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Abstimmung über US-SanktionenNord Stream 2 kommt durch

Neue Sanktionen gegen die russisch-deutsche Pipeline Nord Stream 2 finden im US-Senat nur knapp nicht die erforderliche Mehrheit.

Das deutsche Ende der Gaspipeline Nord Stream 2 in Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern Foto: Hannibal Hanschke/Reuters

Washington taz | Die USA werden vorerst keine neuen Sanktionen gegen die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 verhängen. Dies beschloss der US-Senat am Donnerstag nach einer mehrstündigen Debatte. Die erforderliche Mehrheit von 60 der 100 Stimmen im von den Demokraten kontrollierten Senat wurde mit 55 knapp verfehlt. Die Entscheidung zeigte jedoch erneut, dass das Projekt unter US-Politikern weiterhin als große Gefahr für die Sicherheit in Europa und der Ukraine gesehen wird.

„Meine Position zu Nord Stream 2 hat sich nicht geändert. Ich bin und bleibe gegen die Pipeline. Ich habe Sanktionen gegen das Projekt in der Vergangenheit unterstützt. Doch das war zu einem Zeitpunkt, als diese noch etwas bewirken hätten können – während Trumps Regierungszeit, als sich die Pipeline sich noch im Bau befand“, sagte der demokratische Senator Bob Menendez aus New Jersey. Die Pipeline ist seit September fertiggestellt.

Der US-Kongress hatte in der Vergangenheit bereits mehrere Gesetze mit Sanktionen gegen das Pipeline-Projekt verabschiedet, zuletzt PEESA 2019. Doch Ex-Präsident Donald Trump versäumte es, diese Sanktionsbeschlüsse in seinem letzten Amtsjahr in die Tat umzusetzen. “Wir gaben ihm die Werkzeuge. Und was tat er damit? Nichts. Erst am allerletzten Tag seiner Regierungszeit verhängte er Sanktionen“, so Menendez.

Der vom rechten texanischen Senator Ted Cruz ausgearbeitete Sanktionsbeschluss hätte zu einer deutlichen Erweiterung von Sanktionen geführt. Denn er hätte es der US-Regierung erlaubt, Strafmaßnahmen gegen alle in die Planung, Konstruktion oder Bedienung von Nord Stream 2 verwickelten Organisationen und Personen zu verhängen.

Warnung vor Keil in den transatlantischen Beziehungen

Menendez warnte davor, dass dieser breite Anwendungsbereich zu Problemen führen könnte. Dabei warnte er vor allem vor den Konsequenzen für deutsche Organisationen und Personen.

Das finale Wort liegt bei US-Präsident Joe Biden und dessen Regierung. Und diese hatte sich trotz zunehmenden Drucks aus der Ukraine und von republikanischer Seite bereits im Vorfeld gegen eine Erweiterung von Nord Stream 2 Sanktionen ausgesprochen. Grund dafür ist unter anderem Bidens Versuch, die fragmentierten transatlantischen Beziehungen zu reparieren, dazu zählt natürlich auch die Beziehung zu Berlin.

“Der von Senator Cruz vorgeschlagenen Sanktionsbeschluss würde einen Keil zwischen uns und unsere Verbündeten treiben, insbesondere zwischen uns und Deutschland. Und das zu einem Zeitpunkt, in dem wir uns dies nicht leisten können“, sagte die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen. Sie spielte damit auf die angespannte Situation an der russisch-ukrainischen Grenze an.

Cruz und viele seiner republikanischen Senatskollegen sehen in den Sanktionen allerdings eine Möglichkeit, Russland und dessen Präsident Wladimir Putin zu stoppen.

Erneute Warnung vor Putin

“Dies ist der beste Weg, um Putin davon abzuhalten, in die Ukraine einzufallen, nämlich die Firma, die an der Fertigstellung der Nord Stream 2 Pipeline arbeiten, zu sanktionieren. Putin drängt auf eine Fertigstellung, damit er die Pipeline als Waffe gegen unsere europäischen Verbündeten einsetzen kann“, sagte Cruz.

Am Ende stimmten immerhin auch sechs Demokraten für den Gesetzesbeschluss des Texaners und somit gegen ihren eigenen Präsidenten.

Das Votum im US-Senat erfolgte nur einen Tag nachdem sich in Brüssel die Nato-Mitgliedstaaten und Russland zu einem gemeinsamen Dialog zur Sicherheitslage in der Ukraine getroffen hatten. Die Gespräche blieben ohne Erfolg.

“Sollte Russland sein aggressives Verhalten gegenüber der Ukraine erneuern, dann wäre es nur schwer vorstellbar, dass zukünftig Gas in der Pipeline fließen würde“, sagte US-Außenminister Antony Blinken vergangene Woche. Die USA drohen Russland mit folgenschweren Sanktionen, sollte es Moskau wirklich wagen, in die Ukraine einzufallen.

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1 Kommentar

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  • Der US-Beschluss gibt unserer Außenministerin Annalena Baerbock die Agenda vor für eine Entspannungspolitik mit Russland:

    1. Es wird für alle gazprom-anbindenden Pipelines ein kürzeres Wartungsintervall festgelegt. Dadurch werden die alten Pipelines in Ukraine und Polen doch noch gebraucht, weil während der Wartung einer Nordstream-Pipeline sie als Ersatzpipeline herhalten müssen. Damit bekommt die neue Pipeline einen neuen Sinn, nämlich, Baerbock entgegenkommend, einen ökologischen, weil die zusätzlichen Pipeline-Wartungen vor allem die Dichtigkeit des Gastransportsystemes garantieren, also ein Entweichen des Klimaschadgases Methan unterbunden wird. An der Lösung würde auch unser Wirtschaftsminister seine helle Freude haben.

    2. Was ihr schwer fallen wird, aber einer europäischen Sicherheitsarchitektur zuträglich sein könnte, wäre, dass die Ukraine die Krim, den strategischen Standort der russischen Marine, an Russland abtritt, aber dafür die Ukraine NATO-Unterstützung bekommt, wenn sie angegriffen wird. Russland wird die Krim niemals zurück geben. Ich erinnere an die Sowjetunion, der auch ihre "Satellitenstaaten" als legitime geopolitische Interessensphäre zugesprochen wurden. Die Krim als Flottenhauptstützpunkt ist für Russland so ein Pfand, das es für seine Sicherheitsinteressen braucht. Nur die Gier nach Mehr seitens Putin muss massiv diplomatisch eingehegt werden. Russland muss auch etwas geben, nämlich eine gehörige Abstandszahlung an die Ukraine leisten für den Rückerwerb der Krim, denn unter der Halbinsel liegen noch reiche Gasfelder, die die Ukraine nun nicht mehr erschließen kann.

    3. Der Ukraine werden Assoziierungsabkommen mit EU und NATO erlaubt, aber gleichzeitig ein Modell für russisch/ukrainische Kooperation im wirtschaftlichen Bereich geschaffen, um die Verluste beider Volkswirtschaften auszugleichen, die durch den Wegfall solcher Kooperation seit Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden. Die Konfrontation muss durch Kooperation ersetzt werden!