AfD-Richter Jens Maier: Wie es dem „kleinen Höcke“ gefällt

Das sächsische Justizministerium verteidigt seine Untätigkeit. Die grüne Ministerin Katja Meier plädiert für Gesetzesänderungen im Bund.

Der AfD-Abgeordnete Jens Maier sitzt mit verschränkten Armen im Plenum des Bundestags.

Klar rechtsextreme Positionen: Der Abgeordnete Jens Maier im Januar 2018 im Bundestag Foto: Christian Ditsch

Der rechtsextreme frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier setzt alles daran, wieder in den sächsischen Justizdienst zurückzukehren – und das sächsische Justizministerium sieht keinen Spielraum, selbst dagegen tätig zu werden. Das geht aus einem dreiseitigen Gutachten der Behörde hervor, das der taz vorliegt.

Das von der Grünen-Politikerin Katja Meier geführte Ministerium reagiert damit auf Einschätzungen des Bremer Verfassungsrechtlers Andreas Fischer-Lescano, der im Portal Verfassungsblog sowie später in Interviews unter anderem für die taz und die ARD-„Tagesthemen“ die Entlassung Maiers gefordert hatte.

Maier saß von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag, zuvor war er Richter am Landgericht Dresden. Er nannte sich selbst den „kleinen Höcke“. Vor seiner Wahl in den Bundestag hatte er im Januar 2017 als Vorredner des thüringischen AfD-Chefs unter anderem den „Schuldkult“ für „endgültig beendet“ erklärt und über eine „Herstellung von Mischvölkern“ gesprochen. Immer wieder vertrat er auch als Abgeordneter rechtsextreme Positionen.

Zugehörig zur völkischen Strömung

Er gehört zur völkischen Strömung der AfD, entsprechend wurde er auch vom sächsischen Verfassungsschutz eingestuft. Maier löschte nach der Bundestagswahl seine Social-Media-Kanäle und vermeidet politische Aktivitäten. Über einen etwaigen Austritt aus der AfD aber ist nichts bekannt.

In dem Gutachten erneuert das sächsische Justizministerium die Rechtsauffassungen, die in der Behördenspitze bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl vertreten wurden. Demnach gibt es laut Abgeordnetengesetz einen Rechtsanspruch auf Rückführung in das frühere Richterverhältnis – wenn nicht auf denselben Posten, so doch auf einen gleichwertigen.

„Eine Ermessensentscheidung ist nicht vorgesehen“, stellt die Behörde fest. Und: Das Justizministerium sei „grundsätzlich nicht befugt, ein Disziplinarverfahren gegen eine Richterin oder einen Richter einzuleiten“. Der Name Maier wird in dem Gutachten nicht genannt, doch es zielt eindeutig auf diesen Fall.

„Schützende Hände

Fischer-Lescano vermutet, wie er im Januar der taz sagte, dass in dem „lange CDU-geführten Ministerium offenbar schützende Hände über Jens Maier liegen“. Der Marsch der völkisch-nationalen Kräfte durch die juristischen Institutionen sei in Sachsen „weit fortgeschritten“. Die Rückkehr Maiers in den Justizdienst des Freistaats wäre „endgültig der Dammbruch“.

Das Justizministerium aber bleibt stur und widerspricht dem Bremer Verfassungsrechtler. Ministerin Meier sagte bereits vor einigen Tagen im Podcast der Sächsischen Zeitung: „Wir sind nicht der Dienstherr, sondern das ist dann das zugewiesene Gericht.“

Im Gutachten des Justizministeriums heißt es, ein Disziplinarverfahren komme „nur nach Abschluss des Verfahrens auf Zurückführung in den Dienst in Betracht – wenn die früheren juristischen Dienstpflichten wieder aufleben“. Grundsätzlich sei die oder der unmittelbare Dienstvorgesetzte zuständig. Das Justizministerium könne nur in Fällen eingreifen, „in denen der unmittelbare Dienstvorgesetzte nicht tätig wird, verhindert ist oder Gefahr im Verzug besteht“.

Behörde zweifelt

Die Behörde zweifelt sogar daran, dass Maier neonazistische Sprüche während seiner Abgeordnetenzeit zur Last gelegt werden können. Sie zitiert in dem Gutachten aus einem juristischen Kommentar, wonach laut Abgeordnetengesetz während der Mandatszeit „sogar die Pflicht zum Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ruht“.

Parallel hatte die Neue Richtervereinigung im Fall Maier eine Richteranklage ins Gespräch gebracht, für die eine Zweidrittelmehrheit im Landtag notwendig wäre. Auf diesen Vorschlag geht das Justizministerium in seinem Gutachten nicht ein.

Der Verein Werte-Initiative, der sich als eine zivilgesellschaftliche Stimme jüdischer Bürgerinnen und Bürger versteht, äußert Unverständnis. Ein Sprecher sagte der taz: „Bei Herrn Maier ist die rote Linie mehr als überschritten. Es müssen alle juristischen und politischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Tätigkeit von Herrn Maier als Richter zu verhindern. Ein Rechtsextremist als Richter ist für uns mit einer freiheitlichen Demokratie nicht vereinbar.“

Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst

Praktisch läuft nun alles auf ein Pingpongspiel zwischen Behörden und Institutionen hinaus. In einem Gastbeitrag für die FAZ hatte sich Katja Meier vor einigen Tagen hinter die Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gestellt, laut der Verfassungsfeinde schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt und ferngehalten werden sollen.

Meier stellte zur Diskussion, dass die im Abgeordnetengesetz vorgesehene Rückkehr in bestimmten Fällen ausgesetzt oder unter Voraussetzungen gestellt werden könne. Darüber müsse der Bundestag debattieren, verlangte die sächsische Justizministerin. Eine Umsetzung des Vorschlags dürfte sich ebenso lang hinziehen wie ein etwaiges Disziplinarverfahren gegen Richter Maier in Sachsen – eher Jahre als Monate.

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