Rechtsextremer Ex-AfD-Abgeordneter Jens Maier: Rückkehr und Rausschmiss zugleich

AfD-Politiker Jens Maier darf wieder ein Richteramt einnehmen. Es wird aber gleichzeitig der Antrag gestellt, ihn in den Ruhestand zu versetzen.

Jens Maier spricht im Bundestag

Vertritt rechtsextreme Ansichten: Jens Maier im Bundestag 2018 Foto: Kay Nietfeld/dpa

DRESDEN taz | Der frühere Richter und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier hat am Samstag zwei Briefe erhalten. Absender ist das sächsische Justizministerium, bei dem er die ihm zustehende Rückführung in das Richteramt beantragt hatte. Maier war bei der Bundestagswahl im vorigen September mit seiner erneuten Kandidatur in Dresden gescheitert. Im ersten Brief steht, dass ihm diese Rückkehr auch gewährt wird und das Ministerium formal seiner Pflicht genügt. Allerdings wird Maier nicht an das Landgericht Dresden zurückkehren, wo er mit Zivilsachen befasst war, und wird auch nicht etwa in einer Behörde wie dem Justizministerium untergebracht. Das Ministerium weist ihm ab dem 14. März eine Stelle am Amtsgericht Dippoldiswalde zu, einer Kleinstadt mit etwa 14.000 Einwohnern, 20 Kilometer von Dresden entfernt.

Mit dem zweiten Brief aber kommt das Ministerium der breiten Front demokratischer Kräfte entgegen, die eine Rückkehr des vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AfD-Politikers in den Justizapparat strikt ablehnen. Das Ministerium delegiert allerdings die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsausübung Maiers an die Justiz selbst. An das Landgericht Leipzig, zugleich Sitz des sächsischen Dienstgerichtes, wird der Antrag gestellt, den 60-jährigen Maier in den Ruhestand zu versetzen. Das Justizministerium begründet dieses Ansinnen mit dem Paragrafen 31 des Richtergesetzes, der einen solchen Schritt zur „Abwendung einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege“ erlaubt.

Parallel wird an das gleiche Dienstgericht der Eilantrag gestellt, Maier sofort bei Dienstbeginn die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen. Ein solcher Antrag müsse ausführlich begründet und objektiv belegbar sein, sagte Justizministerin Katja Meier (Grüne) am Freitagabend. Die rechtlichen Hürden seien außergewöhnlich hoch, man habe sie lange geprüft. Kriterien wie Verfassungstreue, Unparteilichkeit oder Integrität eines Richters spielen dabei eine Rolle.

Landgericht Dresden kann Disziplinarverfahren einleiten

Richter am sächsischen Dienstgericht werden also über die Weiterbeschäftigung ihres Kollegen Maier entscheiden. Nicht nur auf das AfD-Mitglied war der Druck in den vergangenen Tagen gewachsen, sondern auch auf das sächsische Justizministerium. Nach dem Auschwitz-Komitee und dem Zentralrat der Juden kritisierte am Freitag der Landesverband Sachsen der Neuen Richtervereinigung dessen angeblich abwartende Haltung. Die CDU als stärkste Fraktion im Landtag solle allerdings dem Ministerium nicht die alleinige Verantwortung zuschieben, schreiben die Richter. Beide schuldeten „den sächsischen Rich­ter­kol­le­g*in­nen ein beherztes Einschreiten“.

Ein solches Einschreiten auf weiteren Ebenen sei parallel weiterhin möglich, stellten Ministerin Katja Meier und Staatssekretär Mathias Weilandt klar. So könne das Landgericht Dresden als Dienstherr Maiers ein Disziplinarverfahren einleiten. Vor allem rückt nunmehr die in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte noch nie angewendete Richteranklage durch ein Parlament verstärkt ins Blickfeld. Die Fraktion der Bündnisgrünen im sächsischen Landtag hat dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Landesparlament müsste mit einer Zweidrittelmehrheit eine solche Anklage beschließen und an das Bundesverfassungsgericht richten. Wegen der unklaren Haltung der CDU ist eine solche qualifizierte Mehrheit noch nicht gewiss.

Gegen alle diese Maßnahmen stehen Jens Maier Rechtsmittel zu. Die Justizministerin wiederholte am Freitagabend mehrfach, dass es sich um juristisches Neuland handele. Bislang sind in der Bundesrepublik nur zwei Verfahren dieser Art bekannt geworden, eines davon wegen Verstrickung eines Richters ins Rotlichtmilieu. Wegen des Vordringens von AfD-Anhängern auch in die Justiz könnte die Causa Maier aber auch zu einem Präzedenzfall heranwachsen. Wann Entscheidungen fallen, lässt sich derzeit schwer vorhersagen. Das Ruhestandsverfahren könnte sich länger als der absehbare Renteneintritt Maiers hinziehen.

Eine vermeintliche Domestizierung Maiers in den vier Bundestagsjahren, wie in der aktuellen Debatte gelegentlich kolportiert, widerlegt allein schon sein letzter öffentlicher Auftritt im Bundestagswahlkampf. Am 13. September hatte Pegida nicht nur ihn, sondern auch Björn Höcke zur Wahlkampfunterstützung auf den Vorplatz des Dresdner Hauptbahnhofs eingeladen. „Ich habe immer zu Pegida gestanden“, bekundete Maier in einer fanatischen Rede damals. Er warnte davor, dass Deutsche in ihrem eigenen Land zu Menschen zweiter Klasse würden, attackierte die „Schimäre Zivilgesellschaft“ und beschimpfte die Gegendemonstranten als „Kindersoldaten“.

Erleichtert reagieren große Teile der Öffentlichkeit auf die Nachricht, dass Maier nicht wieder als Richter tätig werden darf. Von der Neuen Richtervereinigung hieß es, man begrüße und unterstütze die Maßnahmen der sächsischen Justizministerin Katja Meier (Grüne), „um zu verhindern, dass der als Rechtsextremist eingestufte Maier wieder Recht spricht“. Darüber hinaus seien die Einleitung eines Disziplinarverfahrens und eine Richteranklage zu prüfen.

Auch beim Staatsrechtler Fischer-Lescano, der die Zögerlichkeit des sächsischen Ministeriums zuvor scharf kritisiert hatte, klang Erleichterung durch, wenngleich mit Einschränkungen: „Der eingeschlagene Weg ist nur eine Notlösung.“ Maiers Rückkehr auf den Richterstuhl sei zwar abgewendet.

Fischer-Lescarno kritisierte aber, dass Maier als Richter a. D. Ruhestandsbezüge behalte. „Das führt zu der nur schwer hinnehmbaren Konsequenz, dass sich ein rechter Verfassungsfeind voll auf die Weiterführung seiner verfassungsfeindlichen Aktivitäten konzentrieren kann und dabei staatlich alimentiert wird.“ Die Versetzung in den Ruhestand dürfe daher nur ein erster, vorläufiger Schritt sein, forderte der Bremer Rechtsprofessor. Das Ministerium bleibe in der Verantwortung, das Disziplinarverfahren durchzuführen.

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