piwik no script img

475 Euro Strafe für StraßenblockadeEs wurde teurer für Greta Thunberg

Ein Gericht verurteilt die Klimaaktivistin für eine Blockadeaktion – schon zum zweiten Mal. Laut Thunberg ist der Straftäter aber jemand anderes.

Kliamaktivistin Greta Thunberg vor dem Amtsgericht in Malmö am 11. Oktober Foto: Johan Nilsson/TT/ap

Stockholm taz | Greta Thunberg ist vom Amtsgericht Malmö zu einer Geldstrafe von 4500 Kronen verurteilt worden. Der Grund: die Teilnahme an einer Klimaprotestaktion am Mittwoch. Außerdem muss sie 1000 Kronen an einen Fonds für Opfer von Straftaten zahlen. Das entspricht umgerechnet zusammen rund 475 Euro. Es ist für sie binnen zweieinhalb Monaten die zweite derartige Verurteilung. Sie hatte sich Ende Juli an einer Blockadeaktion beteiligt – am gleichen Tag, an dem sie vom Gericht in Malmö erstmals wegen der Blockade einer Straßenzufahrt zu einem Ölhafen zu einer Geldstrafe wegen „Ungehorsams gegen die Ordnungsmacht“ verurteilt worden war.

Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin eine erneute Anklage mit der Begründung: „Die Demonstration war ungenehmigt und führte zu Verkehrsbehinderungen“. Thunberg habe sich trotz polizeilicher Aufforderung geweigert, den Ort zu verlassen. In der Verhandlung gestand sie den Verlauf der Aktion ein: „Ja, wir haben der Fossilindustrie geschadet, aber es ist sie, die der eigentliche Straftäter ist.“

Ihr Einwand: Sie habe sich nicht strafbar gemacht, sondern aus einer Notsituation gehandelt, „denn die Klimakrise ist eine Krise, die Gesundheit und Leben bedroht“. Das ließ Richter Johan Kvart wie schon bei der vorangegangenen Verurteilung mit Hinweis auf höchstgerichtliche Urteile nicht gelten. Die härtere Strafe begründete er damit, dass die Klimaaktivistin rückfällig geworden sei.

Thunberg konnte sich kurz vor ihrem Abitur im Sommer schon mit einem zweiten Ehrendoktortitel schmücken – von der theologischen Fakultät der Universität Helsinki. Mittlerweile studiert sie im Studiengang „Globale Entwicklung“ an der Universität Stockholm, ihre freitäglichen Streiks setzt sie fort. Das „Skolstrejk for klimatet“-Schild hat sie durch wöchentlich wechselnde aktuelle Botschaften ersetzt. Vor zwei Wochen war es ein Protest gegen den Beschluss der britischen Regierung: Diese hatte dem Ölkonzern Equinor grünes Licht für „Rosebank“, die Erschließung eines neuen Öl- und Gasvorkommens vor Shetland gegeben. In der vergangenen Woche waren es die umstrittenen Pläne für Tiefseebergbau.

Thunberg droht dritte Klage

Und zwischendurch beteiligt sie sich auch an weiteren Blockadeaktionen. Am 21. September blockierte sie mit anderen AktivistInnen von „Ta tillbaka framtiden“ (Die Zukunft zurückerobern) die Zufahrt für Tanklastwagen zum Hafen in Södertälje. Was eine dritte Anklage mit dem Tatvorwurf „Ungehorsam gegen die Ordnungsmacht“ nach sich ziehen könnte. Für den wird in der Regel Bußgeld verhängt, laut Gesetz ist aber auch eine Haftstrafe von maximal 6 Monaten möglich.

Wenn eine Person mehrfach für die Verletzung des gleichen Straftatbestands verurteilt wird, beeinflusse dies natürlich die Strafskala, sagte Staatsanwalt Mathias Larsson der Nachrichtenagentur TT: „Bei Wiederholung derselben Straftat ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht ausgeschlossen.“

Wegen des Gerichtstermins musste Thunberg – im Gericht in Malmö mit dem T-shirt „Stand up for science“ – den Beginn ihrer Teilnahme an einer mehrtägigen Protestaktion in Oslo um einen Tag verschieben. Seit Mittwoch demonstrieren dort Samen gegen die norwegische Regierung, die sich seit nunmehr zwei Jahren weigert, einem höchstrichterlichen Urteil Folge zu leisten: Mit dem Urteil hatte der Oberste Gerichtshof des Landes den Bau von 151 Windkraftanlagen für illegal erklärt.

An einem ähnlichen Protest, bei dem zeitweise auch die Zugänge zu mehreren Ministerien blockiert worden waren, hatte Thunberg bereits im März teilgenommen. Juristische Folgen gab es für Thunberg und ihre MitdemonstrantInnen seinerzeit nicht. Die norwegische Justiz scheint großzügiger mit solchen Protesten umzugehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • "Seit Mittwoch demonstrieren dort Samen gegen die norwegische Regierung, die sich seit nunmehr zwei Jahren weigert, einem höchstrichterlichen Urteil Folge zu leisten: Mit dem Urteil hatte der Oberste Gerichtshof des Landes den Bau von 151 Windkraftanlagen für illegal erklärt."

    Dieser Teil der Geschichte ist schon etwas skuril...sie unterstützt also den Kampf der Samen gegen Windkraftanlagen.



    Soweit ich weiss, weil die Rentiere irritiert sein könnten (vermutlich weiss niemand so genau, ob die sich nicht auch wie alle anderen Tiere daran gewöhnen würden?).

  • Cha... Schweden ist eben nicht mehr was es mal im werden war als Olof Palme 1972 auf der ersten Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen 1972 in Stockholm sprach und damit den Beginn der internationalen Umweltpolitik mit initiierte.



    Dabei nannte er in seiner Rede nahezu sämtliche Themen die uns bis heute beschäftigen:

    www.youtube.com/watch?v=0dGIsMEQYgI







    Schweden ist im hohen Tempo ungerecht, rückwärtsgewandt und große Teile der Bevölkerung sehr rassistisch und fremdenfeindlich geworden. Kein wunder also, dass ein toller progressiver Mensch wie Greta Thunberg dort ausgemobbt und bestraft wird, wenn sie im Grunde einfach das offenbar richtige macht.

  • Es geht um die Rivalität zweier gänzlich verschiedener Einfluss-Prinzipien: nackte, bürokratische Gewalt und (weitaus älter) Anerkennung (der mit den Göttern verbundenen Charismatikern).

  • „Bei Wiederholung derselben Straftat ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht ausgeschlossen.“

    Ist Umweltverschmutzung nicht inzwischen auch eine Straftat? Müsste man nicht eigentlich ganz andere längst einsperren, da sie in ihrem Tun unbeirrt fortfahren?

    • @Woodbine:

      "Müsste man nicht eigentlich ganz andere längst einsperren, ...?"

      Ob wir es jemals erleben werden, dass die Verursacher des Klimawandels (Großkonzerne und Wirtschaftsmanager) von einem Gericht verurteilt werden? Sicherlich nicht, denn der Klimawandel wird von einem Großteil der Menschheit immer noch nicht ernst genommen. Die Zerstörung des Klimas geht immer weiter, aber man schaut dabei einfach zu, da geldgierige Konzerne mit ihrem ungebremsten Wirtschaftswachstumswahn alles beherrschen. Und unsere "Volksvertreter" machen da auch noch mit, denn wenn man Umwelt- und Klimaschutzaktivisten weiterhin "kriminalisiert", kann man damit natürlich auch sehr gut von der fatalen Klimapolitik der letzten Jahrzehnte ablenken und die Wirtschaftsmanager können ihr klimaschädliches Wirtschaftswachstum fortführen, und auch die Aktionäre können weiterhin den Planeten Erde an der Börse "verzocken". Deutschland ist da nicht anders als Schweden oder irgend ein anderes Land, das vom Wirtschaftswachstumswahn befallen ist und nicht mehr klar denken kann.

  • Tja, Schweden ist schon lange nicht mehr die Vorzeigedemokratie, die es vor Jahrzehnten mal war. Spätestens seit ihrem kriminellen, korrupten, US-devoten Umgang mit Assange nicht mehr.

    Gebt mal bitte eine Kontonr durch. Und die Adresse der Beschwerdestelle für dieses Schwachsinnsurteil.

  • Interessant wird, wenn es - wie angedroht - ins Gefängnis geht. Frau Thunberg wird sicher auch diese Androhung vor nichts abhalten.

  • taz: "Greta Thunberg ist vom Amtsgericht Malmö zu einer Geldstrafe von 4500 Kronen verurteilt worden. Der Grund: die Teilnahme an einer Klimaprotestaktion am Mittwoch. Außerdem muss sie 1000 Kronen an einen Fonds für Opfer von Straftaten zahlen."

    Also muss Greta die 1000 Kronen an sich selbst und die nachfolgenden Generationen zahlen, da sie ja die wirklichen Opfer der Verursacher des Klimawandels sind/werden.

    "Im Jurastudium lernt man vor allem, Urteile über Dinge zu fällen, von denen man kaum etwas versteht." [Max Uthoff, Jurist und Kabarettist]. Ja, mit solchen Richtern und Staatsanwälten wird sich nie etwas ändern und Klimaschutz wird weiterhin nur ein Schlagwort bleiben, damit der einfältige Bürger glaubt, dass man tatsächlich etwas gegen den Klimawandel unternimmt. Ist ja bei uns in Deutschland auch so, wo man Klimaschützer "kriminalisiert", damit das klimaschädliche Monopolyspiel der Reichen und Mächtigen ungestört weitergehen kann. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man über so viel Dummheit lachen.

  • 6G
    689016 (Profil gelöscht)

    Wohin kann man die 475 € spenden oder überweisen?

    Wie B.B. so schön formulierte: Wenn Unrecht zu Recht wird, ist Widerstand Pflicht.

  • 475€ sind nicht "teuer" für Thunberg'sche und generell nordeuropäische Verhältnisse. ;)

    • @Fabian Wetzel:

      Ich vermute, das dort Strafen ähnlich wie bei uns in Tagessätzen berechnet werden.



      Und als Studentin ohne Ambitionen aus ihren Vorträgen Profit zu schlagen, hat sie möglicherweise tatsächlich kein Einkommen, welches die Strafe hochtreiben würde.

      • @Herma Huhn:

        Um dicke Kohle zu scheffeln, ist Frau Thunberg eh viel zu sehr Aspie. (Das meine ich als Kompliment. Als sehr großes sogar. Ich mag solche Menschen, sie haben einen scharfen Blick fürs Wesentliche, und keine Zeit für Firlefanz und Medienzirkus. Früher nannte man sie "kleine Professoren" oder "Wunderkinder" oder "Universalgenies", und verehrte sie als "weise Leute" wegen ihrer übernormalen Fähigkeit zum nüchternen Betrachten und Abwägen. Heute nennt man sie "krank", und Soziopathen gelten als Vorbilder, aber wer ist hier "krank"?



        Bestimmt nicht Frau Thunberg - die hat so was von alle Tassen im Schrank!)