist. Es wurde viel, viel mehr Holz verbraucht, um die Meiler erst mal in Gang zu bringen, als man dann am Ende in Form von Holzkohle noch hatte.

    2. Unter der hierzulande im Laden erhältlichen Holzkohle ist teilweise Tropenholzkohle, die auch ein dickes Klima- und Naturschutzproblem mitbringt, nebst vermutlich katastrophalen Arbeitsbedingungen bei der Herstellung.

    FAZIT: Wenn man Holzkohle, wie im Artikel beschrieben, als Kohlenstoffspeicher im Boden einsetzen will, muss man sehr, sehr genau darauf achten, wo und wie sie produziert wurde. Wenn man nur nachhaltige Produkte verwendet, ist das aber sicher eine großartige Sache.

  • 70% der Erdoberfläcje

  • Altbewährter Gärtner-Tipp: Grillkohle-Reste unter Kompost-Erde mischen bindet Wasser & flüchtige Nährstoffe + lockert den Boden viel dauerhafter als Torf, der dort innerhalb weniger Monate zu CO2 verfault.

    Statt Kohle extra aus Biomasse herzustellen, könnte man ja auch die restliche, bereits freigebaggerte Braunkohle der Tagebaue nehmen und statt Klima-schädlich in alten CO2-Schleudern zu verfeuern, lieber für blühende Landschaften in Mecklenburgs trocken-sandig karge Böden einarbeiten:



    Der Appell "Leave the Coal in the Ground" bekommt so eine ganz neue Bedeutung...

    Fürs erste würde aber auch schon helfen, skandalös überflüssige CO2-Freisetzungen einfach zu stoppen, wie den weiteren Abbau unserer Torfmoore durch Gartentorf-Gewinnung & Bundeswehr-Raketentests sowie politisch zu verhindern, dass vielerorts Regenwald durch mafiösen Raubbau in karge Wüsten verwandelt wird !

  • Dann mal her mit den Zahlen! Müssen wir alle Wälder der Welt abholzen, um die Böden mit Kohle zu versorgen oder reicht schon die Hälfte der Wälder

  • Also nur weil man Pflanzenkohle in die Erde schmeißt wird noch lange keine terra preta draus.

    • @Lex:

      Pflanzenkohle muss vorher mit Nährstoffen aufgeladen werden. Das geht auch mit Klärschlamm.



      In Nepal machen sie das mit Urin aus Schulen. Die Schule hat dann auch noch eine Einnahme.



      Es ist echt einfach. Ich mache das zuhause im Garten.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Lex:

      Na so kompliziert wird es nicht. Aber ich prophezeie mal wie es endet. Die Brasilianer holzen ihren Regenwald ab und exportieren Terra Preta in alle Welt. Dann bauen sie dort Palmöl an, damit drei Milliarden Autos 2050 fahren können.

      So ist das, wenn man eine Sache puscht, ohne Rahmenbedingungen zu schaffen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Lex:

      Das ist sicher korrekt. Schließlich haben die, die terra preta "erfunden" hatten, jede Menge anderen organischen Abfall unter die Kohle gemischt gehabt

    • @Lex:

      Soweit ich sehen kann hat das niemand behauptet und es ist auch kein Argument gegen den Eintrag von Pflanzenkohle in Ackerböden!

      • @Hanzo Tanaka:

        Nicht? Der Zusammenhang wird aber im Artikel ohne Nachweis behauptet: "Eins der Pyrolyseprodukte ist hochporöse Pflanzenkohle. Ein Kilogramm davon bindet den Kohlenstoff aus drei Kilogramm CO2. Im Erdreich wird daraus „Terra Preta“, eine jahrhundertelang stabile Schwarzerde,...".

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Wenn man Holz verkohlt, sind hinterher eine Anzahl anderer wichtiger Elemente, die eigentlich den Böden zu- bzw. rückgeführt werden müssten aus dem Endprodukt ausgetrieben, vor allem der Stickstoff.



    Wie sieht es mit anderen, mengenmäßig geringen, aber zur Erhaltung der Fruchtbarkeit und Funktionalität von Böden essentiellen Bestandteilen aus? Noch was drin in der Kohle?

    • @61321 (Profil gelöscht):

      In Terra Preta liefert Kohle-Granulat selbst keine Düngung, sondern sorgt langfristig für Bindung flüchtiger Nährstoffe & Wasser + Auflockerung des Bodens. Anders als Torf oder Kompost, die schon innerhalb weniger Monate zu CO2 verfaulen, überdauert reine Kohle in diesen wichtigen Funktionen für viele Jahre klimaneutral im Erdreich.



      Besonders karge Sandböden lassen sich damit systematisch dauerhaft Aufbessern, v.a. wenn man für längere Wasserspeicherung noch Lehm zufügt.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Die Kohle ist ein Speichermedium, ist also an sich nicht zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit nutzbar, sondern muss über einen Zwischenschritt, z.B. Zugabe von Kompost, Bokashi, (Tier-)urin o.ä. quasi aufgeladen werden. Nachzulesen in "Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald". Nach dieser Anreicherung gibt die Pflanzenkohle die Nährstoffe an den Boden besonders langsam ab.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Ich bin in dem Bereich zwar kein Experte, aber gerade die langfristige Speicherung von Nährstoffen (besonders der leicht auswaschbare und knappe Phosphor) und deren Verfügbarkeit sowie die Bildung von Humus und Humuskomplexen wird durch Pflanzenkohle erheblich verbessert. Da Kohle im Boden eine überaus lange Haltbarkeit hat, in der Größenordnung von Jahrtausenden, muss sie auch nicht häufig eingebracht werden. Am besten schlägt sich da wohl hochoxidierte Braunkohle/Leonardit, vielleicht wäre es sogar möglich ein ähnliches Produkt künstlich bereitzustellen. Ich denke im Gesamten ist das Ganze für den Boden eher als überaus positiv zu bewerten, gerade bei den momentanen Problemen mit Ackerflächen die an genau den Stellen kranken wo Kohle verbesserung verspricht.

  • Nur damit sich die Karnivoren in Rage schreiben können:

    Statt dem Tierfutter Kohle beizumischen, wäre es deutlich effizienter auf verschiedenen Ebenen, damit aufzuhören, Tierprodukte zu konsumieren.

    Das würde dann auch Anbauflächen für die benötigte Biomasse freigeben.

    Zu guter Letzt klingt die Beschreibung so, als könnte die Humusanreicherung das Karnivorenproblem "wie düngen wir denn ohne Viehzucht, ohne viel viel mehr Kunstdünger zu verwenden" lösen.

    Vielen Dank für einen interessanten Artikel.

  • Jetzt mal ganz sachlich: Pflanzenkohle ist energieautark, low-Tech und weltweit aus Rest-Biomasse herstellbar, die z.B. nicht kompostiert, zum Kochen verwendet oder als Bauholz geschlagen werden kann. Welchen Effekt die Kohle auf die Treibhausgasemissionen aus Böden hat, ist stark abhängig vom jeweiligen Boden. Momentan is noch keineswegs klar, ob der Einsatz von Pflanzenkohle in klimarelevanten Mengen zur C-Sequestrierung im Boden beiträgt. Als Beimengung in Kompost, Mist oder als Tierfutter kann die Kohle aber mit Nährstoffen und Mikroorganismen angereichert werden und so als "lebendiger Dünger" sehr wohl entscheidende Beiträge zur Bodenverbesserung leisten, insbesondere in Regionen, in denen Mineraldünger schwer verfügbar oder nur sehr teuer zu bekommen ist. Auch in Europa kann die Verwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft gemeinsam mit Kompost zur Agrarwende beitragen. Dies ist vielfach wissenschaftlich belegt und hat nichts mit Heuchelei, "Allheilmittel" oder politischer Ablenkung zu tun. Nach der Energiewende wird die weltweite Agrarwende wohl das nächste große Infrastrukturprojekt - und da kann Pflanzenkohle einen wichtigen Beitrag leisten!

    • @Expertin:

      Nur was weiter oben Haberer schon sagte muss berücksichtigt werden: N geht bei dem Prozess mit Sicherheit verloren und deshalb darf schon mal kein n-reiches Material Verwendung finden. Habe ich dann Pflanzenkohle im Boden und zuwenig N- im Angebot, wird es mit Sicherheit festgehalten. Denn auch im Humusaufbau spielt N- eine entscheidende Rolle, es ist mit 5-10% beteiligt. Wenn nicht genügend vorhanden dann, und das ist richtig "verbrennt" bei der Fächenkompostierung das C. Die auch hier oft geäusserte Meinung wir hätten N eh zuviel, weil schon im Grundwasser ist, ist einfach falsch. Ja, so wie wir jetzt ökologisch umherirren haben wir punktuelle N-Überschüsse, weil N-ernergieintensiv aus der Luft einfangen. Wenn wir uns aber auf ein natürliches System besinnen, sind es praktisch nur die Leguminosen die uns mit N- versorgen. Und das ist wenig! Also sehe ich Verfahren die sich auf C konzentrieren im grossen Masstab sehr kritisch. Für den Garten ohne genaue Bilanz...alles prima. Aber wenn ich mal eben 1000ha Land aufwerten will, dann wird es schwierig

  • Warum? Nun , weil Sie bereits vor 2000 Jahren gelebt haben. Nun mal im ernst, wer schon mal richtig aktivierte, d.h. cokompostierte Pflanzenkohle im Garten eingesetzt hat, wird es wieder tun. Sogar das englische Königshaus schwört in der Zwischenzeit darauf...

  • stimmt natürlich ist unten lassen besser als wieder einbuddeln. aber wir müssen beides machen. solange wurde nix getan, dass negative emissionen notwendig geworden sind.

    und da ist eine zweitmethode neben aufforstung extrem willkommen.

  • idealerweise wird das nicht großindustriell umgesetzt sondern lokal flächendeckend im kleinen maßstab, ähnlich wie kompost, nur für schwer rottende pflanzenteile: rasenschnitt, holzstückchen laub ect.



    nutzplantagen für pyrolysematerial sind genausoschlimm wie für biodiesel.

  • Was ist der Nachteil an Bäume pflanzen?



    Warum müssen Straßen gebaut werden?



    Warum darf Biomasse nicht bewegt werden?

    Und der Gegencheck: Pasiert all dies nicht, wenn keine Pyrolyse angewandt wird?

    • @nutzer:

      das ist eine Antwort auf @ERICB

  • Das ist wissenschaftlich alles richtig. Ausdrücklich! Aber:







    Gesamtstrukturell im Jahr 2018 eine Heuchelei und Ablenkungsmaschine vor dem Herrn. Und die TAZ stellt das so unreflektiert dar!



    Jedes Kilogramm Biomasse, welches heute zu Biokohle (Energieaufwand!) verabreitet wird fehlt auf der energetischen Seite (statt dessen muss weiter fossil Energie erzeugt werden! Denn wir haben keineswegs einen Energieüberschuss in DE für diese Techniken) oder es fehlt dann im Boden als Phosphat oder Humus (vgl. eigener TAZ-Bericht von gestern).



    Das führt dann ggf. in der Politik und den Medien dazu , dass die Erneuerbaren (konkret Biomassekraftwerke, Hackschnitzelöfen) gar nicht so toll sind und mal wieder ihre Ziele nicht erreichen (zu teuer)... und Teil des Problems und nicht Teil einer Lösung seien.

    Die Reihenfolge sieht daher so aus:



    Effizienzsteigerung fossiler Großkraftwerke



    Fossile Kraftwerke nach und nach abschalten um CO2 einzusparen und durchaus solange und erst recht Biomasse energetisch verwerten! Dann (oder gerne als Forderung parallel ab sofort) CO2 aus dem Abluftstrom der fossilen Kraftwerke abscheiden!



    Und dann, wenn das alles erledigt ist, dann bitte der Biomasse entsprechende Optimierungen aufdrücken wie CO2 Abscheidung oder Zwangsumwandlung zu Biokohle... usw..

    Auf einer unserer letzten Tagungen habe ich zu hören bekommen: Ihr Biomassekraftwerke seit erst dann wirklich CO2-neutral, wenn ihr auch das CO2 abscheidet und deponiert. So weit sind wir schon: Fossil macht weiter und bei den schon sehr guten Erneuerbaren werden Absolutheitsansprüche gestellt. Ein Ablenkungsmanöver auf das wir nicht hereinfallen sollten.



    Bitte.

    • @Tom Farmer:

      aber es soll doch in den boden zurück. ähnlich wie kompost. dem boden wird also nix entzogen.







      und die technik sollte nicht in konkurenz zur biomasseverstromung sondern ergänzend genutzt werden:

      trockenes holz: verbrennung in kraftwärmekopplung, nasse biomasse vergärung für biogas zur gebäudeheizung und als treibstoff. beides nicht schlecht. aber (bestenfalls) co2-neutral.



      während vergrabene pyrolysekohle kohlenstoff aus der atmosphäre in den boden bringt. also negative emissionen. und zwar viel besser als ccs. wird nur noch von aufforstung getoppt. und diese beiden lassen sich kombinieren. biokohle in aufforstungsgebieten in den boden einbringen. steigert sogar die bodenqualität noch.

      c aus dem kraftwerkabgas abzuscheiden ist irrsinnig aufwändig. und lässt sich an bestehende anlagen eh nicht anbauen. so n abscheider ist etwa so groß wie das ganze kraftwerk und verbraucht einen bedeutenden anteil der erzeugten energie selbst. (wie war das, senkt den wirkungsgrad von 49 auf 40% oder so ähnlich) da ist bäumepflanzen viel besser.

      aber ein kernpunkt ist wichtig: konkurenz um biomasse zwischen biokohle und bioverstromung ist nicht sinnvoll.

      aber die typischen pyrolyseanlagen an den unis heutzutage und in den tropischen experimentierenden kooperativen sind ja super lowtech (dampfkochtopf) und für kleinmengen gemacht. dafür (eigen-)arbeitsintensiv. und um den grünschnitt / laub aus privatgärten gibt es keine konkurenz mit biogasanlagen und co. oder?

    • @Tom Farmer:

      Sehr geehrter Herr Farmer,

      bei der Pyrolyse von Biomasse wird keine Energie eingesetzt sondern thermische, nutzbare Energie freigesetzt. Die Biomasse, welche karbonisierbar über Pyrolyse ist, dient dem Boden nicht zur Nährstoffanreicherung. Bitte verwechseln Sie hier nicht HTC-Kohlen mit Pyrokohlen! Danke

    • @Tom Farmer:

      "Jedes Kilogramm Biomasse, welches heute zu Biokohle (Energieaufwand!) verabreitet wird fehlt auf der energetischen Seite (statt dessen muss weiter fossil Energie erzeugt werden!"

      Warum fehlt die Biomasse, die für Pflanzenkohle verbraucht wird auf der energetischen Seite?



      Biogasanlagen laufen größtenteils mit Ackerfrüchten und nicht mit Abfallprodukten, die für Pflanzenkohle benötigt wird.



      Pflanzenkohle kann rein aus Abfallprodukten gewonnen werden. Da besteht nicht automatisch eine Konkurrenz.



      Wie immer kann man es aber auch falsch angehen und eins gegen das andere ausspielen.

      • @nutzer:

        sorry, undeutlich meinerseits: Ich spreche ausschließlich von holziger Biomasse.



        Eifer im Gefecht und so...

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Wie wäre es, wenn man die Pyrolyse mit überschüssigem Windstrom macht, also in den Zeiten, in denen sonst Windräder abgestellt werden müssten?

      • @64984 (Profil gelöscht):

        Das ist jetzt technisch nicht mein Thema, grundsätzlich:



        Wind erzeugt Strom!



        Pyrolyse jedoch ist ein selbsttragender Prozess in dem die leichtflüchtigen Gase energetisch genutzt werden und die Abwärme die Pyrolyse am laufen hält. Man benötigt also Biomasse und hat sogar noch Strom übrig! Also: Sackgasse die Idee.

  • Das Problem ist die dazu notwendige Energie. Auch wenn die Verkohlung energieautark ist, müssen Bäume angepflanzt, Straßen gebaut und muss Biomasse bewegt werden. Dies verringert die fossile Energie, die für andere Zwecke zur Verfügung steht und senkt damit Produktivität und Lebensstandard.

  • Die wirtschaftliche Unvernunft der CDU zeigt sich an solchen Vorschlaegen. Natuerlich ist es viel preiswerter, den Kohlenstoff gleich in Form von Kohle im Boden zu lassen.

    • @meerwind7:

      Wenn man fossile Kohle im Boden lässt, erspart man der Atmosphäre natürlich zusätzliche CO2-Belastung.

      In diesem Artikel geht es um etwas gänzlich anderes als diese Ersparnis:

      Es geht darum, bereits in die Luft geblasenes CO2 aus der Atmosphäre wieder rauszukriegen (Photosynthese durch Pflanzen) und den pflanzlichen Kohlenstoff durch Verkohlung längerfristig haltbar zu machen und im Boden zu speichern, damit er längerfristig draußen bleibt.

      (wodurch übrigens angenehme Nebeneffekte wie eine Verbesserung der Bodenqualität erzielt werden).

      Natürlich bereitet auch das praktische Probleme (Energieaufwand, nachhaltige Produktion usw.) , aber wenn man's richtig angeht, kann es eine gute Sache sein.

    • @meerwind7:

      Text gelesen?

      "Wenn die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, müssen in diesem Jahrhundert mehrere hundert Gigatonnen des Treibhausgases CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden."

      Selbst, falls wir direkt aufhören, fossile Energieträger zu verbrennen (abgesehen davon, dass das technisch nicht machbar ist), müssen wir Reduktion betreiben.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @meerwind7:

      Wenn man Problem ignoriert, so wie Sie es tun, sind sie nicht einfach weg.



      Erdöl, Erdgas, Kohle werden nun mal verbrannt und sie können mir nicht erzählen, dass sie ohne fossile CO2-Emmisionen leben.



      Also muss man Lösungsansätze finden.



      Bei der Pflanzenpyrolyse muss man bedenken, dass hochtoxische Stoffe entstehen, deren Verbleib beispielsweise in der Nahrungskette untersucht werden muss.

      Die ersten die Terra Preta genutzt haben, haben es aufgegeben. Warum?



      Ausgestorben?

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Ich bin mir ziemlich sicher das entweder alle oder die überwältigende Mehrheit dieser toxischen Substanzen flüchtige bis sehr flüchtige Verbindungen sind, bzw. bei der Pyrolyse erst durch Reaktionen in der Gasphase entstehen und bei energetischer Verwertung derselben unschädlich gemacht werden. Diese werden bei der Pyrolyse dementsprechend zuverlässig ausgetrieben oder befinden sich nie in der Kohle und werden somit nicht in den Boden eingetragen.

        Falls ich damit falsch liege würde ich mich über belastbare Informationen freuen.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        "Die ersten die Terra Preta genutzt haben, haben es aufgegeben. Warum?

        Ausgestorben?"

        Können Sie da einen ursächlichen Zusammenhang herstellen?



        Sind sie denn ausgestorben, weil sie Terra Preta benutzt haben? Ist das, wenn überhaupt so monokausal?

  • Das klingt so als ob da jemand um seine Forschungsgelder kämpft.



    Schade nur, dass da so viel ausgeblendet wird, damit das Sinn macht.

    Nicht nur, das Pyrolyse extrem viel Energie benötigt, die von außen kommen muss, weil man die Pflanzen ja eben nicht verbrennt, (wo soll die bitte herkommen - ohne CO2 ?)

    Man kann außerdem heute in dieser Zeitung nachlesen, das es eventuell doch besser wäre, dem Boden nicht noch mehr Pflanzenreste zu entziehen.



    taz.de/Ackerboeden...substanz/!5555491/

    Vielleicht sollte sich der Mensch auch einfach mal nicht überall brutalstmöglich einmischen.

    • @Sonntagssegler:

      Auch bei Ihnen scheint leider eine Verwechslung von HTC-Kohlen Und Pyrokohlen vorzuliegen. Ein Teil des in der Pflanze steckenden Kohlenstoffs wird tatsächlich im Prozess verbraucht. Allerdings geht deutlich mehr Kohlenstoff in Form von CO2 und CH4 in die Atmosphäre, wenn solche Reststoffe nur auf dem Feld verrotten. Um sich darüber auszulassen, empfehle ich eine vernünftige Kohlenstoff-Bilanzierung zu Rate zu ziehen.

    • @Sonntagssegler:

      1) pyrolyse braucht keine energie, ist ja selbst exotherm. der wasserstoff aus der biomasse oxidiert ja.



      2) das produkt geht doch in den boden zurück. und verbessert dort die nährstoffverfügbarkeit.

      eine ganz gute vorstellung ist: es ist eine zeitraffervariante der natürlichen (braun-)kohleentstehung. und das produkt tun wir in den boden. also kohleabbau rückwärts.

      ist ja im kleinen schon seit mindestens 10 jahren ein thema, aber bisher eben fast nur bei bodenforschern. den klimaforschern war es bisher zu vage und zu wenig passend für großindustrielle projekte.

      probleme gibts aber auch zu lösen: die langzeitstabilität ist, wie auch bei natürlichem humus, sehr davon abhängig, wie der boden genutzt wird. und bei der pyrolyse entstehen flüssige und gasförmige nebenprodunkte, die einer nachbehandlung bedürfen (oder wie oben erwähnt evtl als chemische rohstoffe taugen)

      • @chn:

        Ich bin kein Spezialist für Pyrolyse, aber ich kann nicht erkennen, das Pyrolyse grundsätzlich in Summe exotherm abläuft.



        Es geht mir in meinem Kommentar auch vor Allem darum, das diese Fragen gar nicht betrachtet werden, auch die Nebenprodukte nicht. Es entsteht ja nicht NUR Kohle.

        zu 2. Es geht "was" in den Boden zurück, aber eben nur sehr wenig.



        Humus ist mehr als nur Kohle.

        Meiner Meinung nach merkt man dem Artikel deutlich an, das er Pyrolyse als Technologie zur CO2-Verklappung anpreist.



        Ja, man kann CO2 so in den Boden bekommen. Ob das deutlich mehr ist als der Prozess benötigt und ob die in Kohle verwandelte Biomasse anderswo nicht doch benötigt werde könnte, scheint aber kein wichtiger Aspekt zu sein.



        Da muss man dann schon sehr genau rechnen. Das scheint aber kein wichtiger Aspekt zu sein.

    • @Sonntagssegler:

      "

      Nicht nur, das Pyrolyse extrem viel Energie benötigt, "



      ?



      es gab einmal Autos die mit Holzvergaser = Pyrolyse betrieben wurden, wenn die mehr externe Energie verbraucht hätten als sie erzeugen, hätte es keiner gemacht.

      • @nutzer:

        Ähh, natürlich,



        aber für die "Heizung" hat man irgendetwas verbrannt, also CO2 gebraucht.

        Es gibt kein Perpetuum Mobile.

        Und es gibt keine emissonsfreie Landwirtschaft, solange Traktoren zur Tanke fahren.

        • @Sonntagssegler:

          Allerdings nehmen die später verbrannten Pflanzen quasi ihren gesamten Kohlenstoffgehalt als CO2 aus der Luft auf. Wenn dann ein gewisser Teil wieder in die Luft, ein größerer Anteil aber mit einer Haltbarkeit im Bereich von Jahrtausenden und sehr positiven Auswirkungen auf die weitere Anreicherung des Bodens mit Kohlenstoff in den Boden gelangt, kann das ganze durchaus eine stark negative CO2 Bilanz aufweisen.



          Abgesehen davon dass gerade der problematische Bedarf an Phosphor (sowie Stickstoff und anderen Nährstoffen) durch erhöhte Aufnahmefähigkeit/verringerte Auswaschung/Ausgasung und bessere Verfügbarkeit verringert wird, was auch zu einer besseren Bilanz der Landwirtschaft beitragen kann.