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AfD-Abgeordnete reisten nach RusslandZu Gast bei „alten Freunden“

Mehrere AfD-Abgeordnete waren mal wieder auf Russlandreise. Die AfD-Spitze ist genervt, möglicherweise drohen nun Ordnungsmaßnahmen.

Maximilian Krah (AfD) reist gerne nach Russland Foto: Paul Glaser/dpa

Berlin taz | Es ist schon auffällig, wie offensichtlich Maximilian Krah (AfD) die russische Propagandalinie in Fragen aller Art vertritt. Das jüngste Beispiel: Die pro-europäischen Proteste in Georgien, zu denen der Rechtsextremist auf X schrieb: „Jetzt veranstalten die Wahlverlierer mit westlicher Hilfe Krawall, um aus Georgien eine zweite Ukraine zu machen.“ Politiker anderer Parteien, die für die Ausweitung der Unterstützung der Ukraine sind, nennt Krah auch schon mal „kriegsgeile low-testo Politik-Eunuchen“. Nun ist bekannt geworden, dass Krah sich am 15. November in Russland mal wieder mit Vertrauten des putin-nahen Oligarchen Wiktor Medwedtschuk getroffen hat, wie er beim Portal t-online einräumte.

Er sei am 15. November nach einem Aufenthalt in Istanbul „spontan für einen Abend“ nach Sotschi geflogen und habe dabei „alte Freunde“ getroffen. Namentlich: Oleg Voloshin und Nadia Sass. Die beiden gelten als Schlüsselfiguren im Komplex um das russische Propagandaportal „Voice of Europe“, über das Zahlungen aus Russland an EU-Politiker geflossen sein sollen. Dazu laufen noch immer staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, die sich auch gegen den EU-Parlamentarier Petr Bystron (AfD) richten. Im Fall von Krah, der bei der Bundestagswahl als Direktkandidat antreten will, prüft die Dresdner Staatsanwaltschaft noch, ob sie Ermittlungen einleitet.

Krah war jedoch nicht der einzige Russlandreisende: Auch der bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß sowie der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Singer weilten zur gleichen Zeit auf einer Konferenz in Sotschi. Sie grinsten dabei unter anderem auf einem Foto mit dem russischen Ex-Präsidenten Dimitri Medwedew, der wahlweise „dem Westen“ mit Atomkrieg droht oder verspricht, die Ukraine von der Landkarte zu radieren.

Singer hatte im April bereits eine Abmahnung vom Bundesvorstand kassiert, nachdem er sich als „Wahlbeobachter“ bei Putins unfreier Wiederwahl einspannen ließ und auch im russischen Fernsehen auftrat, um das Regime zu legitimieren. Das wiederholte er nun und erzählte bei Russia Today, dass man in Deutschland nicht wisse, wie man im Winter heizen solle, und plädierte für ein Ende der Russland-Sanktionen.

Stress wegen Honorar-Professur in Moskau

Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter aus dem Arbeitskreis für Auswärtiges in der Bundestagsfraktion und stellvertretender Fraktionsvorsitzender teilte mit, dass der Vorstand nicht gerade erfreut über die Reisen war. Er sagte der taz: „Ich sehe den politischen Nutzen nicht“ – weswegen der Fraktionsvorstand den Antrag auf eine Kostenübernahme für die Reise abgelehnt habe. Keuter, selbst bekannt für einen guten Draht nach Moskau, halte Russlandreisen im Wahlkampf nicht für schlau. Der Kontakt zu Russland sei weiter gut, das wisse man auch in Russland, so Keuter – auch wenn man das derzeit nicht nach außen kehre. Keuter ist designierter Sprecher für Auswärtiges in der Bundestagsfraktion.

Der Arbeitskreis hat selbst gerade seinen Leiter Matthias Moosdorf als zu „russlandfreundlich“ abgewählt, nachdem dieser im September eine Honorar-Professur in Moskau angetreten hatte. Über die Personalie soll am Dienstag die AfD-Fraktion final abstimmen. Moosdorf war seinerseits erst vor einigen Monaten Sprecher für Auswärtiges geworden. Sein Vorgänger war Petr Bystron, gegen den wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche ermittelt wird – auch im Zusammenhang mit dem russischen Oligarchen Wiktor Medwedtschuk.

Die Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla wollten sich nicht zu den jüngsten Russlandreisen äußern. Das Thema sollte am Montag jedoch in Bundesvorstand und Fraktionsvorstand behandelt werden, wie die taz erfuhr. Dort könnten demnach auch mögliche Ordnungsmaßnahmen diskutiert werden.

Der Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß verteidigte sich gegen Kritik an der Reise. Diese sei im Rahmen der Wahrnehmung seines freien Mandats zustande gekommen, wie er der taz sagte. Nachdem die AfD-Fraktion sich geweigert hatte, die Kosten für die Reise zu übernehmen, hätten die Organisatoren der Konferenz in Sotschi bezahlt.

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15 Kommentare

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  • Unsereiner geht zum Geldautomaten, um sich mit Bargeld zu versorgen, andere reisen gen Osten...

  • Früher konnte man sich bei Rechtsextremen immerhin noch darauf verlassen, dass sie Deutschland nicht ausgerechnet an Russland verraten würden. Heute können sie es gar nicht mehr erwarten, den russischen Invasoren den Weg zum Haus des SPD-Bürgermeisters zu zeigen.

  • Noch ein weiteres Steinchen, das für den Verbotsantrag spricht. Ich hoffe, der Artikel wird vom Bundesverfassungsgericht gelesen. Danke, taz!

  • Folge der Spur des Geldes!



    So langsam gibt es für mich gute Gründe den Bargeldverkehr einzuschränken. Nicht nur die Mafia und Terroristen haben es dann schwerer ...

  • Das ist ein ganz "nettes" Sammelsurium an Spionen, Autokratiefans, Antidemokraten, und Russengeld-Junkies, das die AfD da in ihren Reihen nicht nur duldet, sondern auch mit Karrieremöglichkeiten und Reichweite ausstattet.



    Aber die spannendere Frage ist doch: Wer wählt solche D-Backen ? Wie kann es sein, dass es offenbar Wahlkreise gibt, in denen solche Schwätzer offenbar grössere Teile von Wahlberechtigten als Fanbase rekrutieren können ?



    Die Restbestände aus noch-DDR-sozialisierten sind zu klein für nennenswerte Ergebnisse. Es muss Erklärungen geben, wie sich offenbar bis zu einem Drittel der Erwachsenen eines Wahlkreises von der Realität abkoppeln konnten. Ohne in einer Diktatur-Propaganda sozialisiert worden zu sein.

  • Wenn die nach Moskau wollen, sollen die ihren Vorbildern folgen und an einem 22. Juni losstapfen.



    Achja: und bitte dableiben.



    Und damit zu wichtigeren Themen wie Klima, Soziales und Umbau der Wirtschaft.

  • Neo-Eurasier machen Neo-Eurasier-Dinge.

    Und das bürgerliche Feigenblatt in der Parteiführung gibt pflichtschuldigst die entrüstete Unschuld.

  • Eigentlich ist es doch ein wirklich positiver Apekt der Globalisierung, wenn man jetzt auch die Möglichkeit erhält, russische Parteien zu wählen.

    Das ist wahre Internationalität.

  • Gut das es die unvorsichtigen in der AfD gibt. Sie zeigen das wahre Gesicht dieser Partei.

  • "Nachdem die AfD-Fraktion sich geweigert hatte, die Kosten für die Reise zu übernehmen, hätten die Organisatoren der Konferenz in Sotschi bezahlt."



    Nennt man so etwas nicht Korruption? Oder liegt die Wertgrenze der Abgeordneten entsprechend hoch?

  • So eine Reise hat was von Dantes Inferno.



    Ihr, die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren.

  • Zitat: "Der Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß verteidigte sich gegen Kritik an der Reise. Diese sei im Rahmen der Wahrnehmung seines freien Mandats zustande gekommen, wie er der taz sagte. Nachdem die AfD-Fraktion sich geweigert hatte, die Kosten für die Reise zu übernehmen, hätten die Organisatoren der Konferenz in Sotschi bezahlt."

    Aber sie kriegen natürlich kein Geld aus Moskau, niemals nicht.

    • @dtx:

      Nein, das Geld kommt ja aus Sotschi.

    • @dtx:

      Nein, die machen das nur, damit Moskau schneller pleite ist...



      Ganz schön perfide. ^^