+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 40 russische Diplomaten ausgewiesen
Berlin erklärt 40 Diplomaten aus Russland zu „unerwünschten Personen“. US-Präsident Biden will Putin vor Gericht stellen.
Russische Diplomaten müssen Deutschland verlassen
Die Bundesregierung hat 40 russische Diplomaten zu in Deutschland „unerwünschten Personen“ erklärt. Die Bundesregierung habe am Montag entschieden, „eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären, die hier in Deutschland jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet haben“, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montag in Berlin. „Dies werden wir nicht weiter dulden.“ Werden Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt, kommt dies einer Ausweisung gleich.
Die Entscheidung sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew am Montagnachmittag mitgeteilt worden, teilte Baerbock mit. Der Botschafter war von Staatssekretär Andreas Michaelis ins Auswärtige Amt einbestellt und über die Ausweisung informiert worden. Die betroffenen Personen haben fünf Tage Zeit, um Deutschland zu verlassen. Bei den Russen handelt es sich nach diesen Informationen um Personal, bei dem von einer Zugehörigkeit zu russischen Nachrichtendiensten auszugehen ist. (dpa)
Gazprom Germania kommt unter Treuhandverwaltung
Die Bundesnetzagentur wird nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorübergehend als Treuhänderin für die Gazprom Germania eingesetzt. Wie Habeck in Berlin ankündigte, wird eine entsprechende Anordnung noch am Montag im Bundesanzeiger veröffentlicht. Hintergrund sind demnach unklare Rechtsverhältnisse sowie der Verstoß gegen die Meldepflicht im Rahmen der Außenwirtschaftsverordnung.
Die Entscheidung sei „zwingend notwendig“, sagte Habeck. Die Gazprom Germania GmbH betreibe in Deutschland kritische Infrastruktur und habe damit eine „herausragende Bedeutung für die Gasversorgung“. Die Anordnung der Treuhandverwaltung diene dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie „der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit“. Die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur wird demnach auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes bis zum 30. September 2022 angeordnet.
Der russische Energiekonzern Gazprom hatte am Freitag mitgeteilt, dass er sich von seiner deutschen Tochterfirma getrennt habe. Gazprom ist mehrheitlich im Besitz des russischen Staates und war bisher alleiniger Eigentümer der Gazprom Germania. Über mögliche neue Eigentümer war am Freitag aber zunächst nichts bekannt geworden.
Dem Bundeswirtschaftsministerium erklärte nun, dass dem Ministerium der mittelbare Erwerb der Gazprom Germania durch die Unternehmen JSC Palmary aus Russland und Gazprom export business services LLC zur Kenntnis gelangt sei. Da die Gazprom Germania GmbH jedoch kritische Infrastruktur betreibe, müsse jeder Erwerb durch einen Nicht-EU-Investor vom Ministerium genehmigt werden. Unklar sei, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter den beiden genannten Unternehmen stehe. Zudem habe der Erwerber „die Liquidierung der Gazprom Germania angeordnet, was, so lange der Erwerb nicht genehmigt ist, nicht rechtmäßig ist“. (afp)
Bundesnetzagentur übernimmt als Treuhänderin
Die Bundesregierung tue „das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten“, erklärte Habeck. „Dazu zählt auch, dass wir Energieinfrastrukturen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls aussetzen“, fügte er hinzu. Die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Geschäfte in Deutschland müsse gesichert sein.
Dies sei auch wichtig, „damit die Versorgung in europäischen Partnerländern funktioniert“, fügte Habeck hinzu. „Die unklaren Rechtsverhältnisse, Verstöße gegen die Meldepflicht und die Ankündigung der Liquidierung der Gazprom Germania zwingen die Bundesregierung nun zu diesem Schritt“.
Die Bundesnetzagentur übernehme nun als Treuhänderin die Funktion einer Gesellschafterin und könne „alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um weiter die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, führte Habeck weiter aus.
Gazprom Germania fungierte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bisher „als Holding für Aktivitäten von Gazprom in Deutschland und anderen europäischen Ländern, insbesondere auch beim Betrieb von kritischer Infrastruktur“. Dazu zählten demnach auch der Energiehandel sowie der Gastransport und Betrieb von Gasspeichern. Daher sei die Einsetzung eines Treuhänders erforderlich, um die Geschäfte fortzuführen und so die Versorgungssicherheit zu garantieren. Aktuell sei die Versorgungssicherheit gewährleistet, betonte Habeck. (afp)
Biden: Putin sollte Prozess gemacht werden
Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha hat US-Präsident Joe Biden gefordert, den russischen Staatschef Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. „Er sollte zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Biden am Montag in Washington. „Dieser Kerl ist brutal. Es ist abscheulich, was in Butscha passiert, und alle haben es gesehen“, sagte Biden. Es handle sich um ein Kriegsverbrechen. Untersuchungen müssten nun „alle Details“ dokumentieren, „damit es einen Prozess wegen Kriegsverbrechen geben kann“, sagte Biden.
Der Präsident erklärte zudem, die USA würden ihre Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine weiter verschärfen. „Ich werde weiter Sanktionen hinzufügen“, sagte Biden. Zudem würden die USA die Ukraine auch weiter mit Waffen für den Kampf gegen die russischen Angreifer versorgen, sagte er. (dpa)
USA wollen Suspendierung Russlands aus Menschenrechtsrat
Die USA haben einen zeitweisen Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat gefordert. Es gebe immer mehr Berichte über Menschenrechtsverletzungen russischer Invasionstruppen in der Ukraine, sagte UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield am Montag. Russland solle deshalb seinen Sitz im Menschenrechtsrat verlieren. Erst am Wochenende hatte es Berichte gegeben, nach dem Abzug russischer Truppen aus der Stadt Butscha seien dort Hunderte tote Zivilisten gefunden worden.
Der UN-Menschenrechtsrat hat 47-Mitgliedstaaten. Über eine Suspendierung Russlands müsste die UN-Vollversammlung entscheiden. Deren Sprecherin Paulina Kubiak sagte, das Gremium habe noch keinen Antrag für eine Sitzung zu diesem Thema erhalten. (ap)
Steinmeier: Fehleinschätzungen in der Russland-Politik
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte er am Montag in Berlin. Eine bittere Bilanz sei auch: „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“
Steinmeier war in den vergangenen Tagen dafür kritisiert worden, dass er sich bislang nicht zu eigenen Fehleinschätzungen insbesondere in seiner Zeit als Außenminister geäußert habe. Nun sagte er, die Verantwortung für den Krieg liege bei Kreml-Chef Wladimir Putin. „Die sollten wir nicht auf uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat.“
Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. „Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“ Der Bundespräsident betonte, mit einem Russland unter Putin werde es „keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben“. (dpa)
Ampel-Regierung will weiter Energie aus Russland beziehen
Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha wird auch innerhalb der Ampelkoalition wieder intensiv über einen sofortigen Stopp von Energielieferungen aus Russland diskutiert. Die Bundesregierung bleibt bislang bei ihrer Haltung, diesen Schritt aus Sorge vor den Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft nicht zu gehen. Entsprechend äußerten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, forderte erneut ein Embargo. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) will zumindest mit den europäischen Partnern darüber sprechen. Nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha waren in dem Vorort von Kiew Dutzende tote Zivilisten entdeckt worden.
Lambrecht forderte eine schnelle Antwort der EU-Staaten. Diese müssten sich schnellstmöglich über weitere Sanktionen gegen Russland austauschen, sagte sie am Sonntag im „Bericht aus Berlin“ der ARD. Sie gehe davon aus, dass auch über Energielieferungen gesprochen werde.
Nach Schätzung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel geben die EU-Staaten täglich rund 380 Millionen Euro für russisches Gas und etwa 360 Millionen Euro für Öl aus. Kritiker sehen darin eine indirekte Mitfinanzierung des Krieges in der Ukraine. (dpa)
Habeck: „Tägliche Schritte“ in Richtung Embargo
Habeck sagte am Montag auf die die Frage, ob ein sofortiges Embargo ausgeschlossen sei, egal was der russische Präsident Wladimir Putin tue: „Wir arbeiten ja an der Unabhängigkeit von russischem Öl und von Kohle und Gas.“ Deutschland habe die eigene Öl- und Gasförderung weitgehend eingestellt, sich gegen andere Lieferanten als Russland und gegen Energieterminals entschieden. „Das bauen wir jetzt alles zurück und drehen es um“, sagte Habeck. Insofern gebe es jeden Tag Schritte zu einem Embargo.
Hofreiter sagte im Deutschlandfunk mit Blick auf Habecks Kurs: „Es gibt einfach eine unterschiedliche Einschätzung. Ich bin der Meinung, gestützt auf Unmengen Experten und nicht nur Wirtschaftswissenschaftlern, dass es möglich ist.“ Ein Embargo wäre allerdings extrem schwierig. „Und es hat Konsequenzen, denn wir brauchen dann ein Rettungspaket für die Industrie. Wir brauchen wieder umfangreiches Kurzarbeitergeld.“
Klingbeil sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“, er halte trotz der schrecklichen Bilder von Butscha ein sofortiges Gas-Embargo aus vielen Gründen für einen falschen Weg. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder teilte diese Position und wies darauf hin, dass sich Russland bereits andere Abnehmer suche, etwa Indien.
„Wir drehen gerade jeden Tag den Gashahn ein Stück weiter zu“, sagte Klingbeil. Bei einem Stopp von heute auf morgen „müssen wir bei aller Brutalität dieser Bilder und bei aller Emotionalität, die auch ich habe, da müssen wir über die Konsequenzen reden, die das für uns in Deutschland hätte“. Es gehe auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. (dpa)
Selenski: Gespräche nach Butscha werden schwieriger
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sieht nach den Vorkommnissen in Butscha die Fortsetzung der Friedensverhandlungen mit Russland erschwert. Es sei „schwierig“, die Gespräche jetzt weiterzuführen, sagt Selenski bei einem Besuch in Butscha nordwestlich von Kiew. (rtr)
Kosovo und Albanien fordern Ermittlungen zu Tötungen
Das Kosovo und Albanien haben die Tötungen von Zivilisten in zeitweise von russischen Truppen besetzten Gebieten nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew verurteilt. Die Bilder der in Butscha entdeckten Leichen erinnerten ihn an vergleichbare Grausamkeiten während des Kosovokrieges zwischen serbischen Truppen und albanischen Kämpfern, sagte der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti am Montag. „Massengräber, brutal getötete Menschen, denen Körperteile fehlen, niedergebrannte Häuser, in Trümmer verwandelte Städte sind alles bekannte Auftritte völkermordender Regime“, twitterte er.
Der albanische Regierungschef Edi Rama nannte die Bilder nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha „schockierend“ und verlangte eine internationale Untersuchung. „Nichts kann jemals solche Grausamkeiten entschuldigen“, twitterte er. „Welch ein Schmerz und welch eine Schande.“
Im überwiegend von ethnischen Albanern bewohnten Kosovo hatten die serbische Armee und albanische Kämpfer 1998/99 einen blutigen Krieg ausgefochten, bei dem mehr als 12.000 Menschen getötet wurden. Etwa 1.600 werden immer noch vermisst. 2008 erklärte sich die ehemalige serbische Provinz für unabhängig, was Russland bis heute nicht anerkennt.
Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft sind in Gebieten außerhalb der ukrainischen Hauptstadt nach dem Rückzug russischer Truppen die Leichen von mindestens 410 Zivilisten gefunden worden – viele mit gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster Nähe und Anzeichen von Folter. Die russische Regierung erklärte, das Ganze sei eine „inszenierte Provokation“ der Ukraine, für die Russland nicht verantwortlich sei. (ap)
EU arbeitet unter Hochdruck an neuen Russland-Sanktionen
Die EU arbeitet nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell unter Hochdruck an neuen Strafmaßnahmen gegen Russland. „Wir sind solidarisch mit der Ukraine und dem ukrainischen Volk in diesen düsteren Stunden“, teilte der Spanier am Montag nach Berichten über Gräueltaten in der Stadt Butscha mit. Die EU werde die Ukraine weiterhin nachdrücklich unterstützen und die Arbeiten an zusätzlichen Sanktionen gegen Russland als dringende Angelegenheit vorantreiben.
Was für Strafmaßnahmen vorbereitet werden und wann sie beschlossen werden sollen, teilte Borrell nicht mit. Die Arbeiten an Sanktionen seien wie immer vertraulich, sagte ein Sprecher am Mittag.
Über die aus befreiten ukrainischen Städten gemeldeten Gräueltaten zeigte sich Borrell im Namen der Mitgliedstaaten bestürzt und sprach von „Massakern“. „Die erschreckenden Bilder von zahlreichen zivilen Todesopfern und Verletzten sowie die Zerstörung ziviler Infrastruktur zeigen das wahre Gesicht des brutalen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und ihr Volk“, heißt es in der Erklärung. „Die Massaker in der Stadt Butscha und anderen ukrainischen Städten werden in die Liste der Gräueltaten aufgenommen werden, die auf europäischem Boden verübt wurden.“
Borrell machte zudem deutlich, dass aus Sicht der EU die russischen Behörden für die während der Besatzung verübten Grausamkeiten verantwortlich sind. Um die Täter und zuständigen Regierungsbeamten und Militärs zur Rechenschaft zu ziehen, unterstütze man uneingeschränkt die am Internationalen Strafgerichtshof eingeleiteten Ermittlungen sowie die Arbeit der Untersuchungskommission des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, teilte er mit. Auch helfe die EU dem ukrainischen Generalstaatsanwalt und der Zivilgesellschaft bei der Sammlung und Sicherung von Beweisen für Kriegsverbrechen. (dpa)
Merkel weist Selenskis Kritik an Russland-Politik zurück
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski an ihrer Russlandpolitik zurückgewiesen. Zugleich warf sie Russland in einer am Montag veröffentlichten Erklärung „Gräueltaten“ im Ukrainekrieg vor. Merkel verteidigte in der schriftlichen Stellungnahme ihre Entscheidung im Jahr 2008, den Wunsch der Ukraine nach Aufnahme in die Nato zurückzuweisen. „Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest“, erklärte eine Sprecherin.
In diesem Punkt hatte Selenski zuvor schwere Vorwürfe erhoben: Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten die Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis abgelehnt, aufgrund der „absurden Angst einiger Politiker“ vor Russland, sagte er am Sonntag in einer Videoansprache. Wegen dieser „Fehlkalkulation“ habe die Ukraine eine Revolution, acht Jahre Krieg im ostukrainischen Donbass und nun „den schlimmsten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“ erlebt.
In der Ansprache forderte Selenski die Altkanzlerin sowie Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy zu einer Reise in den von mutmaßlichen russischen Gräueltaten betroffenen Ort Butscha auf: „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse gegenüber Russland geführt hat“.
Merkel nahm in ihrer Erklärung nicht ausdrücklich Bezug auf diese Aufforderung; sie betonte aber ihre Unterstützung für die Anstrengungen zur Beilegung des Kriegs.
Ihre Sprecherin erklärte: „Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.“ (afp)
Kreml weist Vorwürfe der Gräueltaten an Zivilisten zurück
Der Kreml hat die Vorwürfe, russische Truppen hätten in der Ukraine Gräueltaten an Zivilisten begangen, entschieden zurückgewiesen. Zugleich regte Russland eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Thema an. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Montag, den ukrainischen Behauptungen, dass russische Truppen außerhalb der Hauptstadt Kiew Hunderte Zivilisten getötet hätten, sei nicht zu trauen. Er erklärte, dass „wir die Anschuldigungen kategorisch zurückweisen.“
Peskows Kommentar in einer Telefonkonferenz mit Reportern ging eine Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums voraus. Darin warf das Ministerium den ukrainischen Behörden vor, inszeniert zu haben, was die russische Seite als „Provokation“ bezeichnete, um Russland zu verleumden.
Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa hatte am Sonntag mitgeteilt, in Gebieten außerhalb der ukrainischen Hauptstadt seien nach dem Rückzug russischer Truppen die Leichen von mindestens 410 Zivilisten gefunden worden – viele mit gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster Nähe und Anzeichen von Folter. International wurden die Taten verurteilt und härtere Sanktionen gegen Moskau gefordert.
Peskow sagte, Fotos und Videos aus dem betroffenen Gebiet spiegelten nicht näher benannte „Manipulationen“ wider. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Fakten sorgsam zu analysieren und die russischen Argumente anzuhören, bevor Russland beschuldigt werde.
Russland hat eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Thema verlangt, was jedoch nach russischen Angaben von Großbritannien, das gegenwärtig den Vorsitz innehat, abgelehnt wurde. Peskow sagte, Russland werde sich weiter für die Sitzung einsetzen. Russland wolle, dass das Thema auf höchster Ebene erörtert werde. (ap)
Ukrainischer Botschafter kritisiert russischen Autokorso
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat einen großen Autokorso mit russischen Fahnen am Sonntag in Berlin scharf kritisiert. „Um Himmels willen, wie konnten SIE diesen Auto-Corso der Schande mitten in Berlin zulassen?“, schrieb Melnyk am Montag bei Twitter an Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und die Polizei. Giffey zeigte Verständnis für die Kritik und teilte mit, sie verstehe den Ärger. Der Autokorso, an dem laut Polizei rund 400 Fahrzeuge teilnahmen, sei als Demonstration gegen die „sich aktuell verschärfende Diskriminierung russischsprachiger Menschen in unserer Stadt“ angemeldet gewesen.
Melnyk betonte in seinem Tweet besonders, dass der Autokorso an dem Tag fuhr, an dem die russischen Massaker an ukrainischen Zivilisten in Butscha ans Licht gekommen seien.
Der Autokorso trug als angemeldete Demonstration offiziell den Titel: „Keine Propaganda in der Schule – Schutz für russischsprechende Leute, keine Diskriminierung“. Er startete an der Stadtgrenze im Nordosten Berlins und endete am Olympischen Platz im Westen. An zahlreichen Autos waren Fahnen in den russischen Farben Weiß-Blau-Rot zu sehen. Auch ein sogenanntes Z-Symbol zur Unterstützung des Angriffskrieges in der Ukraine sei gezeigt worden, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD). (dpa)
Giffey verurteilt russischen Angriffskrieg
Giffey betonte: „Ich verurteile jegliche Äußerung, die den russischen Angriffskrieg verharmlost oder legitimiert, auf das Schärfste.“ Daher sei das Auto mit dem in Berlin verbotenen Z-Zeichen herausgezogen worden. Der Vorgang werde jetzt strafrechtlich verfolgt. Des Weiteren wies Giffey darauf hin, dass für die Demonstration die Versammlungsfreiheit gegolten habe. Berlin stehe an der Seite der Ukraine. Sie stehe überdies in gutem Kontakt zu Melnyk und habe mit ihm mehrfach über die Hilfe für die Ukraine und die Versorgung tausender Flüchtlinge gesprochen.
Demonstrationen müssen in Berlin nicht von der Polizei genehmigt werden, sondern die Veranstalter teilen der Polizei nur Ort, Zeit, Titel und die erwartete Zahl der Menschen mit. Verboten werden kann eine Demonstration nur unter ganz bestimmten Umständen, wenn sie etwa den öffentlichen Frieden stört, indem gegen eine nationale, religiöse oder ethnische Gruppe zum Hass aufgestachelt oder zu Gewalt aufgefordert wird.
Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew hatten am Sonntag Fotos von getöteten Menschen in der zurückeroberten Stadt Butscha für Entsetzen gesorgt. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von „Völkermord“. (dpa)
Habeck gegen Gas-Embargo
Auch nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha lehnt die Bundesregierung ein sofortiges Embargo für russische Energie ab. Auf die Frage, ob ein solcher Schritt ausgeschlossen sei, egal was der russische Präsident Wladimir Putin tue, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in Berlin: „Wir arbeiten ja an der Unabhängigkeit von russischem Öl und von Kohle und Gas.“ Deutschland habe die Erdöl- und Erdgasförderung weitgehend eingestellt und sich gegen andere Lieferanten und Energieterminals entschieden. „Das bauen wir jetzt alles zurück und drehen es um“, sagte Habeck. Insofern gebe es jeden Tag Schritte zu einem Embargo.
Habeck kündigte zugleich seine Unterstützung für weitere Waffenlieferungen ohne Einschränkungen sowie ein neues Sanktionspaket an. „Die Lieferung von militärischem Gerät und Waffen sollte meiner Auffassung nach uneingeschränkt und in großem Umfang fortgesetzt werden“, sagte er. „Immer mit der Grenze, dass wir nicht selber Kriegspartei werden dürfen.“ Deutschland sei eine Verpflichtung zu Waffenlieferungen eingegangen. „Diese Verpflichtung darf nicht abreißen.“ Dies gelte für die von seinem Haus zu erteilenden Ausfuhrgenehmigungen uneingeschränkt.
Habeck sagte weiter: „Wir haben gesehen, wie wirksam die Sanktionen sind, wir haben auch gesehen, wo wir möglicherweise Umgehungstatbestände haben, wir haben gesehen, wo wir weitere russische Güter untersagen können und damit die russische Wirtschaft weiter destabilisieren und schwächen können, und ich gehe davon aus, dass das diese Woche dann in einem weiteren fünften großen Sanktionspaket seinen Niederschlag finden wird.“
Mehr als fünf Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine waren nach dem Abzug russischer Truppen in dem Kiewer Vorort Butscha Dutzende toter Zivilisten entdeckt worden. (dpa)
Großbritannien setzt sich für härtere Sanktionen ein
Die britische Außenministerin Liz Truss will sich bei ihrem am Montag anstehenden Besuch in Polen für schärfere Strafmaßnahmen gegen Russland einsetzen. „Putin muss noch zeigen, dass er es mit der Diplomatie ernst meint“, erklärt Truss. „Ein hartes Vorgehen des Vereinigten Königreichs und unserer Verbündeten ist unerlässlich, um die Ukraine in den Verhandlungen zu stärken.“
Die Londoner Regierung hat ihre Sanktionen mit anderen Ländern abgestimmt und zuletzt wiederholt für härtere Sanktionen geworben. (rtr)
Russland verstärkt Truppen in der Ostukraine
Russland verstärkt nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums seine Kräfte in der Ostukraine. Dies gelte für Soldaten und Söldner gleichermaßen, teilte das Ministerium am Montag in London unter Berufung auf die Geheimdienste mit. Die russischen Streitkräfte konsolidierten und reorganisierten sich weiter, während sie ihre Offensive in der Donbass-Region neu ausrichteten.
Russische Truppen würden ebenso in das Gebiet verlegt wie Söldner der privaten Gruppe Wagner, erklärte das Ministerium. Russland versuche immer noch, die Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes einzunehmen, in der seit Wochen heftige Kämpfe toben. Die Stadt sei weiterhin Gegenstand intensiver, wahlloser Angriffe, aber die ukrainischen Streitkräfte leisteten hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen Bereiche.
Das Ministerium fügte hinzu, Mariupol sei mit ziemlicher Sicherheit ein Hauptziel der russischen Invasion. Ihre Eroberung würde einen Landkorridor von Russland zum besetzten Gebiet der Krim sichern, die Moskau 2014 annektierte. (ap)
Arbeitsagentur-Chef: Flüchtlinge oft hoch qualifiziert
Flüchtlinge aus der Ukraine sind nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, eine Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt. „Das Qualifikationsniveau der ukrainischen Bevölkerung ist im internationalen Vergleich hoch“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel (Montag). Es sei davon auszugehen, dass etwa jeder zweite Geflüchtete über eine akademische Ausbildung verfügt, entweder wissenschaftlich ausgebildet ist oder einen Fachschulabschluss besitzt, der in etwa der dualen Ausbildung in Deutschland entspricht.
„Bei der hohen Fachkräftenachfrage und dem großen Mangel an Arbeitskräften in Deutschland sind wir über jeden dankbar“, sagte Scheele weiter. In der vorigen Flüchtlingskrise von 2014/2015 sei das Hauptanliegen gewesen, Menschen rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren: „Diesmal möchten wir die Menschen möglichst ausbildungsadäquat beraten und in Arbeit bringen, die ihrer Ausbildung entspricht.“
Frauen seien in der Ukraine laut Forschungsinstitut der Arbeitsagentur überwiegend in akademischen, technischen und medizinischen Berufen tätig gewesen, betonte Scheele. Gerade in höherqualifizierten Berufen seien aber Sprachkenntnisse nötig. Insofern entscheide das Angebot an Sprachkursen über den Erfolg der Arbeitsmarktintegration.
Wichtig sei auch das Angebot an Kinderbetreuung: „Beides muss ausgebaut werden.“ Der Chef der Arbeitsagentur fordert überdies eine raschere Anerkennung von Berufsabschlüssen. (epd)
Faeser will Ukraine-Flüchtlinge besserstellen
Die Bundesregierung will Flüchtlinge aus der Ukraine mit mehr Geld und besserer Versorgung unterstützen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will beim Bund-Länder-Gipfel am Donnerstag durchsetzen, dass die Grundleistungen für die Geflohenen auf Hartz-IV-Niveau angehoben werden, wie sie der Bild vom Montag sagte. „Viele der erwachsenen Geflüchteten sind gut qualifiziert, sie wollen sofort arbeiten“, sagte Faeser. „Für sie sind die Jobcenter bessere Ansprechpartner als die Sozialämter.“
Die Lasten müssten nun zwischen Bund, Ländern und Kommunen gerecht verteilt werden. „Wir wollen Geflüchtete aus der Ukraine keinesfalls schlechter behandeln als Menschen, die in Deutschland ein Asylrecht erhalten haben“, sagte Faeser.
Die Union warnte angesichts der Pläne vor zusätzlichen Anreizen für Flüchtlinge, nach Deutschland zu kommen. Vize-Fraktionschefin Andrea Lindholz (CSU) sagte der Bild: „Ein solcher Wechsel könnte erhebliche Pulleffekte innerhalb der Europäischen Union entfalten und wäre auch rechtstechnisch nicht sauber.“
Die bisherige Praxis sieht vor, dass Geflüchtete aus der Ukraine als anerkannte Kriegsflüchtlinge laut Aufenthaltsgesetz noch unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Damit bekommen sie weniger Geld als Hartz-IV-Empfänger.
Laut Asylbewerberleistungsgesetz stehen etwa einem Alleinstehenden derzeit pro Monat 367 Euro zu. Der Hartz-IV-Satz für erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer läge bei 449 Euro im Monat. (afp)
Polens Grenzschutz zählt rund 2,48 Millionen Geflohene
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich rund 2,48 Millionen Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische Grenzschutz am Montag auf Twitter mit. Allein am Sonntag waren es demnach rund 22.300 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vortag gewesen. Aus Polen in Richtung Ukraine hätten seit Kriegsbeginn am 24. Februar rund 457.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrainischen Truppen anschließen und gegen die russischen Truppen kämpfen. Andere kehren zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu kümmern.
Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind. Die Ukraine – flächenmäßig das größte Land in Europa – hatte vor Beginn des russischen Angriffs mehr als 44 Millionen Einwohner. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Staatsgrenze. (dpa)
Hafenstadt Odessa meldet weiteren Raketenangriff
Russische Truppen haben die südukrainische Hafenstadt Odessa nach Angaben der Regionalverwaltung in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen angegriffen. Dies teilte die Behörde auf Facebook mit. Einzelheiten sollten später bekanntgegeben werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.
Die Millionenstadt am Schwarzen Meer war bereits am Wochenende mit Raketen angegriffen worden. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es dazu, von Schiffen und Flugzeugen aus seien eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager in der Nähe der Stadt beschossen worden. (dpa)
Verbindung zwischen Kiew und Tschernihiw reaktiviert
Der Transport von Hilfsgütern zwischen der nordukrainischen Stadt Tschernihiw und der Hauptstadt Kiew soll von diesem Montag an wieder möglich sein. Ab 10 Uhr werde die Route entlang der Autobahn in beide Richtungen wieder aufgenommen, schrieb Verwaltungschef Wjatscheslaw Tschaus in der Nacht zu Montag auf Telegram. Demnach gibt es eine Gewichtsbegrenzung von fünf Tonnen. Außerdem werde stellenweise mit Staus gerechnet.
Russische Truppen hatten die Stadt Tschernihiw dicht an der Grenze zu Russland und Belarus seit Längerem eingekesselt. Von dort aus führt eine strategisch wichtige Straße 125 Kilometer nach Süden in die Hauptstadt Kiew. (dpa)
🐾 Russische Massaker in der Ukraine
Angesichts der Bilder aus dem Kiewer Vorort Butscha schreibt Dominic Johnson in der taz von einer neuen Dimension im Ukrainekrieg. Für den Leiter des Auslandsressorts weisen die Gräueltaten des russischen Militärs Charakterzüge eines Völkermords auf.
Ukraine wirft Russland Massaker an Zivilisten vor
Die Ukraine hat russischen Truppen Gräueltaten an der Zivilbevölkerung vorgeworfen und von Szenen des Grauens in Vororten Kiews berichtet. Rund um die Hauptstadt seien nach einem russischen Teilrückzug Leichen von 410 Zivilisten entdeckt worden, sagte die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa. Ukrainische Soldaten und Reporter der Nachrichtenagentur AP fanden Tote mit zusammengebundenen Händen, Schusswunden im Kopf und Anzeichen von Folter vor.
Präsident Wolodimir Selenski sprach von einem Genozid und warnte, dass mit der Rückeroberung anderer Gebiete von russischen Truppen weitere Gräueltaten offenbar werden könnten. Die Berichte und Bilder aus betroffenen Orten ließen internationale Rufe nach noch schärferen Sanktionen gegen Russland lauter werden. Das Verteidigungsministerium in Moskau wies Vorwürfe der Gräueltaten an Zivilisten im Großraum Kiew zurück.
Journalisten der AP in Butscha, einer kleinen Stadt nordwestlich der Hauptstadt, sahen die Leichen von mindestens neun Menschen in Zivilkleidung, die dem Anschein nach aus kurzer Distanz getötet wurden. Mindestens zwei hatten die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden. Die AP-Journalisten sahen zudem zwei in Plastik eingewickelte und mit Klebeband zusammengeschnürte Leichen, die in einem Graben lagen.
Die Behörden in der Ukraine erklärten, sie dokumentierten Beweise für die Strafverfolgung russischer Verantwortlicher wegen Kriegsverbrechen. Um sie zu verurteilen, werden Strafverfolger des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) ein Muster von Gräueltaten gegen Zivilisten während der russischen Invasion in die Ukraine nachweisen müssen.
Oleksij Arestowytsch, ein Berater Selenskis, verglich die Schauplätze in Butscha und anderen Orten nahe Kiew mit der Szenerie eines Horrorfilms. Einigen der Opfer sei in den Kopf geschossen worden, ihre Hände seien zusammengebunden gewesen. Einige Leichen hätten Anzeichen von Folter, Vergewaltigung oder Verbrennungen aufgewiesen, sagte Arestowytsch. Berichte über Folter und Vergewaltigung konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. (ap)
Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko beklagt „Genozid“
Einen Tag zuvor hatten AP-Journalisten gesehen, wie ukrainische Soldaten vorsichtig mindestens sechs Leichen von einer Straße in Butscha entfernten, von denen sie befürchteten, dass diese von russischen Soldaten mit Sprengfallen präpariert worden sein könnten. Anwohner sagten, bei den Getöteten handele es sich um Zivilisten, die ohne jede Provokation getötet worden seien. Dies konnte nicht unabhängig bestätigt werden.
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach mit Blick auf das Geschehen in Butscha und anderen Vororten der Hauptstadt gegenüber der Bild von einem Genozid. Ähnlich äußerte sich Selenksi, der in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CBS am Sonntag erklärte, die russischen Angriffe auf sein Land kämen einem Völkermord gleich. In einer Botschaft in der Nacht zum Sonntag ergänzte der ukrainische Staatschef, bei den Mördern handele es sich um „Freaks, die sich nicht anders zu helfen“ wüssten.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte wegen zunehmender Belege für an Zivilisten verübte Gräueltaten härtere Sanktionen gegen Russland. Er sprach von einem Massaker an Zivilisten. Am Sonntag twitterte er, die Tötungen seien „vorsätzlich“ und fügte hinzu, die „Russen versuchen so viele Ukrainer zu eliminieren, wie sie können.“
EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb bei Twitter, er sei schockiert von den Bildern der von der russischen Armee verübten Gräueltaten in der Hauptstadtregion. Er kündigte weitere EU-Sanktionen gegen Russland an. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der britische Premierminister Boris Johnson und der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian reagierten mit Entsetzen auf die Berichte. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte im „Bericht aus Berlin“ der ARD, dass sie erwarte, dass nun auch Energielieferungen aus Russland zur Debatte stehen würden. (ap)
🐾 Die Krim im Ukrainekrieg
Auf der Krim gibt es mehrheitlich Putin-Anhänger. Olena Popowa berichtet für die taz, wie sie die Stimmung auf der Halbinsel nicht mehr erträgt – und flieht.
Hier lesen Sie die Nachrichten zum Ukraine-Krieg vom Sonntag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!