Ärger um Gerhard Schröder: Der ungewollte Ehrenmann

Hannovers CDU will Altkanzler Gerhard Schröder nicht länger als Ehrenbürger der Stadt. Die SPD-Ratsfraktion hält den Vorstoß für schlechten Stil.

Gerhard Schröder sitzt vor einer blau schimmernden Wand und lächelt

Ehrenbürger Gerhard Schröder: Ob ihm wegen Hannovers CDU das Lachen vergeht? Foto: Federico Gambarini/dpa

HAMBURG taz | Nun war es am Donnerstag auf den Tag genau 16 Jahre her, dass Gerhard Schröder (SPD) zu Hannovers Ehrenbürger ernannt wurde. Seinerzeit wurde weniger Tage nach dieser Ehrung bekannt, dass der Altkanzler nach seinem Ausscheiden aus der Politik einen neuen Job gefunden hat: Er wurde Aufsichtsratsvorsitzender des Aktiengesellschaft NEGP-Company. Für das Unternehmen ist er noch heute tätig, nur heißt es mittlerweile anders: Nord Stream AG.

Nun braucht es einen Kriegsausbruch, bis die niedersächsische Landeshauptstadt eine beißende Debatte um ihren wohl bekanntesten Einwohner führt. Denn es ist zumindest für Hannovers CDU, anlässlich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, nicht mehr hinzunehmen, den Altkanzler weiter als Ehrenbürger in der an schillernden Berühmtheiten eher mangelhaft ausgestatteten Landeshauptstadt zu präsentieren.

Am Donnerstag brachte die Ratsfraktion eine Resolution ein, die den Krieg in der Ukraine verurteilt. Damit hatten die anderen Ratsfraktionen kein Problem. Indes: Die CDU-Fraktion verknüpfte die Resolution auch noch mit dem Antrag, Schröders Ehrenbürgerschaft zu entziehen, sollte er nicht schleunigst seine Mandate bei Nord Stream und beim russischen Gaskonzern Rosneft niederlegen.

Offenbar überzeugte die CDU Schröders Statement am Donnerstagmittag auf der Plattform LinkedIn nicht. Dort hatte er ein schnellstmögliches Ende des Krieges in der Ukraine gefordert: „Das ist die Verantwortung der russischen Regierung.“ Welche Folgen er aus dem russischen Einmarsch für seine eigenen Tätigkeiten zieht, ließ er offen.

Basta für Schröder

Hannovers SPD-Fraktion ist wegen der CDU auf der Zinne. „Sie versuchen, den früheren Bundeskanzler Schröder mit diesem Bruch des Völkerrechts zu verquicken“, sagte SPD-Fraktionschef Lars Kelich laut der HAZ während der Ratssitzung. Auch die anderen Ratsfraktionen schlossen sich dem Antrag nicht an.

Nun wäre eine Aberkennung allerdings, so egal eine städtische Ehrenbürgerschaft auch sein mag, historisch betrachtet ein Vorstoß mit steiler Linie gewesen: Die einzigen beiden aberkannten Ehrenmänner Hannovers sind Adolf Hitler und ein damaliger Gauleiter. Und ob Schröder eine Aberkennung der Ehrenbürgerschaft überhaupt als Drohkulisse ernst nimmt? Bislang ließ er alle Kritik an seinen Russland-Connections seit 2006 abperlen.

Andererseits könnten die hannoverschen Sozialdemokraten mit ihrem Festhalten am trinkfesten und – dank seiner Ehefrau – beliebten Instagram-Star womöglich schon bald sogar einsam in der SPD sein: Immer mehr So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen fordern schon ein „Basta“ für Schröder durch die Parteiführung. „Gerhard Schröders Gesinnungslosigkeit zugunsten des eigenen Egos, seine Verantwortungslosigkeit gegenüber den Opfern in der Ukraine und gegenüber der eigenen Partei, das ist einfach nur unerträglich“, sagte die SPD-Politikerin Gesine Schwan dem Spiegel.

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