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Aktivismus in BaumkronenDie Bäume denen, die drin wohnen

Waldbesetzungen haben derzeit Konjunktur. Aber sind sie immer legitim? Und ab wann zählen ein paar Bäume überhaupt als Wald?

„Die Bäume denen, die drin wohnen!“, forderten Ak­ti­vis­t*in­nen im Dannenröder Wald Foto: Andreas Arnold/dpa

Hamburg taz | Bäume sind die neuen Häuser. Oder sagen wir: Was in den 1980ern Hausbesetzungen waren, sind in den 2020ern Waldbesetzungen. Nicht dass sich das Wohnraum-Problem in den Städten erledigt hätte, im Gegenteil. Gründe, Häuser zu besetzen, gibt es heute mehr denn je. Aber Hausbesetzungen sind nur in sehr seltenen Fällen länger als 24 Stunden zu halten und ziehen oft massive Repressionen nach sich.

Anzunehmen, Waldbesetzungen seien die bequemere Protestform, wäre aber auch falsch. Schließlich richten sie sich nicht nach den Jahreszeiten mit Wohlfühltemperaturen. Außerdem erfordern sie die Bereitschaft, sich handwerklich zu betätigen, und den Mut oder das körperliche Vermögen, festen Boden zu verlassen und sich in einiger Höhe zurecht zu finden.

Ein Grund, warum Waldbesetzungen seit einiger Zeit in der deutschen Klimabewegung Konjunktur haben, ist, dass das Bewusstsein für die Klimakatastrophe langsam in breiten Bevölkerungsschichten ankommt.

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Nachdem Ak­ti­vis­t*in­nen den Hambacher Forst sechs Jahre lang besetzt hielten und am Ende einen Teilerfolg erzielten, kamen in den Dannenröder Forst auch junge, unerfahrene Aktivist*innen, die sich gerade erst mit „Fridays for ­Future“ politisiert hatten. Auch ihre Eltern und Großeltern kamen und stellten sich der Polizei entgegen.

Die neuen und alten Wald­ak­ti­vis­t*in­nen tragen Baum für Baum dazu bei, dass es nicht mehr selbstverständlich als legitim durchgeht, wenn Wälder für Braunkohletagebau, Autobahnen und Parkhäuser abgeholzt werden. Die Verkehrswende, dieses staubige und trockene Thema, ist in den vergangenen Monaten durch sie lebendiger und präsenter geworden.

Auch baumhaltiges Gestrüpp ist schützenswert

Deshalb ist es auch egal, ob der Flensburger Bahnhofswald eigentlich gar kein richtiger Wald ist, ganz zu schweigen vom Wilden Wald in Hamburg-Wilhelmsburg. In Flensburg hatten Um­welt­schüt­ze­r*in­nen vergeblich versucht, den Miniwald neben dem Bahnhof vor der Abholzung für ein Parkhaus und ein Hotel zu schützen. In Wilhelmsburg bereiten sich die Waldretter*in­nen noch auf die eigentliche Besetzung der vollgewucherten Fläche vor.

Während beim Dannenröder Forst noch offensichtlich war, dass es Unsinn ist, einen alten, gesunden Mischwald durch eine Autobahntrasse zu ruinieren, ist die Argumentation in Wilhelmsburg, wo ein Wohnquartier gebaut werden soll, nicht ganz so leicht.

Aber von der Größe einer bedrohten Waldfläche sollte man sich nicht irritieren lassen. In der städtischen Betonwüste kann auch ein baumhaltiges Gestrüpp als schützenswerter Lebensraum verstanden werden. Das mit der Wohnfläche ist, na ja, ein Argument. Aber wie viel Wohnfläche würden wir erst gewinnen, wenn wir anfingen, Autobahnen zu bebauen?

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • er Flensburger Bahnhofswald ein Gestrüpp? Vielleicht ein etwas naturferner Blick? Die Klassifizierung der Naturschutzbehörde war "etwas" anders als die der Autorin. Sozialer Wohnungsbau gegen laut Kommentator Ing B. "asozialen"Naturschutz: Das kann ein Dilemma sein. Aber zum einem Kernproblem hochzujazzen? Das erinnern mich an die schlitzohrige Verteidigung von Billigfluglinien: Die Leiharbeiten müssen doch billig nach Hause fliegen können.

    • @Wondraschek:

      Das "Gestrüpp" meinte das Areal in Hamburg Wilhelmsburg, nicht den Flensburger Bahnhofswald. Und dort ist Wohnungsnot und Gentrifizierung ein Problem mit sehr(!) viel höherer Dringlichkeit als in Flensburg.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    "In der städtischen Betonwüste kann auch ein baumhaltiges Gestrüpp als schützenswerter Lebensraum verstanden werden."

    Sollte man vielleicht mal den Partygängern und Sportlern sagen, die Stadtnatur als persönliches Verbrauchsgut ansehen!

  • Bauordnung- und Brandvorschriften sollten nicht vergessen werden.

  • "In der städtischen Betonwüste kann auch ein baumhaltiges Gestrüpp als schützenswerter Lebensraum verstanden werden. Das mit der Wohnfläche ist, na ja, ein Argument."



    Vielleicht ein Argument über das man doch mal einen kurzen Moment kritisch nachdenken sollte. Immerhin geht es hier ausgerechnet um das Quartier in dem die Mieten in einem ohnehin allgemein knappen Markt weitaus stärker steigen als in irgendeinem anderen Teil der Stadt. Während der m²-Preis für eine mittelgroße Wohnung 2007 bei 6,04 € lag [1], stand er 2020 mit 11,33 € fast doppelt so hoch und für kleine Wohnungen werden inzwischen sogar 17,56 € fällig. Dass sich das insbesondere jene Bewohner nicht mehr leisten können die dort auch schon vor der Hipster- und Akademiker-Invasion die mit dem von der Stadt verordneten 'Sprung über die Elbe' dort einfiel nicht mehr leisten können liegt auf der Hand. In einem solchen Szenario den Lebensraum von Gestrüpp über sozialen Wohnungsbau und damit den von Menschen die teils nach Jahrzehnten aus ihrem Viertel vertrieben werden zu stellen kann man nicht anders nennen als asozial.



    [1] www.elbe-wochenbla...-sind-alarmierend/



    [2] barometer.mopo.de/...lmsburg-miete-6173

    • @Ingo Bernable:

      Wenn man davon ausgeht, dass stark steigende Mieten ein Wahlargument für die Linke sind ergibt die Baufeindschaft der Linken (und der TAZ) durchaus Sinn.



      Die AFD sagte, wenn es Deutschland schlecht geht ist das gut für die AFD.



      Das ist nicht nur für die AFD gut.

  • denen, die drin wohnen ...

    genau !

    dazu zählen käfer, raupen, ameisen -als hostel-gäste-, vögel, eichhörnchen -als sportbesucher- ....

    aber nicht ego-zweibeiner !