piwik no script img

Abschiebungen nach SyrienSyrien ist nicht sicher

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Ein blutiger Terroranschlag in Damaskus zeigt, wie prekär die Sicherheitslage ist. Die Bundesregierung sollte ihre Abschiebepläne zurückziehen.

Aufräumarbeiten in der Mar-Elias-Kirche, in der sich ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte, Damaskus, am 22.6.2025 Foto: Omar Sanadiki/ap/dpa

M indestens 25 Tote, über 60 Verletzte. Der Terroranschlag des „Islamischen Staates“ (IS) auf eine griechisch-orthodoxe Kirche in Damaskus zeigt, wie prekär die Sicherheitslage in Syrien auch nach dem Ende des Assad-Regimes ist. Die schreckliche Gewalttat wirft aber auch einen langen Schatten nach Deutschland. Genauer: auf die deutsche Bundesregierung und ihren Plan, bald wieder nach Syrien abzuschieben.

Praktisch sofort mit dem Fall von Langzeitdiktator Assad im vergangenen Winter begannen Uni­ons­po­li­ti­ke­r*in­nen laut darüber nachzudenken, ob viele syrische Geflüchtete jetzt nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren könnten. Würdeloser und kaltherziger hätte die Reaktion auf eine der wenigen guten Nachrichten des vorigen Jahres kaum ausfallen können.

Auch mögliche Abschiebungen wurden damals schnell Thema; wenige Monate später schafften sie es in den Koalitionsvertrag von Union und SPD: „Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.“

Um zu erkennen, dass es sich dabei um einen unmenschlichen Plan handelt, braucht es den jüngsten Anschlag eigentlich nicht. Schon in den vergangenen Monaten war klar, dass die neue syrische Regierung oft nicht in der Lage ist, massive Gewalt zu verhindern. Es gab Gewalttaten mit Hunderten getöteten Zivilisten in Regionen der Alawiten und Drusen. Der IS, eigentlich auf einige Wüstengebiete zurückgedrängt, hat vermehrt Aktivitäten gezeigt.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Und es ist ja nicht so, als ob die Bundesregierung all das nicht wüsste. Vergangene Woche zitierte der Spiegel aus einem geheimen Lagebericht des Auswärtigen Amts zur Lage in Syrien. „Extrem volatil“ und „sehr angespannt“ sei die Sicherheitssituation, heißt es laut Spiegel in dem Dokument. Der Zentralstaat habe nicht flächendeckend das Gewaltmonopol.

Wie prekär die Lage überall ist, unterstreicht der Anschlag in Damaskus. Die Bundesregierung sollte daraus nun schleunigst Konsequenzen ziehen und die Abschiebepläne offiziell zurückziehen. Denn Syrien ist nicht sicher. Für niemanden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ein einziger größerer Terroranschlag sagt, ehrlich gesagt, noch nicht viel über die Sicherheitslage irgendwo aus. So etwas kann fast überall passieren - außer vielleicht in Nordkorea. Wichtiger ist, die Sicherheitslage anhand dessen zu beurteilen, was die dortige Regierung und die Behörden tun.