ARD will Radiosender Cosmo abschaffen: Sound der Welt vor dem Aus
Sparpläne der ARD bedrohen den Radiosender Cosmo, der sich an ein junges, migrantisches Publikum richtet. Prominente kämpfen für seinen Erhalt.
Der Radiosender Cosmo steht gerade inmitten dieses Konflikts und es könnte sein Ende bedeuten. Die Intendant:innen der ARD werden am 24. und 25. Juni entscheiden, welche der Programme zusammengelegt oder gänzlich gekürzt werden sollen. Davon könnten bis zu 17 Radiowellen betroffen sein. Ob es Cosmo trifft, ist zwar bisher noch nicht klar, auch auf der letzten Rundfunkratssitzung zu dem Thema am vergangenen Mittwoch wurde nicht preisgegeben, um welche Sender es konkret geht.
Cosmo hat laut der Media-Analyse 2025 Audio I im eigenen Sendegebiet nur einen durchschnittlichen Marktanteil von 0,2 Prozent – ein Wert am unteren Ende der ARD-Radioskala. In Zeiten knapper Budgets ist das ein entscheidender Faktor, befürchten viele Medienschaffende. „Auch in der Belegschaft gibt es eine große Sorge, dass es Cosmo treffen könnte“, heißt es aus Redaktionskreisen.
Junges, queeres, internationales Publikum
Der interkulturelle Radiosender Cosmo ist ein Gemeinschaftsprojekt von WDR, Radio Bremen und RBB, hat Redaktionen in Köln, Berlin und Bremen und vereint Journalist:innen aus über 20 Herkunftsländern. Das Programm ist eines der wenigen Angebote im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das sich gezielt an ein internationales Publikum richtet, queere und migrantische Themen sind fest verankert.
Beispielsweise gibt es das Refugee Radio, das Informationen für Geflüchtete auf Arabisch sendet. Cosmo organisiert auch regelmäßig Konzerte mit internationalen Künstler:innen, die dann im Radio übertragen werden. Auch einen Instagram-Account mit über 90.000 Follower:innen betreibt der Radiosender. „Es bleibt völlig unklar, wie es mit den Programmen im Digitalen weitergehen kann, wenn der Radiosender tatsächlich nicht mehr gesendet werden sollte“, heißt es aus der Redaktion.
„Cosmo ist ARD-weit das einzige Radioprojekt, das Menschen erreicht, die sich im ÖRR oft nicht repräsentiert sehen“, schreibt der Verband Neue Deutsche Medienmacher:innen in einem Post auf Instagram dazu. Viele Menschen fühlen sich in den Programmen des Öffentlich-Rechtlichen nicht repräsentiert. Das ergab jüngst eine Umfrage der ARD – wohlgemerkt nur unter deutschsprachigen Menschen. Demnach beantworten nur 42 Prozent in Ostdeutschland und 44 Prozent in Westdeutschland die Frage „Die ARD gibt Menschen wie mir eine Stimme“ mit Ja.
In Deutschland leben 2025 laut Statistischem Bundesamt 21,2 Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte. Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es jede dritte Person. Im Sendegebiet Nordrhein-Westfalen ist es sogar jeder zweite junge Mensch. Natürlich muss es für diese Menschen ein Radioprogramm geben. Würde Cosmo wirklich abgeschaltet, gäbe es eine Lücke, die kein anderer Sender schließen könnte.
Dass Cosmo vor einem möglichen Aus steht, bewegt dieser Tage viele. „Wie überall sonst wird auch im Journalismus traditionell zuerst bei der Jugend gespart“, schreibt die Journalistin Özge İnan in einem Post auf Instagram. Eine Petition, die von Beschäftigten des Senders ins Leben gerufen wurde, ist schnell von über 300 Menschen unterzeichnet worden. Darunter etwa Herbert Grönemeyer, Fatih Akin, Alice Hasters und die Influencerin Gazelle. In der Petition fordern die Initiator:innen auf, den Programmverantwortlichen – den Intendant:innen von WDR, Radio Bremen und RBB – zu schreiben.
Wie es mit Cosmo weitergeht, wird sich Ende Juni zeigen. Fest steht: Der mögliche Verlust des Senders betrifft nicht nur seine Hörer:innen, sondern wäre ein Signal für die Prioritätensetzung im künftigen öffentlich-rechtlichen System.
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