piwik no script img

Abgasskandal bei VWAbgase dringen ins Verkehrsressort

Verkehrsminister Dobrindt wehrt sich gegen Vorwürfe, von Manipulationen gewusst zu haben. Eine Studie zeigt Überschreitungen auch in Deutschland.

Will mit Autotricksereien nichts zu tun haben: Verkehrsminister Dobrindt auf einem Boot. Foto: dpa

BERLIN taz | Alexander Dobrindt klingt empört: „Ich hab’s am Wochenende aus der Zeitung erfahren, wie alle anderen auch“, sagt der Verkehrsminister am Mittwoch nach einer Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundestags. Die Vorwürfe der Grünen, sein Haus habe von einer Abgas-Manipulations-Software bei Autoherstellern wie VW gewusst, seien „falsch und unanständig“, sagte der CSU-Politiker.

Die Grünen verweisen auf die Bundestagsdrucksache 18/5656 vom 28. Juli. In der Kleinen Anfrage geht es natürlich nicht explizit um den Abgasbetrug, mit dem Europas größter Autokonzern derzeit weltweit Schlagzeilen macht. Sie behandelt die „Abschalteinrichtungen“, die erkennen, ob ein Wagen getestet wird, um dann den Schadstoffausstoß zu drosseln – wie in den USA der Fall. Diese sind der Bundesregierung offenbar wohlbekannt – und ein Dorn im Auge.

Man teile „die Auffassung der Europäischen Kommission, dass das Konzept zur Verhinderung von Abschalteinrichtungen sich in der Praxis bislang nicht umfänglich bewährt hat“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung, die der taz vorliegt. Deshalb unterstütze die Bundesregierung „die derzeitigen Arbeiten zur Fortentwicklung des EU-Regelwerks, insbesondere mit dem Ziel, die Realemissionen weiter zu senken“.

Das antwortende Verkehrsministerium wusste offensichtlich, dass es mit der Abschalttechnik, die in den USA bei VW- und Audi-Modellen entdeckt wurde, Probleme gibt. Konkret geht es um ein Bauelement vom Zulieferer Bosch, dessen Software offenbar nachträglich von VW auf Manipulationskurs programmiert wurde. 11 Millionen Fahrzeuge sollen betroffen sein.

Trickserei in Europa

Die Grünen blieben entsprechend bei ihrer Kritik. „Ich gehe davon aus, dass der Minister über solche Vorgänge informiert war“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. Dobrindts Aufklärungsarbeit sei „scheinheilig“. Der forderte wiederum VW auf, seine Kunden „vollumfänglich aufzuklären“. Eine von ihm eingesetzte Kommission prüfe derzeit, ob 11 Millionen Dieselautos „den deutschen und europäischen Regeln entsprochen haben“.

„Ich hab‘s am Wochenende aus der Zeitung erfahren“

Verkehrsminister Dobrindt

Ob auch bei Autos in Europa manipuliert wird, ist nicht bewiesen. Anders als in den USA wird hier aber offenbar nicht mit Bauteilen gepfuscht. Stattdessen biegen die Konzerne die Reglements der Zulassungstests. Dies zeigen Messungen der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg vom Ende vergangenen Jahres, die nun publik wurden. Im Test: drei Diesel-Pkws der Abgasnorm Euro 6: ein Volkswagen CC, ein BMW 320d und ein Mazda 6.

Innerorts erreichten sie Werte bis zu 676 Milligramm Stickoxid pro Kilometer, außerorts bis zu 618 Milligramm. Der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert: 80 Milligramm. „Das deutet darauf hin, dass nicht nur diese drei Fahrzeuge, sondern womöglich auch andere das Problem haben werden“, sagte der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann.

Die Umweltorganisation BUND forderte indes Fahrverbote für Diesel-Pkws in Deutschland. Allein in Nordrhein-Westfalen würden in 32 Städten die seit 2010 vorgeschriebenen EU-Höchstwerte für Stickstoffdioxide überschritten – dafür seien überwiegend Diesel-Pkws und Diesel-Schiffsverkehr verantwortlich. Die Vorgaben für Abgas-Prüfverfahren in Deutschland sind laut BUND „eine Einladung zu Tricksereien“. Da würden Spiegel abgeklebt und Leichtlaufreifen montiert, um den Schadstoffausstoß zu drücken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen