Aktivistin über Klima und Frauenrechte: „Es gibt kein Land für Frauen“
In Kenia haben Frauen viel Ahnung vom Klima, aber wenig zu melden, sagt Dianah Mugalizi. Sie setzt sich für Gleichberechtigung und Klimaschutz ein.
taz: Frau Mugalizi, wie steht es um den Feminismus in der globalen Klimabewegung?
Dianah Mugalizi: Mit der Geschlechtergerechtigkeit unter Klimaaktivist*innen ist es nicht sehr weit her. Frauen werden selten ermutigt, sich für das Klima zu engagieren. Sie erfahren wenig Unterstützung und haben wenig Gelegenheiten, ihre Stimme zu erheben.
ist in Graswurzelbewegungen in Kenia aktiv und die nationale Koordinatorin der globalen Initiative Debt for Climate.
In Deutschland ist das anders, wo mehr Frauen als Männer in der ersten Reihe stehen.
Ich spreche aus einer afrikanischen Perspektive. In vielen Ländern Afrikas ist es so wie in Kenia, dass Frauen beim Aktivismus auf der Strecke bleiben. Obwohl wir die Auswirkungen des Klimawandels stärker zu spüren bekommen als die Männer.
Wie wirkt sich die Klimakatastrophe im Alltag aus?
Wir sind für die häuslichen Tätigkeiten zuständig, kochen jede Mahlzeit, holen Wasser und Feuerholz. Die Wege zu den Quellen und zum Holzholen sind oft meilenlang. Außerdem arbeiten wir in der Landwirtschaft, wir kommen also ständig mit den Auswirkungen des Klimawandels in Berührung. Leider haben wir da aber wenig zu sagen.
Was meinen Sie?
Frauen haben kaum Landrechte. Traditionell war Land immer im Besitz von Männern, und leider ist das immer noch so. Grundstücke werden seit Generationen – und bis heute – von Vätern an ihre Söhne vererbt. Dadurch gibt es einfach kein Land für Frauen. Wir sind immer nur die, die das Land bestellen, nie die Besitzerinnen. Die einzige Möglichkeit, in den Besitz von Land zu kommen, ist durch Heirat.
Wie wirkt sich das auf die Landwirtschaft aus?
Wenn der Mann auf einem Feld Mais pflanzen will und eine Frau sagt: „Das wird hier nicht ertragreich sein“, wird der Mann in den meisten Fällen nicht auf sie hören. Dabei wissen wir Frauen oft besser, was auf einem Feld funktioniert. Aber der Mann ist meistens derjenige, der vorgibt, was dort angebaut wird, weil er eben der Besitzer ist.
Was fordern Sie von der internationalen Klimapolitik?
Frauen aus lokalen Grassroots-Communitys müssen an den Verhandlungstisch, um für sich selbst zu sprechen. Wir sind die Betroffenen der Klimafolgen. Ich möchte nicht, dass wir repräsentiert werden oder andere Frauen für uns aus theoretischen Abhandlungen zitieren. Wir wollen selbst unsere Ideen einbringen und Teil der Lösung sein.
Auf der COP ist der Frauenanteil nicht sehr hoch.
Es gibt viel zu wenige Frauennetzwerke. Das ist ein großes Problem. Wir brauchen eine sehr engagierte, genderspezifische Politik, die Plattformen für Frauen bereitstellt, auf denen wir uns vernetzen und weiterbilden können.
Sie fordern auch einen Schuldenschnitt für den Globalen Süden.
Genau. Damit würden so viele Gelder frei, die in Geschlechtergerechtigkeit und Klimalösungen von und für Frauen fließen könnten. Die Schulden, die der Globale Süden bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds hat, sind ohnehin illegitim.
Warum illegitim?
Die Länder des Nordens haben mit unseren Ressourcen ihren Wohlstand aufgebaut. Wir hingegen sind arm und hoch verschuldet, dabei ist Afrika eigentlich reich, was die Ressourcen angeht. Aber wir kommen nicht dazu, unsere Länder zu entwickeln, weil wir die Voraussetzungen nicht haben und Schulden abbezahlen müssen. Es ist Zeit, dass die Länder des Globalen Nordens für die Schäden zahlen, die sie verursacht haben.
Nimmt die globale Klimabewegung das Anliegen des Schuldenschnitts ernst genug?
Es gibt mittlerweile ein großes Bewusstsein für das Thema. Viele Stimmen fordern den Schuldenschnitt, sogar einige Regierungen. Er würde dem Globalen Norden helfen, seine Klimaschuld zu verringern, daher ist er eigentlich im Interesse aller.
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