ARD-Film „Wir wollten aufs Meer“: Zwei Sorten Typen
„Wir wollten aufs Meer“ spielt in Cottbus. Der Film ist ein herausragend besetztes Stasi-Melodram voller Fernweh, Verschlagenheit und Verrat.
Was für ein Titel für einen Film, der doch ausschließlich in Gefängnissen spielen soll – der DDR und der Justizvollzugsanstalt Cottbus: „Wir wollten aufs Meer“. Den besten Freunden Cornelis (Alexander Fehling) und Andreas (August Diehl) bedeutet der Rostocker Hafen in den 1980er Jahren das „Tor zur Welt“, von der sie als Handelsmatrosen was sehen wollen. Großer Traum, doch Waisen ohne Angehörige lässt die DDR nicht reisen. Es sei denn...
„Ich wollte immer auf See. Und jahrelang – ging nicht, ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden. Und dann hat der Andi wen kennengelernt, und der wusste alles, der –. Der wusste ganz genau, dass mein Brigadier mir vertraut.“ Die Stasi macht ihre Offerte. Cornelis, der Charakterstarke, landet im Cottbusser Knast, wie sein Brigadier (Ronald Zehrfeld). Andreas, der Charakterschwache, landet im Rollstuhl und bei der Stasi.
Wären sie ein paar hundert Kilometer weiter westlich geboren worden, dann wären sie nach Hamburg gegangen und als beste Freunde zur See gefahren.
Unter den Bedingungen der totalitären Diktatur aber zeigt sich, wer die Menschen wirklich sind. Und es gibt eigentlich nur zwei Sorten. Das ist wohl die Moral von der Geschichte, die Toke Constantin Hebbeln, der mit „Nimmermeer“ schon einen Studenten-Oscar gewonnen hat, in seinem (mit Rolf Hoppe, Sylvester Groth, Michael Schenk, Thomas Lawincky) herausragend besetzten Film erzählt.
„Wir wollten aufs Meer“, Mi., 22.45 Uhr, ARD.
Ronald Zehrfeld spielt nicht wie in „Barbara“ – er spielt im Grunde die gleiche Rolle wie in „Weißensee“. Den Anständigen, dessen nie gefährdeter Anstand so groß ist, dass er sich die Verschlagenheit der Verschlagenen kaum auszumalen vermag. Andreas will als Verschlagener verschlagener sein als die Stasi. Die Verschlagenen geben sich ein Stelldichein zum denkwürdigsten Klößeessen der Filmgeschichte.
Ganz großes Melodram. Ganz ohne Zwischentöne. Eine ähnlich eindeutige und klischeebasierte Aufarbeitung von DDR-Historie – der Film hieß „Das Leben der Anderen“ – war den Amerikanern vor Jahren den Oscar wert.
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