+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Ringen um Waffenruhe
Die Hamas sollen der Freilassung von zehn Geiseln zugestimmt haben. Über die Lieferung von Hilfsgütern und Israels Abzug aus Gaza wird weiter verhandelt.

Hamas stimmt Freilassung von zehn Geiseln zu
Im Ringen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen hat die radikalislamische Palästinenserorganisation der Freilassung von zehn israelischen Geiseln zugestimmt. Dies sei bei „schwierigen“ Waffenruhe-Verhandlungen mit Israel vereinbart worden, hieß es. Der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz im Gazastreifen warf Israel indes vor, bei Luftangriffen 22 Palästinenser getötet zu haben. Weitere zentrale Verhandlungspunkte, etwa die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen oder ein Rückzug der israelischen Armee aus dem Palästinensergebiet, seien weiter ungeklärt, hieß es von der Hamas mit Blick auf die Gespräche in Doha.
In die seit Wochen andauernden Verhandlungen um eine Waffenruhe und eine Geiselfreilassung war jüngst wieder Bewegung gekommen. US-Präsident Trump empfing Israels Regierungschef Netanjahu Anfang der Woche in Washington, um mit ihm über eine Beendigung der „Tragödie“ zusprechen. Gleichzeitig verhandeln Israel und die Hamas seit Sonntag in Katar in indirekten Gesprächen über ein neues Abkommen. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der internationalen Vermittler für eine 60-tägige Feuerpause. Ägypten und Katar vermitteln zwischen den beiden Konfliktparteien.
Netanjahu hatte während des Treffens mit Trump betont, seine Regierung konzentriere sich auf die Bemühungen um die Freilassung der verbliebenen Geiseln im Gazastreifen. Darüber hinaus sei die Vernichtung der Hamas weiterhin ein zentrales Ziel Israels. Israels Außenminister Gideon Saar bekräftigte seinerseits den Willen seiner Regierung zu einer Einigung. „Israel ist ernsthaft bestrebt, ein Geisel- und Waffenstillstandsabkommen zu erreichen. Ich glaube, dass das machbar ist“, sagte Saar am Mittwoch.
Auch Trump äußerte sich mehrfach zuversichtlich und betonte, dass auch die Hamas eine Waffenruhe wolle. Sein Sonderbeauftragter Steve Witkoff sagte am Dienstag, er hoffe auf eine Waffenruhe „bis Ende dieser Woche“. (afp)
Rakete aus dem Jemen abgefeuert
Das israelische Militär erklärte derweil am Donnerstagmorgen, eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen zu haben. „Nach den Sirenen, die vor kurzer Zeit in mehreren Gebieten Israels zu hören waren, wurde eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen“, schrieb das Militär auf X. Israels Armee hatte vor wenigen Tagen Ziele der Huthi-Miliz im Jemen angegriffen. Anfang der Woche attackierten Luftwaffe und Marine eigenen Angaben zufolge „Terrorinfrastruktur“ der pro-iranischen Miliz in den Häfen von Hodeida, Ras Isa und Salif.
Die Huthis kontrollieren einen Großteil des Jemen, darunter die Hauptstadt Sanaa. Im November 2023 hatten die Huthis damit begonnen, im Roten Meer und im Golf von Aden Handelsschiffe mit angeblichem Bezug zu Israel anzugreifen, darunter auch US-Handelsschiffe, eigenen Angaben zufolge aus Solidarität mit den Palästinensern. Die USA und ihre Verbündeten reagierten darauf seit Anfang 2024 mit Angriffen auf Huthi-Ziele im Jemen. (afp)
Hamas sieht weiter ungelöste Fragen bei Gaza-Gesprächen
Die islamistische Hamas sieht bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter ungelöste Streitpunkte. Dies seien die Bereitstellung von Hilfsgütern, der Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen sowie „echte Garantien für einen dauerhaften Waffenstillstand“, teilte die Terrororganisation mit. Über diese drei Kernfragen werde weiterhin verhandelt.
Die Terrororganisation widersprach damit Medienberichten, wonach die meisten Streitpunkte bereits geklärt worden seien. Die weiterhin ungelöste Frage sei der teilweise Rückzug der israelischen Streitkräfte während der Waffenruhe, hatten die US-Nachrichtenseite Axios sowie die Times of Israel gemeldet. Israel hat den Berichten zufolge inzwischen aber eine neue Karte vorgelegt, die einen weitergehenden Rückzug seiner Streitkräfte darstellt, als zuvor präsentiert. Dadurch sei ein bedeutender Fortschritt in den Gesprächen erzielt worden, hieß es.
Bereits vor Beginn der Gaza-Gespräche in der katarischen Hauptstadt Doha, die bereits seit einigen Tagen andauern, hatte die Hamas erklärt, sie sehe noch Klärungsbedarf in den drei besagten Punkten. Die Islamistenorganisation arbeite „weiter ernsthaft und positiv mit den Vermittlern zusammen, um die Hindernisse zu überwinden“, teilte die Hamas weiter mit. (dpa)
USA verhängen Sanktionen gegen UN-Berichterstatterin
Die USA verhängen Sanktionen gegen die UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanese. US-Außenminister Marco Rubio begründete dies damit, dass Albanese eine „Kampagne politischer und wirtschaftlicher Kriegsführung“ gegen die Vereinigten Staaten und Israel führe. Insbesondere habe die Italienerin das Vorgehen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Verantwortliche in den USA und Israel gefördert.
In einer Erklärung Rubios hieß es, Albanese habe sich für die internationalen Haftbefehle eingesetzt, die der IStGH im November gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und den damaligen Verteidigungsminister Joav Gallant erlassen hatte. Der Strafgerichtshof legt ihnen im Zusammenhang mit dem Gazakrieg Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zur Last. Was genau die US-Sanktionen umfassen, blieb unklar.
Darüber hinaus warf Rubio der Italienerin vor, internationale Ermittlungen und Strafverfolgung gegen US-Firmen und ihre Führungskräfte angeregt zu haben. Die USA reagieren damit auf einen Bericht, den Albanese vergangene Woche in Genf vorgelegt hatte. Darin warf sie 48 internationalen Firmen vor, zunächst von der „illegalen Besatzung und Apartheid“ Israels in den Palästinensergebieten profitiert zu haben und nun vom „Genozid“ im Gazastreifen. Namentlich nannte sie unter anderem Microsoft und die Reiseplattform Booking.com.
Die US-Vertretung bei der UNO in Genf rief UN-Generalsekretär António Guterres daraufhin auf, Albanese abzuberufen. Die Vertretung warf ihr „virulenten Antisemitismus“ und „anti-israelische Voreingenommenheit“ vor.
Israels Außenminister Gideon Saar nannte die US-Sanktionen gegen Albanese auf X eine „klare Botschaft“ an die Vereinten Nationen. Israels Regierungschef Netanjahu hält sich bis Donnerstag in Washington auf und war in den vergangenen beiden Tagen zwei Mal mit US-Präsident Donald Trump zusammengekommen, um über eine möglichen Waffenruhe im Gazastreifen zu beraten.
Albanese ist Juristin und seit Mai 2022 UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den Palästinensergebieten. Sie wurde vom Menschenrechtsrat mit Hauptsitz in Genf ernannt. In dieser Funktion spricht sie nicht für die Vereinten Nationen selbst. Sie hatte die israelische Militäroffensive im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert und gilt deshalb in Israel als unerwünschte Person. Sie nannte die Offensive etwa eine „staatlich organisierte, erzwungene Vertreibung und Ersetzung der Palästinenser“. (afp)
Tote bei Angriffen Israels in Gaza
Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind palästinensischen Angaben zufolge wieder mehrere Menschen getötet worden. Vier Palästinenser seien ums Leben gekommen und rund 20 verletzt worden, als ein Wohnhaus in der Stadt Gaza getroffen worden sei, hieß es. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf medizinische Kreise, unter den Toten sei auch ein Kleinkind. Israels Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu dem Bericht.
Palästinensische und soziale Medien veröffentlichten ein Video, das drei in Tücher und Decken gehüllten Leichen, darunter eine kleine, in einer Klinik zeigen soll. Die Echtheit der Aufnahmen konnte zunächst nicht bestätigt werden. Laut Wafa wurden in der Stadt Gaza im Norden des Küstengebiets zudem elf Menschen getötet und weitere verletzt. Auch bei diesem Angriff habe Israel das Haus einer Familie getroffen. Details zu den Opfern gab es zunächst nicht. Die israelische Armee sagte auf Anfrage, sie habe bei dem Angriff in der Nacht Mitglieder der Hamas in der Gegend getroffen. Diese hätten Terroranschläge auch gegen israelische Zivilisten geplant. Das israelische Militär habe vor dem Angriff Maßnahmen getroffen, um die Zivilbevölkerung zu schonen.
Die palästinensische Nachrichtenagentur meldete weitere tödliche Angriffe im Gazastreifen. Die Angaben ließen sich zunächst allesamt nicht unabhängig überprüfen.
Israels Militär teilte weiterhin mit, sie habe mit der Umstellung der Stadt Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen begonnen. „Die Truppen sind im Einsatz, um Terroristen auszuschalten und die terroristische Infrastruktur sowie die militärischen Kapazitäten der Hamas in dem Gebiet zu zerstören.“ Auch diese Angaben ließen sich zunächst nicht verifizieren. In Beit Hanun wurden am Montagabend fünf israelische Soldaten durch eine am Straßenrand platzierte Bombe getötet. (dpa)
Schiff nach Huthi-Angriff gesunken
Nach einem Angriff der Huthi-Miliz im Roten Meer ist das Frachtschiff „Eternity C“ gesunken. Nur sechs der 25 Besatzungsmitglieder seien bisher gerettet worden, teilte die EU-Militärmission Aspides mit. Damit könnte es rund 20 Tote gegeben haben. Während der stundenlangen Kämpfe um die „Eternity C“ am Dienstag hatte Aspides drei Tote gemeldet. Am Mittwochabend wurde weiter nach Überlebenden gesucht.
Die mit dem Iran und der Hamas verbündete Huthi-Miliz aus dem Jemen reklamierte den Angriff für sich und veröffentlichte am Mittwoch ein Video, das Raketenattacken auf den unter liberianischer Flagge fahrenden Frachter zeigte. Über Löcher im Rumpf drang Wasser ein und das Schiff begann zu sinken, wie im Video zu sehen war. Die Angreifer skandierten dabei Parolen gegen Israel und die USA. An Bord waren laut Aspides 21 Seeleute aus den Philippinen sowie ein Russe und drei Sicherheitsleute.
Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen haben die Huthi immer wieder Schiffe unter Beschuss genommen. Der Untergang der „Eternity C“ und der „„Magic Seas“ wenige Tage zuvor schürten aber die Sorge vor einer neuen Eskalation. (ap)
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