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Abgabe von medizinischem CannabisWarken plant schärfere Regeln fürs Kiffen

Die Bundesgesundheitsministerin will Onlinerezepte für medizinischen Cannabis und dessen Onlineversand verbieten. Kritik kommt von Linken und Grünen.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU): Medizinisches Cannabis soll künftig nur noch vor Ort in Apotheken erhältlich sein Foto: Niklas Treppner/dpa

Berlin afp/taz | Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) plant strengere Regeln für die Abgabe von medizinischem Cannabis. Dies geht aus einem Gesetzentwurf „zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes“ hervor, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Demnach soll Cannabis künftig „nur nach einem persönlichen Kontakt“ zwischen Arzt und Patient in der Praxis oder bei einem Hausbesuch verschrieben werden dürfen.

Für Folgeverschreibungen muss es innerhalb der letzten vier Quartale ebenfalls einen solchen direkten Kontakt geben haben. „Damit wird eine Behandlung im Rahmen der Videosprechstunde ausgeschlossen“, heißt es im Gesetzentwurf. Bislang konnte Cannabis relativ einfach auf entsprechenden Plattform per Online-Rezept bezogen werden. Dies will Warken mit den geplanten Änderungen unterbinden.

Medizinisches Cannabis soll zudem künftig nicht mehr versendet werden dürfen, sondern nur noch vor Ort in Apotheken erhältlich sein. Wegen der mit medizinischem Cannabis verbundenen Besonderheiten bestünden „umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten“, heißt es dazu im Entwurf. Diesen müsse bei einer Beratung in der Apotheke nachgekommen werden.

Warken hatte bereits bei Amtsübernahme im Mai erklärt, die leicht zugängliche Online-Verschreibung von Cannabis einschränken zu wollen. Sie begründete dies mit einem stark angestiegenen Verbrauch.

Cannabis-Importe gestiegen

Darauf wird auch im Gesetzentwurf verwiesen: Seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes im April 2024 seien die Importe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken „über das zu erwartende Maß hinaus“ angestiegen. Nach den Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stieg demnach der Import vom ersten Halbjahr zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent.

Verordnungen von medizinischem Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung seien im gleichen Zeitraum aber nun um neun Prozent gestiegen. Das Gesundheitsministerium führt dies auf eine zunehmenden Anzahl an Privatrezepten von Selbstzahlern und den Bezug über Online-Plattformen zurück.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßte den Gesetzentwurf bereits „ausdrücklich“. „Arzneimittel sind keine handelsüblichen Konsumgüter und gehören nicht auf rein kommerziell ausgerichtete Handelsplattformen“, erklärte ABDA-Präsident Thomas Preis. Eine pharmazeutisch fundierte Beratung zu Cannabis sollte „mit Blick auf das hohe Suchtrisiko und Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung bei jungen Menschen durch die Apotheke vor Ort stattfinden“.

Unzureichende Umsetzung des Konsum-Cannabis-Gesetzes

Bei der Bundestagsopposition stoßen Warkens Pläne hingegen auf Kritik. „Das geplante Versandhandelsverbot für medizinisches Cannabis belegt einmal mehr, dass die Bundesregierung Doppelstandards pflegt“, sagte Ates Gürpinar, Sprecher für Public Health und Drogenpolitik der Linksfraktion.

Die wachsende Zahl an Verschreibungen von Medizinal-Cannabis sei eine direkte Folge der unzureichenden Umsetzung des Konsum-Cannabis-Gesetzes. „Es gibt immer noch nicht ausreichend Möglichkeiten, Cannabis legal zu beziehen“, konstatierte Gürpinar. Das Medizinal-Cannabis-Gesetz einzuschränken, ohne gleichzeitig echte und legale Bezugswege für Genusscannabis zu schaffen, „ignoriert die Realität, kriminalisiert weiterhin Kon­su­men­t:in­nen und setzt sie allen Risiken des Schwarzmarkts aus“, monierte er.

Auch die grüne Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann kritisierte den Entwurf. Sie stelle sich gegen den „Generalverdacht gegenüber Cannabis-Konsument:innen, die Möglichkeit der Fernverschreibung für Genusszwecke nutzen“, sagte Heitmann dem Online-Magazin Legal Tribune Online. Eine Reform der Fernverschreibung sollte auf alle Medikamente bezogen werden, nicht nur auf Cannabis. „Gerade vor dem Hintergrund, dass Medikamentenabhängigkeit ein riesiges Problem in unserer Gesellschaft ist, brauchen wir hier für sämtliche Medikamente klarere Regeln“, so Heitmann.

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19 Kommentare

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  • Im Prinzip sollen die Apotheken und nicht die Online-Händler die Profite einstreichen. Ein Versuch den Niedergang der lokalen Apotheken durch die Abgabe von Cannabis zu verhindern. Konservative Heuchelei

  • Das sollte komplett wieder verboten werden. Ich habe Nachbarn, die kiffen extrem. Der Gestank ist wirklich nicht auszuhalten.

    • @Jelli:

      Meine Nachbarn grillen im Sommer. Dieser Gestank ... Gehört verboten. Sofort. Für alle.

      • @stEm - yBerlastuNg:

        Grillen ist mit Cannabis nicht vergleichbar, das Zeug setzt sich sogar bei Wind zu mir durch. Im Übrigen können Sie gegen zuviel Grillen was rechtlich machen. Aber gegen Gestank aus einer Cannabis-Bude nicht.

    • @Jelli:

      Das nervt. Glaube ich. Aber längst kein Grund, etwas völlig banales zu verbieten und zu kriminalisieren.

  • Den Punkt habe ich nicht verstanden: "Verordnungen von medizinischem Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung seien im gleichen Zeitraum aber nun um neun Prozent gestiegen. Das Gesundheitsministerium führt dies auf eine zunehmenden Anzahl an Privatrezepten von Selbstzahlern und den Bezug über Online-Plattformen zurück."

    Wenn es doch Selbstzahler sind, wie geht das "zulasten" der GKV?

    • @Birken:

      Wahrscheinlich ein Tippfehler, sollte wohl "nur" heißen. Im Absatz davor heißt es nämlich "Nach den Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stieg demnach der Import vom ersten Halbjahr zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent."



      Also, 170% mehr Import, aber nur 9% mehr Verordnungen, weil der Rest eben privat blecht.

  • Klare Strategie. Legale Bezugsmöglichkeiten verhindern und blockieren damit man anschließend behaupten kann, das CanG würde den Schwarzmarkt ja gar nicht eindämmen.

    • @Klobrille:

      Und das wäre auch gut so! Dieser Mist muss sofort wieder verboten werden. Da kann sich die CDU mal ausnahmsweise nützlich machen!

    • @Klobrille:

      Nun, das ginge auch ohne

      Die Niederlande belegen, dass da nicht viel eingedämmt wird.

      • @rero:

        Wieder jemand, der offenbar keine Ahnung vom Thema hat, denn die Niederlande haben hier weder etwas legalisiert noch fahren sie eine sinnvolle Strategie, die mit der deutschen (oder den potenziellen Möglichkeiten) vergleichbar wäre. Auch die Niederlande testen in nur wenigen Modellprojekten eine Legalisierung: www.hanf-magazin.c...noch-legales-gras/

  • Also ich bin jetzt einfach mal ehrlich:



    Ich nutze ab und an die Onlinerezepte, allerdings auch nur für Genusszwecke und ich kenne einige andere die das ebenfalls tun.

    ABER: Was soll daran falsch sein? Ich habe höchste Qualität, muss mir keine Sorgen um Streckstoffe machen und (das für mich wichtigste Argument) ich bin NICHT auf den Schwarzmarkt angewiesen. Jeden den ich kenne der Online sein Rezept bezieht, hat keine Lust mehr auf den Schwarzmarkt, auf zwielichtige Dealer und auf zwielichtiges Gras aus fragwürdigen Quellen. Genau darum ging es doch bei diesem Gesetz: Konsumenten entkriminalisieren und den Schwarzmarkt austrocknen. Sollte die CDU das so durchsetzen, werden viele wieder zähneknirschend zum Schwarzmarkt zurückkehren. Traurig

    Abgesehen davon, dass ein großteil der Ärzte nach wie vor auch bei berechtigtem medizinischen Bedarf keine Cannabisrezepte ausstellen und es auch nicht genügend Apotheken gibt, die mal eben vor Ort aufzusuchen wären, völlig utopisch. Für meine nächste Apotheke müsste ich fast eine Stunde mit dem Auto fahren und ich wohne schon in einem dicht besiedelten Gebiet, wie siehts dann erst auf dem Land aus?

    • @PartyChampignons:

      Das tue ich auch und habe kein Problem, dies auch öffentlich zu sagen. Ich kiffe seit 35 Jahren und noch nie war es so angenehm wie jetzt. Stressfrei, freundlich, professionell, sicher. Auf Cannabis Clubs habe ich keine Lust. Was bleibt da dann in Zukunft? Zurück in die Illegalität. Anyway. Einen 50jährigen stinknormalen Familienvater hält eh keiner an. Danke Deutschland

  • "Die wachsende Zahl an Verschreibungen von Medizinal-Cannabis sei eine direkte Folge der unzureichenden Umsetzung des Konsum-Cannabis-Gesetzes."

    Nur weil die Umsetzung des Konsum-Cannabis-Gesetzes unzureichend ist, müssen Online Kurfuscher noch lange nicht freie Fahrt bei der Behandlung von Kranken haben.

  • Als hätten wir keine dringenderen Probleme agiert die Union wieder an Themen, die kaum Relevanz haben.



    Man könnte soviel im Gesundheitssektor verbessern, was wirklich einen Mehrwert für die Mehrheit hätte, aber stattdessen wird viel Kraft, Geld und Zeit in das Cannabis-Thema gesteckt.



    #UnionsIdeologieschadetAllen

  • Kiffen ist kiffen, Medikamente gibt es im Inhalator. Zwei verschiedene Dinge.

  • Der Schwarzmarkt freut sich. Lächerlich.

  • Nina Warken - noch so ein Persönchen, die meint sich, mit unpopulären Themen



    wie Cannabis profilieren zu müssen.

  • Und auf dem Cannabisschwarzmarkt knallen die Sektkorken.







    Das kommt eben dabei raus, wenn Frau mit ideologischen Scheuklappen unterwegs ist.



    Glückwunsch Frau Warken..