Adbusting-Aktion gegen die Polizei: Das Pozilei-Problem
Rund 100 Fake-Plakate hat die Gruppe "Gegen deutschnationale Polizei" in Berlin verklebt. Die Polizei ermittelt, kann aber nicht sagen, warum eigentlich.
Wer am Mittwochmorgen am Hauptbahnhof in den Bus steigen wollte, konnte ein merkwürdiges Werbeplakat sehen: Es zeigt einen Polizisten mit Dutzenden verpackten Dönern in den Armen auf dem Weg zum Mannschaftswagen, dazu den Spruch: „Rassismus? Wir mögen doch manche Ausländer. 110 Prozent Weißbrot.“ Darunter kleiner: „Abschiebungen, Rassismus und Gewalt sind dein Ding? Jetzt bewerben! Deutsche Pozilei“. Dieses und ähnliche Poster mit Slogans wie „Abschiebung ins Kriegsgebiet? Gerne!“ mit Bildern einer Razzia hingen in zahlreichen Schaukästen der Stadt.
Rund 100 solcher verfälschter Plakate, sogenannte Adbustings, hat die Polizei am Mittwoch aus Werbevitrinen entfernt. Auf taz-Anfrage bestätigte die Polizei Berlin, dass man Poster an 20 Bahnhöfen gefunden habe und sie umgehend entferne.
Folgt man dem QR-Code auf dem Plakat, kommt man zur Website „Deutsche Pozilei“. Dort bekennt sich eine „Kommunikationsguerilla“ namens „Gegen deutschnationale Polizeigewalt (GdP)“ zur Aktion: Man habe in der „größten Adbusting-Aktion Berlins in den letzten beiden Jahrzehnten“ über 100 Vitrinen gekapert. Anlässlich der Innenministerkonferenz wolle man „die Polizei ins angemessen rechte Licht“ rücken.
Die Adbustings greifen das Design einer PR-Kampagne der Berliner Polizei auf. Die wirbt normalerweise um Nachwuchs mit dem Zahnpastalächeln von jungen, schönen Uniformierten und edgy Slogans wie etwa: „Wir schützen auch das Recht, gegen uns zu sein – 110 Prozent Berlin“.
„Gefahr für die innere Sicherheit“
Tatsächlich führt die Aktion wunderbar vor, dass die Polizei es gar nicht immer so genau nimmt mit dem „Recht, gegen uns zu sein“, geschweige denn den Inhalt der Kritik. Auftritt Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der seine Schnappatmung über die Fake-Poster so kanalisierte: „Losgelöst von einer strafrechtlichen Bewertung dieses Adbustings ist es respektlos und gefährdet die innere Sicherheit, weil es die Polizei in Gänze diskreditiert.“ Wie bitte? Satireplakate, eine Gefahr für die innere Sicherheit?
Amüsant auch: Die Polizei teilte mit, dass wegen der Aktion „weitere Ermittlungen laufen“. Weswegen ermittelt werde? Könne man noch nicht sagen, heißt es. Weniger witzig: Wegen Adbustings gab es in den letzten Jahren mehrere Hausdurchsuchungen, DNA-Analysen und Meldungen an ein Terrorabwehrzentrum. Rechtsgrundlage: unklar.
Die Gruppe verweist auf eine kürzlich veröffentlichte Polizeistudie: „16 Prozent der Beamt*innen sagen, ihnen sei in den letzten 12 Monaten Rassismus vorgeworfen worden. In über 70 Prozent der Fälle finden die Beamt*innen den Vorwurf ‚überhaupt nicht nachvollziehbar‘.“ Das zeige, wie es um die Kritikfähigkeit der Polizei stehe: „Das ist der Kern des Polizeiproblems!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers