Polizei empört sich über Ausstellung: Kein Rassismus bei der GdP
Die Gewerkschaft der Polizei kritisiert die Grüne Jugend Braunschweig wegen einer Ausstellung über rassistische Polizeigewalt.
D ie Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Grüne Jugend Niedersachsen wegen der Ausstellung „Echte Freiheit statt Repression“ in Braunschweig attackiert. Darin geht es um rassistische Polizeigewalt und deren Opfer.
Der grüne Nachwuchs, findet die GdP, reproduziere nicht nur „Klischees über strukturellen Rassismus in der Polizei“, sondern stelle auch die „Arbeit des Rechtsstaates als Ganzes infrage“. Ganz nach dem Vorbild der konkurrierenden Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) mit dem lauten, häufig durch rechtspopulistische Äußerungen auffallenden Vorsitzenden Rainer Wendt, stellt sich nun auch die GdP gegen jegliche Kritik an Polizeigewalt und Rassismus innerhalb des Apparats.
Dass sich die Gewerkschaft damit nicht nur lächerlich, sondern auch unglaubwürdig macht, ist hier nicht zentral. Vielmehr zeigt nun auch die etwas fortschrittlichere Vertretung der deutschen Ordnungsmacht mit ihrer realitätsfernen Behauptung, es gebe in der Polizei weder Racial Profiling noch strukturellen Rassismus, dass sie für dieses tödliche Problem kein Bewusstsein hat.
Die Grüne Jugend fordert im Zuge ihrer Ausstellung auf dem Herzogin-Anna-Amalia-Platz höchste Standards der Transparenz für die Polizei. Dass jene sich „mangels erkennbarer Grundlage“ gegen eine Studie zu Rassismus innerhalb ihrer Reihen verwehrt, ist entlarvend.
Betroffene werden nicht ernst genommen
Schwache Argumente übergeht die GdP mit pauschalen Vorwürfen gegen die Grüne Jugend, deren Forderungen „unsachgemäß“ seien. Den „diffamierenden Anschuldigungen“, wie die stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Niedersachsens, Andrea Timmermann, sich ausdrückte, wird mit eigenen Diffamierungen begegnet.
Das Vertrauen der Bürger:innen zu erringen, dessen sich die GdP vor allem bei Menschen mit Migrationshintergrund rühmt, wird mit einer solchen Haltung nicht gelingen. Laut dem Integrationsbarometer des Sachverständigenrates für Integration und Migration ist gerade das durch Diskriminierungserfahrungen gestört. Die Gewerkschaft macht mit ihren Äußerungen deutlich, dass sie die von Rassismus durch Polizist:innen Betroffenen nicht ernst nimmt.
Zum Fall des 2021 in Delmenhorst nach einem Aufenthalt in Polizeigewahrsam gestorbenen jesidischen Geflüchteten Qosay Khalaf fiel der GdP lediglich ein, eine Entschuldigung vom Flüchtlingsrat wegen Gewaltvorwürfen zu fordern. Sie stellt in ihrer Pressemitteilung darüber hinaus klar: Solange Polizist:innen nicht wegen Mordes verurteilt werden, ist für sie auch kein Rassismus belegt. Anscheinend hat bisher kein Gewerkschaftsmitglied die Ausstellung besucht.
Die Polizei scheint panische Angst vor Selbstkritik zu haben. Rassistische Strukturen, ein Problem mit Gewalt – all das darf es nicht geben. Deshalb wird versucht, jede kritische Wortmeldung zu verhindern, sei es nun eine wissenschaftliche Studie oder eben eine Ausstellung, die Schicksale von Betroffenen zeigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“