+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Iran in Krieg verwickelt?
Nach russischen Raketenangriffen sind hunderte Städte und Dörfer ohne Strom. Ukrainische Getreide-Exporte haben im Oktober laut Kiew fast das Vorkriegsniveau erreicht.
Ukrainische Getreide-Exporte fast auf Vorkriegsniveau
Die ukrainischen Getreide-Exporte haben nach Angaben der Regierung im Oktober fast wieder das Vorkriegsniveau erreicht. In den ersten 17 Tagen des Monats seien sie trotz der russischen Angriffe und der anhaltenden Blockade einiger Schwarzmeer-Häfen nur um 2,4 Prozent niedriger gewesen als im gleichen Zeitraum des Jahres 2021, wie Daten des Landwirtschaftsministeriums zeigen. Demnach hat die Ukraine im Oktober bisher 2,12 Millionen Tonnen Getreide exportiert, hauptsächlich Mais und Weizen, gegenüber 2,17 Millionen Tonnen im Vorjahreszeitraum. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hatte Russland Ende Juli einem Abkommen mit der Ukraine zugestimmt, die Blockade von drei Schwarzmeer-Häfen aufzuheben. (rtr)
Hunderte ukrainische Städte und Dörfer ohne Strom
Russland hat nach Angaben aus Kiew am Montag wichtige Infrastruktur in drei ukrainischen Regionen angegriffen. Dadurch seien nun hunderte Städte und Dörfer ohne Strom, erklärte Regierungschef Denys Schmyhal. Allein auf die Hauptstadt Kiew habe es fünf Angriffe gegeben.
Bei den Angriffen auf Kiew wurde nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko mindestens ein Mensch getötet. Unter anderem sei ein Wohngebäude von Drohnen angegriffen worden. Drei Menschen seien verletzt worden, erklärte Klitschko auf Telegram.
Bereits am Montag vergangener Woche hatte die russische Armee Kiew und zahlreiche weitere Städte der Ukraine angegriffen. Auch dabei wurde vor allem Infrastruktur zur Energieversorgung ins Visier genommen. Bei den Angriffen wurden mindestens 19 Menschen getötet und 105 weitere verletzt. Nach russischer Darstellung waren die massiven Angriffe die Antwort auf die Explosion auf der Krim-Brücke, für die Russland den ukrainischen Geheimdienst verantwortlich macht. (afp)
Baerbock kündigt 500 Millionen Euro Hilfe für Ukraine an
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kündigt finanzielle Hilfen für die Ukraine in Höhe von 500 Millionen Euro für die Ukraine sowie die Ausbildung von 15.000 ukrainischen Soldaten in der Europäischen Union an. Zudem müssten Menschen aus den illegal annektierten Gebieten im Osten der Ukraine befreit werden. Verantwortliche die sich weigerten, sich gegen ihr Land zu stellen, würden dort kaltblütig erschossen, so die Grünen Politikerin. „Die erneuten Drohnenangriffe, die wir auch rund um Kiew gesehen haben, die machen deutlich, mit welcher Brutalität dieser Krieg weiter fortgesetzt wird.“
Ukraine fordert Ausschluss Russlands aus G20
Die Ukraine fordert den Ausschluss Russlands aus der Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) sowie aus anderen internationalen Gruppen. Wer Befehle erteile, kritische Infrastrukturen anzugreifen, um Zivilisten erfrieren zu lassen, und wer eine totale Mobilmachung organisiere, um die Frontlinien mit Leichen zu bedecken, dürfe nicht mit den Staats- und Regierungschefs der G20 an einen Tisch sitzen, schreibt der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter. „Zeit, der russischen Heuchelei ein Ende zu setzen. Die Russische Föderation muss aus allen Plattformen ausgeschlossen werden.“ (rtr)
EU sucht Beweise für Irans Verwicklung in Krieg
Die Europäische Union sucht nach konkreten Beweisen für eine Beteiligung Irans am Krieg in der Ukraine. „Wir werden nach konkreten Beweisen für die Beteiligung suchen“, sagt Josep Borrell gegenüber Reportern bei seiner Ankunft beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba werde daran teilnehmen, fügt Borrell hinzu.
Die iranische Regierung bestreitet, dass sie an Russland Drohnen zum Einsatz in der Ukraine geliefert hat. Solche Nachrichten seien politisch motiviert und würden vom Westen verbreitet, sagt der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Nasser Kanaani, vor der Presse. „Wir haben keines der im Krieg befindlichen Länder mit Waffen versorgt.“ Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen eine Flut russischer Angriffe mit im Iran hergestellten Schahed-136-Drohnen gemeldet. Die russische Führung hat sich dazu nicht geäußert.
Die Vereinten Nationen (UN) fordern indes ein Ende der Drohnen-Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung. Der neue UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, erklärt, es gebe Berichte von Kollegen vor Ort über solche Angriffe. Es sei absolut wichtig, dass die Zivilbevölkerung nicht angegriffen werde. Das aber sei in dicht besiedelten städtischen Gebieten sehr schwierig, sagt der Österreicher vor der Presse. Die Achtung des internationalen Menschenrechts sei unabdingbar. Daher müsse deeskaliert werden. (rtr)
AKW Saporischschja erneut vom Stromnetz getrennt
Das Atomkraftwerk Saporischschja ist ukrainischen Angaben zufolge erneut vom Stromnetz getrennt worden. Russische Truppen hätten abermals Umspannwerke in von der Ukraine kontrolliertem Gebiet beschossen, teilt das staatliche ukrainische Energieunternehmen Energoatom mit. Das AKW werde nun über Dieselgeneratoren versorgt. Die Anlage war in den vergangenen Monaten immer wieder unter Beschuss geraten, was Sorgen vor einer Atomkatastrophe schürte. Russland und die Ukraine geben sich für die Angriffe gegenseitig die Schuld. (rtr)
Wenig Nachschub in der Südukraine
Die Nachschubprobleme der russischen Truppen im Süden der Ukraine haben sich nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes infolge der Explosion auf der Krim-Brücke am 8. Oktober verschärft.
Die Versorgungswege durch die annektierte Halbinsel Krim seien schwierig, die Lage der russischen Truppen in der gegenüberliegenden südukrainischen Region Cherson sei angespannt. Daher werde die Versorgung auf dem Landweg durch die Region Saporischschja immer wichtiger, twittert das britische Verteidigungsministerium aus dem aktuellen Geheimdienstbericht. Die russischen Truppen in der Südukraine würden vermutlich jetzt ihren Nachschub über die Hafenstadt Mariupol verstärken. (rtr)
Lambrecht verurteilt russische Luftangriffe auf zivile Ziele in Ukraine scharf
Bundesverteidigungsminister Christine Lambrecht (SPD) hat die jüngsten russischen Luftangriffe auf zivile Ziele in der Ukraine scharf verurteilt. „Was da mit der Bevölkerung geschieht, ist unfassbar. Es ist so belastend“, sagte sie am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Lieferung moderner Luftverteidigungssystemen sei daher momentan entscheidend.
„Luftverteidigung ist derzeit das Wichtigste, was die Ukraine braucht, um sich gegen diese Terrorangriffe zu wehren“, sagte Lambrecht. Russland habe seine Strategie geändert und greife gezielt Infrastruktur und zivile Ziele an.
Die Lieferung der restlichen drei von insgesamt vier Luftabwehrsystemen des Typs Iris-T SLM aus Deutschland wird nach Angaben der Ministerin allerdings erst „im Laufe des nächsten Jahres“ erfolgen können. Schneller könnten diese von der Industrie nicht bereitgestellt werden, sagte sie. Dies sei eine Folge des Sparkurses der vergangenen Jahre. Die Systeme stünden nicht „im Lager“.
Deutschland hatte vor wenigen Tagen ein erstes hochmodernes Luftabwehrsystem Iris-T SLM an die Ukraine geliefert, insgesamt ist die Bereitstellung von vier Systemen geplant. Im ZDF-„Morgenmagazin“ kündigte Lambrecht zudem an, die Ukraine auch in Sachen Winterausrüstung zu unterstützen. Dazu zählten Zelte oder Stromaggregate – „damit der kalten Jahreszeit getrotzt werden kann“. (afp)
Explosionen mitten in Kiew
Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew gab es am Morgen mehrere Explosionen. Betroffen sei der Stadtbezirk Schewtschenkiwskji, teilt Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Auch verschiedene Reporter*innen berichten davon, dass weitere Detonationen zu hören sind. Der Bezirk wurde bereits vergangene Woche von mehreren russischen Luftangriffen getroffen.
Nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtes wurde die Hauptstadt mit Kamikaze-Drohnen attackiert. „Die Russen glauben, das werde ihnen helfen, aber es zeigt nur ihre Verzweiflung“, erklärte der Leiter des Präsidialamtes, Andrij Jermak. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete, wie eine der Angriffsdrohnen auf ein Gebäude niederging, während Polizisten versuchten, die Drohne abzuschießen.
Jermak erklärte, die Ukraine brauche „mehr Luftverteidigungssysteme, und zwar so schnell wie möglich“. Er forderte „mehr Waffen, um den Himmel zu verteidigen und den Feind zu zerstören“.
Nach Angaben Klitschkos löste der Drohnenangriff ein Feuer aus und beschädigte mehrere Gebäude in Schewtschenkiwskyj. „Die Feuerwehr arbeitet. Mehrere Wohngebäude wurden beschädigt. Rettungskräfte sind vor Ort“, erklärte er im Onlinedienst Telegram. Der Bürgermeister veröffentlichte auch ein Bild, das ein verkohltes Wrack einer Kamikaze-Drohne zeigen soll. Angaben zu möglichen Toten oder Verletzten machte er zunächst nicht.
Aleksander Kamyschin, der ukrainischen Bahnchef, berichtete auf Twitter von Explosionen beim Kiewer Hauptbahnhof. Es gebe aber keine Verletzten und die Passagiere seien aber sicher. (afp, rtr, taz)
Unicef: Vier Millionen Kinder durch Krieg in Armut
Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben nach UN-Angaben vier Millionen Kinder in Osteuropa und Zentralasien in die Armut getrieben. „Kinder tragen die größte Last der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges“, erklärte die UN-Kinderhilfsorganisation Unicef am Montag.
Durch den Konflikt und die dadurch angeheizte Inflation sei die Zahl armer Kinder in Osteuropa und Zentralasien innerhalb eines Jahres um 19 Prozent gestiegen.
Die Unicef stützt sich bei ihrem Bericht auf Daten aus 22 Ländern. Demnach sind die Auswirkungen des Krieges auf Kinder in Russland und der Ukraine besonders stark. Auf Russland entfallen laut Bericht drei Viertel des Zuwachses an in Armut lebenden Kindern, dort stieg die Zahl armer Kinder durch die Kriegsfolgen um 2,8 Millionen. In der Ukraine stieg die Zahl armer Kinder wegen des Krieges laut Unicef um eine halbe Million. An dritter Stelle liegt Rumänien, wo die Zahl von in Armut lebenden Kindern um 110.000 stieg.
„Kinder in der gesamten Region werden in die schrecklichen Auswirkungen dieses Krieges hineingezogen“, erklärte Unicef-Regionaldirektor Afshan Khan. Sollten die betroffenen Kinder und deren Familien nicht rasch Hilfe bekommen, „wird der steile Anstieg der Kinderarmut nahezu sicher verlorene Leben, verlorenes Lernen und verlorene Zukunft bedeuten“. (afp)
Selenski will Getreideexporte steigern
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski hat vor dem Hintergrund zunehmender Drohungen Moskaus, das Getreideabkommen zu beenden, dessen Bedeutung für die Hungerbekämpfung betont.
Obwohl der Krieg die Exporte weiter behindere, habe die Ukraine seit dem Inkrafttreten des Getreideabkommens fast acht Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Seeweg ausgeführt, sagte Selenski am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. „Das sind mehr als 300 Schiffe. 60 Prozent der Menge sind nach Afrika und Asien gegangen.“ Er kündigte an, die Exporte weiter auszubauen.
Erst vor wenigen Tagen hatte Russland damit gedroht, den Getreidedeal zu stoppen und die ukrainischen Häfen wieder zu blockieren. Dafür gibt es zwei Begründungen. Im September schon hatte Russlands Präsident Wladimir Putin von „Abzocke“ gesprochen. Die Vereinbarung werde bezüglich der Lockerung von Sanktionen gegenüber russischen Lebens- und Düngemitteln nicht eingehalten.
Zuletzt führte der Kremlchef als Grund zudem die These an, dass die Ukraine vermutlich über den Seeweg den Sprengstoff für den Anschlag auf die Krim-Brücke geschmuggelt habe. Selenski setzte dem nun die Bedeutung der ukrainischen Getreideexporte für die Hungerbekämpfung entgegen. (dpa)
Rakete entfacht Feuer in einer Energieanlage
In einer Energieanlage in der Region Dnipropetrowsk ist dem dortigen Gouverneur zufolge ein großes Feuer ausgebrochen. In der Nacht sei dort eine Rakete eingeschlagen, teilt Valetyn Resnitschenko per Kurznachrichtendienst Telegram mit. „Drei feindliche Raketen wurden von unseren Luftverteidigungskräften zerstört“, schreibt der Gouverneur. „Eine Rakete hat eine Energieinfrastrukturanlage getroffen. Es gibt ein großes Feuer. Alle Dienste auf dem Gelände arbeiten.“ (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs