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AfD-Politiker geht zurück in die JustizJens Maier darf wieder Richter sein

Der rechtsextreme Ex-Bundestagsabgeordnete Jens Maier darf wieder als Richter arbeiten. Von 2017 bis 2021 saß er im Bundestag.

Rechts und Richter: der „kleine Höcke“ Jens Maier Foto: dpa

Berlin taz | Der „kleine Höcke“ darf zurück in den Richterstand: Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier, der sich selbst diesen Spitznamen gab und Obmann des formal aufgelösten rechtsextremen Flügels in Sachsen war, darf wieder als Richter arbeiten. Das bestätigte das sächsische Justizministerium am Donnerstag dem Rechtsmagazin LTO. Maier kehrt zwar nicht in seinen alten Job beim Landgericht zurück, aber an ein anderes Gericht, „das das Justizministerium auswählen wird“, wie es heißt.

Demnach hat Maier am 23. Dezember einen Antrag auf Wiedereinstellung gestellt. Den Rückkehranspruch erkennt das Justizministerium an. Maier fiel während seiner Zeit im Bundestag von 2017 bis 2021 als einer der extremsten AfD-Abgeordneten auf und äußerte bei einer Compact-Veranstaltung etwa Verständnis für den Rechtsterroristen Anders Breivik, der 77 Menschen ermordet hat. Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier als Rechtsextremisten ein.

Tatsächlich hat er nach seiner Zeit im Bundestag einen Anspruch auf die Rückkehr ins Richteramt, weil seine Personalakte offenbar sauber ist. Zwar gab es im Zuge politischer Äußerungen Maiers ein Disziplinarverfahren und mindestens einen dienstlichen Verweis gegen den AfD-Mann wegen Verstößen gegen das für Beamte geltende Mäßigungsgebot. Aber diese sind mittlerweile verjährt, weil sie länger als zwei Jahre zurückliegen.

Besonders problematisch ist die Rückkehr Maiers, weil er auch vor dem Einzug in den Bundestag 2017 seinen Beruf mit seiner politischen Einstellung vermischte und als Richter in die Wissenschaftsfreiheit eingriff: So tätigte Maier 2016 einen Beschluss zugunsten der NPD und untersagte dem Forscher Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die rechtsextreme Partei zu schreiben, dass diese „rassistische Staatsverbrechen“ plane, obwohl es selbstredend genügend Belege dafür gibt und die Äußerung unter die Meinungsfreiheit fällt. Der Beschluss wurde später nach einem Widerspruch aufgehoben und die NPD-Klage im April 2017 endgültig abgewiesen.

NPD-Beschluss mit Folgen

Folgenreich war der Beschluss dennoch: Der Forscher Kailitz war gleichzeitig Sachverständiger im NPD-Verbotsverfahren am Bundesverfassungsgericht und durfte sich dem Beschluss entsprechend nur eingeschränkt äußern. Nicht weniger problematisch wurde es dadurch, dass Maier auf Facebook mit führenden NPD-Politikern befreundet gewesen sein soll.

Im Januar 2017 schließlich wurde Maier nach einer demagogischen Vorrede zu Björn Höcke im Dresdner Brauhaus Watzke von Ehrschutz- und Medienverfahren abgezogen. Das Landgericht Dresden sah das öffentliche Vertrauen in die richterliche Unabhängigkeit verletzt, nachdem Maier sich in dem Brauhaus rassistisch und geschichtsrevisionistisch geäußert hatte: Er hielt dort Tiraden über die „nationale Identität“ auslöschenden „Mischvölker“ und einen „Schuldkult“ und nahm positiven Bezug zur NPD.

Ebenfalls wurde der AfD-Richter 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil von seinem Twitter-Account Noah Becker rassistisch beleidigt wurde. Maier behauptete, dass ein Mitarbeiter den Tweet geschrieben hatte, musste an Becker aber dennoch ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro zahlen.

Maier ist der erste AfD-Abgeordnete und ehemalige Justizangestellte, der nach einem Bundestagsmandat in den Justizdienst zurückkehrt. Der Fall offenbart einen blinden Fleck in der Justiz: Wie geht man künftig mit Rechtsextremen und AfD-nahen Staats­an­wäl­t*in­nen und Rich­te­r*in­nen in den eigenen Reihen um? Eine entsprechende Nachfrage der taz, inwiefern die sächsische Staatsministerin für Justiz, Katja Meier (Grüne), im Zuge des Falles generellen Handlungs- oder Reformbedarf sieht, blieb bislang unbeantwortet. Ebenso, in welchem Rechtsfeld Maier eingesetzt werden soll.

Maier hatte seinen Wahlkreis bei der Bundestagswahl 2021 verloren und damit seinen Wiedereinzug ins Parlament verpasst. Danach hieß es zunächst, dass Maier als rechtlicher Berater der sächsischen AfD-Landtagsfraktion fungieren wollte. Demgegenüber bestätigte am Mittwoch eine Sprecherin des sächsischen Justizministeriums der Sächsischen Zeitung, dass Maier mittlerweile einen Antrag auf Rückkehr in das frühere Dienstverhältnis gestellt hat.

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29 Kommentare

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  • Zum 50. Jahrestag des Berufsverbotes passt das ja wie Faust auf Auge! Allerdings nur auf's Linke...

  • Ein Nazi und Verfassungsfeind wie der darf doch nicht einfach Recht sprechen. Kann man ihn nicht zu einem Verkehrsgericht abschieben oder alte Akten aufarbeiten lassen?

  • "Ebenfalls wurde der AfD-Richter 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt". Geldstrafe = Strafrecht. Weiter im Text ist aber von Schmerzensgeld die Rede. Schmerzensgeld = Zivilrecht. Was stimmt denn nun ? Ist Maier strafrechtlich verurteilt worden oder gab es und so erinnere ich mich "nur" einen zivilrechtlichen Vergleich zum Schmerzensgeld ?

  • Man möchte fast glauben, dass der Staat sich absichtlich unterwandern lassen will.

    Das kann doch alles nicht wahr sein.

  • @MANFRED MEYER

    "... CDU, CSU, FDP, SPD..."

    Das ist ja eine verschärfte Hufeisentheorie, die Sie da pflegen. Ich würde sie vielleicht... Blumenkohltheorie nennen?

    • 4G
      49790 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      @tomás zerolo : ja, so wie ich mich geäußert habe, haben Sie irgendwie recht. Man kann zu jeder Partei seine Meinung haben, aber die AfD ist nun mal demokratisch gewählt - und rechtlich den anderen Parteien somit gleichgestellt. Und in unserem Staat kriegt man sie auch nur mit demokratischen Mitteln wieder "weg". Über ein "ausgrenzen" - im Sinne "wir beachten die jetzt nicht mehr, verschmähen oder verunglimpfen sie" - stärkt man (aus meiner Sicht) die Meinung der AfD Wähler....



      Deswegen sollten sich die anderen Parteien bemühen die AfD Wähler zu gewinnen. Nur wenn die AfD nicht gewählt wird, ist sie "zu besiegen"....

      • @49790 (Profil gelöscht):

        "zu besiegen" mit demokratischen Mitteln, d.h. Rückgewinnung. Tja, Demokratie will gelernt sein. Demos=das Volk, kratie= Herrschaft. Es darf also keinerlei Ausschluß geben, denn sonst wäre die Volksherrschaft und damit die Demokratie nicht gegeben - auch wenn es noch so abstruse Meinungen sind. Die Mehrheit entscheidet. Demokratie darf trotzdem nach dem Wesensgehalt keinerlei Ausschluss beinhalten, denn bei einem Ausschluss wäre die Volksherrschaft nicht gegeben, weil das Volk einen Faktor 100 hat oder 100% und nicht nur 52%, gleichwohl Mehrheitsentscheid zutreffend ist.

      • @49790 (Profil gelöscht):

        Man kriegt sie auch per Verbot weg. Und nur weil man die Partei nicht so leicht wegbekommt, sollte man trotzdem nicht darauf verzichten, die Feinde der Demokratie möglichst umfassend aus den staatlichen Positionen fernzuhalten, die den Schutz der Demokratie zur Aufgabe haben.

      • @49790 (Profil gelöscht):

        Rechtsextreme und Menschen, die Rechtsextremismus nicht explizit ablehnen in demokratische Parteien integrieren?

        Sich wählbar für Rassisten machen?

        Wenn Sie das für eine gute Idee halten....

        Dazu hat Wiglaf Droste eigentlich schon vor 25 Jahren alles gesagt:



        Man muss nicht an jeder Mülltonne schnuppern.

  • 4G
    49790 (Profil gelöscht)

    Wenn man hier fragt:"wie mit AfD-nahen Staatsanwälten oder Richtern" umgehen? - so muss man sich auch fragen:"wie mit CDU, CSU, FDP, SPD etc- nahen Justizangestellten umzugehen ist. Ich bin kei AfD Freund - aber die AfD ist nunmal eine demokraitsch gewählte Partei - leider. Die nicht AfD Parteien müssen sich mehr bemühen AfD Wähler zurück z gewinnen....

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Na ja der Vergleich hinkt extrem. Es geht bei einem Berufsverbot gegen Staatsdiener nicht nur um das Parteibuch, sondern um die grundsätzliche Haltung zur Verfassung und zur Demokratie.

      Ich möchte daran erinnern das es in den 80ern auch Berufsverbote gegen Lehrer gegeben hat, die in einer damals noch nicht verbotenen kommunistischen Partei in der BRD Mitglied waren.

      Es ist also sehr wohl möglich demokratiefeindliche Elemente aus dem Staatsdienst zu entfernen, auch wenn die in eine Funktion gewählt wurden und die Partei (noch) nicht verboten ist.

      Gruß vom Mondlicht

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Parteienfilz ist eine Sache, einen Verfassungsfeind zum Richter zu machen eine ganz andere.

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Im Gegensatz zu den anderen Genannten ist die AfD aber keine demokratische Partei. DAS macht doch einen klitzekleinen Unterschied!

      • @Fezi:

        Ich muss sie korregieren, die AfD, insbesonders, der Flügel um Höcke dem auch Maier angehörte, stehen unter Verdacht Demokratiefeindlich zu sein. Deswegen ist sie ein Beobachtungsfall. Das Beamte nachdem sie unter Beobachtung standen, und im den Fall des Flügels um Höcke gab es auch konkrete Hinweise, denn dieser wurde ja zur Auflösung gezwungen, ohne zweite Überprüfung wieder eingesetzt werden können ist ein Skandal.

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Eine demokratisch gewählte Partei ist noch lange keine demokratische Partei.



      Und:Wieso dürfen Nazis Richter bleiben, Polizisten nicht??

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Ich stimme zwar zu, dass jemand, der bereits im wörtlichen Sinne ein (eigentlich) unparteiisches Amt bekleidet (Noch dazu eines, das so leicht ganze Leben zerstören kann), auch nicht berufsbedingt so hart parteiisch ausgerichtet (gewesen) sein darf (Wie ein Mitglied einer Partei, Lobbyist, Großunternehmer, Mitglied einer extremistischen Organisation).

      Im Falle einer Partei, wie der AFD sehe ich das Versäumnis aber mit einer besonderen Schwere, da bei einer Partei wie dieser (und v.a. bei jemandem, der sich "kleiner Höcke" nennt), von vornherein klar ist, dass sie keine demokratischen (geschweige denn unvoreingenommene) Ansichten vertreten und versuchen durchzusetzen.

      Ich frage mich auch wie das überhaupt möglich ist. Ich arbeite selbst im öffentlichen Dienst. Da muss man bereits bei der Einstellung Angaben zu (direkter und indirekter) Zugehörigkeit zu radikalen Organisationen machen. Dazu zählen unter anderem Reichsbürger, Antifa, NPD und ... aufgemerkt: auch die AFD. Eine solche Zugehörigkeit führt idr. dazu, dass man als normaler Bewerber die Stelle definitiv nicht bekommt(!). Wie kann es sein, dass das bei diversen Richtern oder Polizisten nicht nur ignoriert, soindern vollkommen überspielt wird?

      • @Stripes:

        Naja, man kann auch erst Richter:In sein und dann in die AfD eintreten.

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Es hätte besser heißen müssen: wie mit Staatsanwälten und Richtern umgehen, die sich antidemokratisch äußern, unabhängig von deren Parteienpräferenz.

    • @49790 (Profil gelöscht):

      Darum geht es nicht. Maiers Aussagen und sein Verhalten zeigen, dass er nicht mehr auf der Basis des Grundgesetzes steht. Wie soll so jemand Richter sein? Es geht um seine Person, nicht direkt um seine Partei.

  • Wie viele faschistische Richter haben wir denn in Deutschland? Das ist doch sicher kein Einzelfall.

  • Kann man da eine Petition starten? Sowas darf nicht sein, und das ausgerechnet noch in Sachsen. Was sagt denn Frau Fehser dazu?

  • Diese sensiblen Ämter dürfen einfach nicht in rechtsextreme Hände geraten!

    • @dator:

      naja, die werden schon eine Stelle finden, wo er nicht allzuviel Schaden anrichten kann. Vielleicht ausgesuchte Fälle im Erb- oder Insolvenzrecht...

      • @Thomas Franz:

        Genau. In Erb- und Insolvenzrecht gibt es keine Nichtdeutschen zu deren Ungunsten und keine Gesinnungsgenossen zu deren Gunsten entschieden werden könnte. Den Konflikt kann es immer geben. Der Typ darf nicht mehr als Richter arbeiten.

    • @dator:

      Darf nicht einseitig betrachtet werden, auch extreme linke Richter dürfen nicht im Amt bleiben, das wäre die Konsequent.

      • @Waldbauernsohn:

        Keine Angst, darum kümmern sich Union und FDP schon seit Jahrzehnten.

  • Da ist sie wieder - die widerlich hässliche Fratze der gefährdeten Demokratie!

  • Bitte schickt den Typen nicht wieder nach Sachsen als Richter. Der kann gern nach Bremen oder Niedersachsen gehen wo er herkommt. Von der Sorte haben wir hier genug. Im letzten AfD Wahlkampf hier im Ort hatten wir sowieso schon das Gefühl alle Richter, Staatsanwälte und Anwälte der Stadt,, zu fast 90% Nichtsachsen, würden inzwischen für die Blauen kandidieren.

    • @Šarru-kīnu:

      Aber in Bremen oder Niedersachsen ist die Wahrscheinlichkeit einer "natürlichen Immunität", auf die er so hofft, viel zu gering.

      Ab nach Hildmannshausen mit ihm!