+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Habeck kritisiert Chinas Haltung

Bei seinem Peking-Besuch hat der Wirtschaftsminister die chinesische Regierung vor wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Unterstützung für Moskau gewarnt.

Zwei Männer mit roten Bauhelmen gehen an Trümmern einer Energieanlage vorbei

Trümmer einer Energieversorgungsanlage in Charkiw Foto: dpa/Ukrinform

Habeck sieht Verhältnis zu China belastet

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die chinesische Regierung vor wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Unterstützung für Russland gewarnt. Deutsche und europäische Sicherheitsinteressen seien durch Russlands Krieg gegen die Ukraine direkt berührt, sagte Habeck am Samstag in Peking bei einem Treffen mit chinesischen Regierungsvertretern zu Klimafragen. Sein Gegenüber war der Vorsitzende der mächtigen Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie. Die Behörde soll die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft steuern.

„Wir würden anders und sicherlich nicht ganz so hart vorgehen bei der Analyse, wo wir Abhängigkeiten von Rohstoffen, von technischen Gütern haben, wenn es diesen Krieg beziehungsweise die Unterstützung in diesen Krieg von China gegenüber Russland nicht geben würde“, betonte Habeck. Die Dinge ließen sich nicht trennen. „Auch unser Verhältnis, unser direktes Verhältnis, ist jetzt schon negativ beeinflusst.“

Man könne nicht riskieren, dass Güter, die gegen die eigenen Interessen genutzt werden könnten, Russland erreichten, erklärte Habeck bei einer Pressekonferenz später am Tag in Shanghai. Güter aus Europa, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten – so genannte Dual-use-Güter, erreichten Russland über China. „Das sind technische Güter, die auf den Schlachtfeldern genutzt werden können“, warnte Habeck. Chinas Handel mit Russland sei im vergangenen Jahr um 40 Prozent gewachsen, ungefähr die Hälfte dieses Anstiegs sei bei Dual-use-Gütern zu verzeichnen. (dpa)

Farage kriegt Gegenwind für seine Äußerungen zum Ukraine-Krieg

Knapp zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Großbritannien hat der Chef der rechtspopulistischen Partei Reform UK, Nigel Farage, mit irritierenden Äußerungen über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine heftige Kritik auf sich gezogen. „Wir haben diesen Krieg provoziert“, sagte Farage in einem Interview mit dem Sender BBC. Premierminister Rishi Sunak sagte daraufhin am Samstag, Farages Behauptung sei „völlig falsch und spielt Putin nur in die Hände“.

In dem am Freitag veröffentlichten Interview sagte Farage dann auch noch, „natürlich“ sei der russische Präsident Wladimir Putin „schuld“ an diesem Krieg. Doch auf die Frage, was er von Putin halte, antwortete er, dass er ihn zwar als Person nicht möge, ihn aber als politischen Akteur bewundere, „weil er es geschafft hat, die Kontrolle über Russland zu übernehmen“.

Innenminister James Cleverly warf Farage vor, er habe „Putins abscheuliche Rechtfertigung für die brutale Invasion in der Ukraine wiederholt“. Der ehemalige konservative Verteidigungsminister Tobias Ellwood bezeichnete Farages Äußerungen in der Zeitung Daily Telegraph als „schockierend“. Der frühere britische Premierminister Winston „Churchill würde sich im Grabe umdrehen“, fügte er hinzu.

Kritik an Farage kam auch von der oppositionellen Labour-Partei. Der bei einem möglichen Wahlsieg von Labour als Verteidigungsminister gehandelte John Healey nannte die Äußerungen „schändlich“. Farages Haltung mache ihn „für jedes politische Amt in unserem Land untauglich“.

Farage tritt bei der Parlamentswahl am 4. Juli im Wahlkreis Clacton im Osten Englands als Kandidat seiner Partei an. In den jüngsten Umfragen liegt Reform UK derzeit an dritter Stelle hinter der Labour-Partei und den konservativen Tories von Premierminister Sunak.

Der ehemalige Chef der Brexit-Partei Ukip steht dem früheren US-Präsidenten Donald Trump nahe, der sich nach eigenen Angaben „großartig“ mit Kreml-Chef Putin versteht und im November voraussichtlich als republikanischer Präsidentschaftskandidat gegen Präsident Joe Biden antritt. (afp)

12 russische Raketen abgefangen

Die ukrainische Flugabwehr hat der ukrainischen Luftwaffe zufolge in der Nacht zwölf von 16 russischen Raketen und alle 13 Drohnen abgefangen. Der Luftalarm habe mehrere Stunden gedauert. Zwei Arbeiter in der Oblast Saporischschja seien bei Angriffen auf Energieanlagen verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden, teilt Gouverneur Iwan Fedorow auf Telegram mit. „Wir können mit Sicherheit sagen: Der Feind wird nicht haltmachen. Die Ukraine braucht Luftabwehrsysteme.“ (rtr)

Millionen Ukrai­ne­r*in­nen wieder ohne Strom

Nach neuen russischen Luftschlägen gegen die Energieinfrastruktur in der Ukraine haben Versorger weitere Stromausfälle in dem angegriffenen Land angekündigt. Wegen der Schäden durch die russischen Angriffe sei in der gesamten Ukraine mit stundenweisen Ausfällen bei der Versorgung zwischen 14.00 Uhr (13.00 Uhr MESZ) und 24.00 Uhr (23.00 MESZ) zu rechnen, teilte der Energiekonzern Ukrenergo (Ukrenerho) am Samstag mit.

Russland greift in seinem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg gegen die Ukraine immer wieder gezielt Objekte der Energieinfrastruktur an. Überall im Land laufen Instandsetzungsarbeiten.

Moskau hatte in der Nacht zum Samstag bei neuen Luftangriffen in den ukrainischen Gebieten Saporischschja und Lwiw (früher Lemberg) Energieinfrastruktur beschädigt. Zwei Menschen seien im Gebiet Saporischschja verletzt worden, teilte Ukrenergo mit. Details zu den Schäden nannte das Unternehmen nicht. Nach Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte griffen die Russen mit taktischen Bombern und mit Drohnen an.

Russland will mit den Angriffen auf die Energieinfrastruktur auch die Bevölkerung demoralisieren. Das Stromnetz brach zwar nicht zusammen, aber Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen saßen ohne Elektrizität und damit auch ohne Heizung und Wasser immer wieder im Dunkeln. Die Kiewer Wirtschaftshochschule KSE hat in einer Studie Gesamtschäden von 56,2 Milliarden US-Dollar (52 Milliarden Euro) an der Energieinfrastruktur ermittelt. Besonders betroffen waren demnach Elektrizitätskraftwerke, Stromleitungen und auch Anlagen des Öl- und Gassektors. (dpa)

Selenskyi: Ukraine ein Schritt weiter auf dem Weg in die EU

Die Ukraine ist nach Angaben ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einen großen Schritt weiter auf dem Weg in die EU. „Die Europäische Union hat den Verhandlungsrahmen für die Ukraine gebilligt – viele haben auf verschiedenen Ebenen dafür gekämpft“, sagte Selenskyj am Freitag in seiner täglichen Videoansprache. Damit könnten die Verhandlungen nun tatsächlich beginnen. Das sei ein „bedeutender Erfolg“.

Nach Selenskyjs Angaben hat Kiew bereits eine Verhandlungsdelegation für die Beitrittsgespräche gebildet. Der Staatschef zeigte sich davon überzeugt, dass die Verhandlungen erfolgreich verlaufen. „Die Ukraine ist und bleibt ein Teil des vereinten Europas“, sagte er. Daneben gratulierte er auch dem Nachbarland Moldau, mit dem die EU ebenfalls nächste Woche Beitrittsverhandlungen aufnehmen will.

Ein Glückwunsch und Dank ging zudem an die ukrainische Nationalmannschaft, die wenige Stunden zuvor im zweiten Gruppenspiel der Europameisterschaft die Slowakei nach einem frühen Rückstand noch mit 2:1 besiegt hatte. Der Sieg sei ein Mutmacher für die ganze Nation, sagte Selenskyj. Die Nationalelf habe gezeigt: Wenn die Ukrainer sich anstrengen, können sie jeden schlagen.

An der Front bleibt es laut Selenskyj allerdings schwierig. Während es gelungen sei, die Lage im Gebiet Charkiw zu stabilisieren, wo die Russen ihre jüngste Offensive gestartet haben, bleibe es im Gebiet Donezk weiter schwer. Selenskyj nannte dabei speziell den Raum Pokrowsk, wo das russische Militär täglich Dutzende Angriffe starte. (dpa)

USA verhängt Sanktionen gegen Kaspersky-Manager

Die US-Regierung hat Sanktionen gegen zwölf Führungskräfte des Software-Unternehmens AO Kaspersky Lab verhängt. „Die heutige Maßnahme gegen die Führung von Kaspersky Lab unterstreicht unser Engagement, die Integrität unserer Cyber-Domäne zu gewährleisten und unsere Bürger vor bösartigen Cyber-Bedrohungen zu schützen“, teilte das US-Finanzministerium am Freitag mit. Die Sanktionen verbieten amerikanischen Unternehmen oder Bürgern den Handel und Finanztransaktionen mit den betroffenen Führungskräften. Ihre Vermögenswerte in den USA werden eingefroren.

Am Donnerstag hatte die US-Regierung bereits ein Verbot des Verkaufs der Anti-Viren-Software von Kaspersky ab dem 29. September angekündigt. Zudem wurde das Unternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt. Ein Kaspersky-Sprecher bezeichnete die Sanktionen als „ungerechtfertigt und unbegründet“. Das Unternehmen bestritt jegliche Verbindungen zu einer Regierung oder Verbindungen zwischen den betroffenen Führungskräften und dem russischen Militär oder Geheimdienst.

Die USA stehen Kaspersky seit langem kritisch gegenüber. Im Jahr 2017 hatte das Heimatschutzministerium die Software des Unternehmens wegen angeblicher Verbindungen zu russischen Geheimdiensten von sämtlichen Rechnern der US-Bundesbehörden verbannt. Unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hatte die Regierung zudem einige US-Firmen gewarnt, Moskau könne mit Hilfe manipulierter Kaspersky-Software Schaden anrichten.

Kaspersky machte 2022 nach eigenen Angaben mit 220.000 Geschäftskunden in etwa 200 Ländern einen Umsatz von 752 Millionen Dollar. Auf der Webseite sind unter anderem der Vespa-Hersteller PiaggioPIA.MI und die Verkaufssparte von Volkswagen als Kunden aufgelistet. (rtr)

Niederlande liefern Ukraine weiteres Patriot-System

Die Niederlande liefern nach eigenen Angaben zusammen mit einem anderen Land der Ukraine ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot. Es sei gelungen, einen vollständigen Komplex zusammenzustellen, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Kasja Ollongren am Freitag der Nachrichtenagentur ANP zufolge. Die Flugabwehr ist für die Ukraine eins der wichtigsten Themen in diesem Krieg, um sich gegen die ständigen russischen Angriffe aus der Luft zur Wehr setzen zu können.

Ende Mai hatte die niederländische Regierung angekündigt, ein Flugabwehrsystem für die Ukraine aus verschiedenen Teilen zusammenbauen und dabei „Kernelemente“ liefern zu wollen. Zugleich hatte Ollongren damals europäische Partnerländer dazu aufgerufen, ebenfalls Teile zuzuliefern. Nun nannte sie das Land nicht, das bei der Zusammenstellung der Patriot-Batterie geholfen hatte. Die Bekanntmachung sei Angelegenheit der dortigen Regierung, sagte Ollongren. Die Flugabwehr sei aber wichtig für die angegriffene Ukraine, betonte die Ministerin.

Das Patriot-System aus den Niederlanden ist bereits das zweite in dieser Woche für Kiew, nachdem zuvor bereits Rumänien eins abgegeben hatte. (dpa)

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