Flensburger Baumbesetzung: Polizei räumt Bahnhofswald

Für ein Hotel samt Parkhaus werden Baumhäuser zerstört und Aktivisten von den Bäumen geholt. Ein Auto der Investoren geht in Flammen auf.

eine große Gruppe Polizisten vor einem eingedrückten Bauzaun, zwei drängen eine Person ab

Keiner darf auf das Gelände: Polzisten drängen eine Demonstrantin ab Foto: Pay Numrich

HAMBURG taz | Mit Unterstützung aus Hamburg hat die Flensburger Polizei am Sonntag die Räumung des Flensburger Bahnhofswaldes fortgesetzt. Am Sonntagabend ging ein Auto des Investorenduos in Flammen auf. Am Montagmorgen seilte sich eine Aktivistin von einer Brücke am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) ab und blockierte so den Straßenverkehr. Gefällt wurde nur für einen Teil des Projekts, weil noch ein Widerspruch des Umweltverbandes BUND beschieden werden muss.

Aktivisten hatten im Oktober mehrere Baumhäuser in dem Wäldchen gebaut, um zu verhindern, dass auf dem Parkplatz neben der Post ein Hotel und ein Parkhaus gebaut werden. Für das Bauvorhaben muss auch ein Teil des aus einer Brache entstandenen Gehölzes gerodet werden. Außerdem ist eine Reihe sehr alter Linden, die Reste einer Allee, gefährdet.

Nachdem die Polizei die Baumhäuser im Laufe des Montags geräumt und abgerissen hatten, stellte sie ihre Bemühungen fürs Erste ein. Zwei Aktivisten hingen weiter in den Bäumen. Sie hätten aber keine Verbindung mehr zu gefährdeten Bäumen, bedauerte eine Sprecherin der Besetzer. Die Kletterer sollten anderntags heruntergeholt werden, teilte die Polizei mit.

Über den ganzen Montag verteilt gab es Protestaktionen in der Stadt. Vor dem Polizeirevier am ZOB hielten Waldschützer eine Mahnwache ab, im ­Carlisle-Park gab es eine Kundgebung mit 60 Teilnehmern – so eine Schätzung der Polizei. Mehrfach hätten Leute versucht, auf das abgesperrte Gelände vorzudringen, berichtete die Polizei. Sie seien in Gewahrsam genommen worden.

Opfer für Investoren

Von dem Hotel verspricht sich die Ratsmehrheit aus SPD, CDU, Grünen, SSW und FDP, dass der Bahnhof attraktiver wird. Das Parkhaus solle Pendlern zur Verfügung stehen, sagt Stadtsprecher Teschendorf. Neben den Besetzern haben sich eine Bürgerinitiative und der BUND gegen das Bauvorhaben ausgesprochen. Der Umweltverband äußerte sich „sehr besorgt, dass ein weiteres Stück innerörtliches Grün zugunsten Investorenvorstellungen geopfert werden soll“.

Es sei zumutbar, dass sich der Investor auf ein zur Verfügung stehendes Gelände beschränke. Richtung Post sei genügend Platz vorhanden. Zudem würde eine Vernichtung auch nur von Teilen des Wäldchens den Biotopverbund unterbrechen und die ökologischen Funktionen des gesamten Waldstücks zunichte machen.

Aus diesem Grund hat der BUND Widerspruch gegen die förmliche Entwidmung des Wäldchens als Wald eingelegt. Nur unter dieser Voraussetzung darf das Parkhaus näher als 30 Meter an das Wäldchen heranrücken.

Eine bloße Formalie? Keineswegs, sagt eine Sprecherin der Besetzer. Denn was kein Wald sei, dürfe rechtliche auch keinen Waldcharakter haben. Die Bäume dürften nicht zu eng beieinander stehen und müssten andere Anforderungen an die Standsicherheit erfüllen – so wie in einem Park eben.

Bedenken der Forstbehörde

Wegen des Widerspruchs liegt der Projektteil Parkhaus auf Eis. Genehmigt hat die Stadt das Hotel und damit auch die dafür notwendigen Fällungen. Formal sei mit den Fällungen an dieser Stelle zwar nicht in einen Wald eingegriffen worden, sagt die Sprecherin der Besetzer, „wenn man das als Baum wertet, was jeder Mensch darunter versteht, sind mehrere Hundert gefällt worden“, sagt sie.

Für den formal als Wald titulierten Teil können die Waldschützer auf eine Stellungnahme der Unteren Forstbehörde pochen, die sie über das Portal Frag-den-Staat einsehen konnten. Demnach handelt es sich um „eine der wenigen Restwaldflächen im innerstädtischen Bereich“.

Sie trage zur Sicherung des Hangs bei, auf dem die Bäume stehen, sei wichtig für das Kleinklima, sei landschaftsprägend und erfülle in besonderem Maße Schutzfunktionen nach dem Landeswaldgesetz. Außerdem stimme es nicht, dass der wesentliche Baumbestand erhalten werden könne.

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