+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Erneut Luftangriffe auf Kyjiw

Bei russischem Beschuss gab es mehrere Tote. Selenski sieht indes Russlands Niederlage nahen. Medien melden Durchsuchung wegen Nord-Stream-Anschlag.

Zerstörtes Wohnhaus

Die Luftangriffe auf Kyjiw halten an, auch in der Nacht zu Freitag war die Stadt weiter unter Beschuss Foto: Alex Babenko/dpa

Angriffswelle auf Kyjiw

Russland hat seine Angriffswelle auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw fortgesetzt. In der Nacht zum Freitag habe die russische Armee insgesamt 15 Marschflugkörper und 18 Kampfdrohnen auf Kyjiw abgefeuert, teilte das ukrainische Militär am Morgen mit. Alle Flugkörper seien von der ukrainischen Luftverteidigung abgefangen worden.

Auch der Chef der Kyjiwer Militärverwaltung, Serhij Popko, sprach von insgesamt rund 30 feindlichen Objekten, die zerstört worden seien. Über mögliche Opfer, etwa durch herabfallende Trümmerteile, war zunächst nichts bekannt.

Russland, das seit mehr als 15 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, beschießt Kyjiw derzeit besonders heftig. Im Mai etwa waren innerhalb eines Monats so viele Raketen, Marschflugkörper und Drohnen auf Kyjiw abgefeuert worden wie noch nie seit Kriegsbeginn. Bei einem der jüngsten Angriffe in der Nacht zum Donnerstag wurden auch mehrere Menschen getötet, darunter ein Kind. (dpa)

Medienbericht: Durchsuchung in Deutschland wegen Nord-Stream-Anschlag

Im Zuge der Ermittlungen zum Anschlag auf die Nord-Stream-Erdgaspipelines im vergangenen September haben Ermittler in Deutschland einem Medienbericht zufolge eine Wohnung durchsucht. Wie WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung am Donnerstag unter Berufung auf den Generalbundesanwalt berichteten, identifizierte das Bundeskriminalamt (BKA) eine Frau als Zeugin, ihre Wohnung sei Ende Mai durchsucht worden. Dem Bericht zufolge soll sie die ehemalige Lebensgefährtin eines Ukrainers sein, dem eine Beteiligung an dem Anschlag vorgeworfen werde.

Ermittler beschlagnahmten NDR, WDR und SZ zufolge das Handy der Frau und nahmen DNA-Spuren eines offenbar gemeinsamen Kinds der Zeugin und des Tatverdächtigen, um sie mit Spuren von der Segeljacht „Andromeda“ abzugleichen.

Die Jacht ist den Recherchen zufolge bisher die konkreteste Spur der Ermittler mit Blick auf die Nord-Stream-Explosionen, sie führt demnach ins Umfeld des ukrainischen Militärs. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Spur im Zuge einer sogenannten „False Flag“-Operation von anderen absichtlich gelegt worden sei.

Bereits im März war in ähnlichen Medienberichten über eine Beteiligung der Ukraine an dem Anschlag spekuliert worden. (afp/taz)

Schweizer Parlament stimmt gegen Waffenlieferungen

Das Schweizer Parlament hat eine Ausnahmeregelung für die Weitergabe von Rüstungsgütern an die Ukraine abgelehnt. Die Mehrheit der Abgeordneten im Nationalrat stimmte am Donnerstagabend gegen einen entsprechenden Vorschlag, der vom sicherheitspolitischen Ausschuss der großen Parlamentskammer erarbeitet worden war. Die „Lex Ukraine“ hätte vorgesehen, dass andere Staaten Kriegsmaterial aus Schweizer Produktion an die Ukraine liefern dürfen.

Die Gesetze der neutralen Schweiz verbieten die Unterstützung von Ländern, die an Kriegshandlungen beteiligt sind. Mit dieser Begründung verbieten die Eidgenossen bislang die Weitergabe von Panzermunition an die Ukraine, die vor Jahren von der Schweiz nach Deutschland verkauft wurde.

Die Befürworter einer Ausnahme argumentierten, dass die Schweiz die Ukraine stärker unterstützen und einen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten müsse. Die Gegner, darunter Grüne und Rechtskonservative von der SVP, befürchteten eine Verletzung der Neutralität und eine zu starke Annäherung an die Nato.

Mit dem Votum ist jedoch die Diskussion über eine grundsätzliche Änderung des Kriegsmaterialgesetzes noch nicht beendet. Unter anderem befasst sich der Sicherheitspolitische Ausschuss derzeit mit der Idee, die Weitergabe von Waffen und Munition zu erlauben, falls der UN-Sicherheitsrat oder zwei Drittel der UN-Vollversammlung einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg feststellen. (dpa)

Selenskyj: Russlands Niederlage kommt näher

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht nach dem europäischen Solidaritätsgipfel in Moldau eine Niederlage Russlands im laufenden Krieg näher kommen. Das Treffen mit den Staats- und Regierungschefs am Donnerstag sei bestmöglich genutzt worden, um Hilfe für die Ukraine zu mobilisieren und die Niederlage der „Terroristen“ zu erzwingen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft, die in Moldau nach dem Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) aufgezeichnet worden war. Der Zeitpunkt sei nahe, an dem Russland für seine Morde zur Rechenschaft gezogen werde, sagte er.

Selenskyj hatte in Moldau mehrere Staats- und Regierungschefs getroffen, die der von Russland angegriffenen Ukraine weitere Hilfe zusicherten. „Wir bereiten neue Entscheidungen für die Verteidigung der Ukraine vor, darunter Flugabwehr, Kampfflugzeuge und unser Vorstoß auf dem Boden“, sagte er. Vorbereitet würden auch ein Paket für Sicherheitsgarantien auf dem Weg in die Nato und ein Friedensgipfel zur Umsetzung von Kiews Vorschlägen für ein Ende des Krieges. Eine Kernforderung von Selenskyjs Friedensplan dreht sich um den Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. Russland lehnt das ab. (dpa)

Lage in Belgorod weiter angespannt

Indes blieb die Lage in dem an die Ukraine grenzenden russischen Gebiet Belgorod gespannt. Russlands Militär „vernichtete“ nach neuen Angriffen von ukrainischer Seite im Grenzgebiet laut offiziellen Angaben aus Moskau erneut mehr als 50 Kämpfer sowie Panzertechnik und Militärgerät. Das „Kiewer Regime“ habe am Donnerstag die Stadt Schebekino, wo auch ein Grenzübergang für Fahrzeuge liegt, beschossen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Am Nachmittag hatte das Ministerium mitgeteilt, einen Durchbruch von Kämpfern verhindert zu haben. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Menschen, die aus der Region flüchteten, sprachen von „verheerenden Zerstörungen“ in der Stadt, von denen das russische Staatsfernsehen nur einen Bruchteil zeige. Auf einem Video war zu sehen, wie das Dach eines langen Wohnblocks in Flammen stand. Die Region wird seit Tagen von Angriffen mit Toten und Verletzten erschüttert.

Einmal mehr bekannten sich das „Russische Freiwilligenkorps“ und die Legion „Freiheit Russlands“ zu den Attacken. Sie wollten Russland Freiheit, Frieden und Ruhe bringen, teilten die Kämpfer mit, die auf der Seite der Ukraine im Einsatz sind. Die ukrainische Regierung betont, nichts mit den Angriffen zu tun zu haben.

In der Ukraine gehören Tote, Verletzte und schwere Zerstörungen zum Alltag. Aber auch die russischen Grenzregionen klagen inzwischen über zunehmenden Beschuss von ukrainischer Seite. (dpa)

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