+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: 22 Tote bei Angriffen in Beirut

Die UN-Mission Unifil ist in Sorge um ihre Soldaten nach dem Beschuss durch israelische Truppen im Libanon. Die Kritik am israelischen Militär wächst.

Menschen inspizieren die Trümmer nach einem israelischen Luftschlag in Beirut

Menschen inspizieren die Trümmer nach einem israelischen Luftschlag in Beirut Foto: Mohamed Azakir/reuters

Sorge um Sicherheit von Blauhelm-Soldaten im Südlibanon

Nach dem Beschuss des Hauptquartiers der UN-Mission Unifil im Libanon wächst die Sorge um die Sicherheit der Blauhelmsoldaten in der Region. „Die Sicherheit und der Schutz der Friedenstruppen ist jetzt zunehmend in Gefahr“, sagte der Chef der UN-Friedensmissionen, Jean-Pierre Lacroix, vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.

Zuvor hatten israelische Truppen nach Darstellung der Vereinten Nationen das Unifil-Hauptquartier beschossen und dabei mindestens zwei UN-Soldaten verletzt. Es handelte sich um zwei Männer aus Indonesien, die leicht verletzt wurden. Israels Militär beschuldigte die Schiiten-Miliz Hisbollah, Gegenden in der Nähe von Stützpunkten der Blauhelm-Mission für ihre Zwecke zu missbrauchen.

Trotz der Gefahr wollen die Blauhelmsoldaten vorerst im Südlibanon bleiben. „Wir sind hier, weil der UN-Sicherheitsrat uns darum gebeten hat. Also bleiben wir, bis es für uns unmöglich wird, hier zu operieren“, sagte Unifil-Sprecher Andrea Tenenti. Die UN-Mission überwacht das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon seit Jahrzehnten. Daran sind mehr als 10.000 UN-Soldaten aus mehr als 50 Ländern beteiligt. (dpa)

22 Tote bei Angriffen auf Zentrum Beiruts

Bei israelischen Luftangriffen auf das Zentrum von Beirut sind nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministerium am Donnerstag mindestens 22 Menschen getötet worden. 117 weitere seien an zwei Angriffsorten verletzt worden, teilte das Ministerium mit.

Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AP, der vor Ort war, berichtete, dass der erste Angriff in der Gegend von Ras al-Nabaa die untere Hälfte eines achtstöckigen Wohnhauses getroffen zu haben schien und dass im Inneren des Gebäudes Explosionen zu hören waren. Zahlreiche Krankenwagen trafen am Tatort ein.

Der zweite Treffer in der Gegend von Burdsch Abi Haidar brachte ein ganzes Gebäude zum Einsturz, das in Flammen aufging.

Das israelische Militär teilte mit, es prüfe die Berichte über die Angriffe in Beirut. In den vergangenen Wochen hatte Israel häufig die Hochburgen der Hisbollah in den südlichen Vororten von Beirut angegriffen, aber eher selten das Zentrum der libanesischen Hauptstadt.

Mehrfach feuerte Israel gezielt auf Häuser, in denen sich Kommandeure der Hisbollah aufhielten. Der Hisbollah-Sender Al-Manar berichtete am Donnerstagabend, ein Versuch, das ranghohe Hisbollah-Mitglied Wafik Safa zu töten, sei gescheitert. Ob er sich in einem der beiden Gebäude befunden hatte, erwähnte Al-Manar nicht.

Vor den Angriffen auf Beirut am Abend hatten die libanesischen Behörden die Zahl der Toten innerhalb eines Tages mit 28 beziffert. Unter anderem wurden am Donnerstag im Süden des Libanons durch israelischen Beschuss auch zwei zwei Soldaten der UN-Beobachtermission Unifil verletzt. (ap)

Wachsende Kritik an israelischen Streitkräften

Unterdessen wächst die Kritik an dem israelischen Beschuss auf den Stützpunkt der Blauhelme. „Das ist inakzeptabel“, sagte der indonesische UN-Botschafter Hari Prabowo. Der Angriff auf den Unifil-Stützpunkt sei der Versuch, die Friedensmission und die internationale Gemeinschaft einzuschüchtern.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf der Nachrichtenplattform X, jeder vorsätzliche Angriff auf Friedenstruppen sei ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht. Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto sagte, der Beschuss könnte sogar ein Kriegsverbrechen darstellen. (dpa)

Klingbeil: „Keine uneingeschränkte Solidarität mit der Regierung Netanjahu“

Nach Auffassung des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil kann die israelische Regierung angesichts der aktuellen Eskalation in Nahost nur begrenzte Solidarität erwarten. „Wir haben eine uneingeschränkte Solidarität mit dem Staat Israel, ich habe keine uneingeschränkte Solidarität mit der Regierung Netanjahu“, sagte Klingbeil am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „maybrit illner“. Eine Debatte über die Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der israelischen Reaktion sei berechtigt, betonte Klingbeil.

Er warf der israelischen Regierung vor, dass es keinen richtigen Plan für die Zukunft gibt: „Was ist eigentlich der Plan, wie eine Stabilität und Ordnung in der Region aussehen kann?“. Deshalb sei der Druck von Seiten der USA, von Europa und Deutschland zur Waffenruhe und Freilassung der Geiseln, aber auch zur Zwei-Staaten-Lösung genau der richtige. (rtr)

Islamischer-Dschihad-Anführer im Westjordanland getötet

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben einen weiteren Anführer militanter Palästinenser im Westjordanland getötet. Dabei handele es sich um Muhammad Abdullah, den Chef des Netzwerks der Extremistengruppe Islamischer Dschihad in der Flüchtlingssiedlung Nur Schams, teilt das Militär mit. Er sei zusammen mit einem weiteren Extremisten bei einem Angriff in der Nähe der Stadt Tulkarm getötet worden. Abdullah soll den Angaben zufolge in eine Reihe von Anschlägen gegen israelische Soldaten verwickelt gewesen sein. (rtr)

Lokale Feuerpausen für zweite Runde der Polio-Impfungen in Gaza vereinbart

Ab Montag soll im Gazastreifen die zweite Runde der Impfung gegen Kinderlähmung starten. Rund 590.000 Kinder unter zehn Jahren sollen dann geimpft werden, wie Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell auf der Plattform X mitteilte. Dafür seien gebietsspezifische humanitäre Feuerpausen vereinbart worden. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Pausen von allen Parteien respektiert werden. Ohne sie ist es unmöglich, die Kinder zu impfen“, schrieb Russell. Die erste Runde der Polio-Impfungen im Gazastreifen war Anfang September gestartet worden. Die israelischen Streitkräfte hielten zeitlich und örtlich begrenzte Kampfpausen ein. (dpa)

IOM: Kaum Hilfe für flüchtende Menschen im Libanon

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat mehr Hilfe für die von den israelischen Angriffen geflüchteten Menschen im Libanon gefordert. Bisher gebe es nur minimale Unterstützung, für die Hunderttausenden, die durch die Luftangriffe und die Bodenoffensive Israels aus ihren Häusern vertrieben worden seien, sagte IOM-Regionaldirektor Othman Belbeisi am Donnerstag im Libanon. Es sei dringend notwendig, sichere Orte zu finden, an denen diese Menschen untergebracht werden könnten.

Nach Angaben der libanesischen Regierung sind durch den Konflikt zwischen der Hisbollah und Israel rund 1,2 Millionen Menschen zu Vertriebenen geworden. Belbeisi sagte, die IOM könne bisher 690 000 Geflüchtete bestätigen. Die Zahl werde aber wohl noch steigen.

Mehrere hunderttausend Menschen flohen allein ins benachbarte Syrien. Belbeisi sagte, die IOM habe bisher keine größere Fluchtbewegung in Richtung anderer Länder etwa auf dem Seeweg festgestellt. Möglicherweise sei das Risiko vielen zu groß. (ap)

Laut USA und Frankreich: Stärkung der libanesischen Armee nötig

Den USA und Frankreich zufolge braucht es eine Stärkung der libanesischen Armee für die Umsetzung einer wichtigen Resolution des UN-Sicherheitsrates. „Die Lösung für diese Krise ist nicht ein schwächerer Libanon. Es ist ein starker und wirklich souveräner Libanon, der von einer legitimen Sicherheitskraft geschützt wird, die von den libanesischen Streitkräften verkörpert wird“, sagte der stellvertretende US-Botschafter Robert Wood auf einer Sitzung des 15-köpfigen Sicherheitsrats.

Die internationale Gemeinschaft müsse ihre Bemühungen auf die Stärkung der libanesischen staatlichen Institutionen konzentrieren, so der Botschafter. Die UN-Friedensmission UNIFIL hat gemäß der 2006 verabschiedeten Resolution 1701 den Auftrag, die libanesische Armee dabei zu unterstützen, das südliche Grenzgebiet zu Israel frei von Waffen oder bewaffnetem Personal zu halten, das nicht dem libanesischen Staat angehört. (rtr)

Blinken zufolge große Besorgnis in Asien

US-Außenminister Antony Blinken zufolge gibt es in ganz Asien große Besorgnis über die Ausweitung des Nahost-Konflikts. Es herrsche auch große Sorge wegen der Not der Menschen im Gazastreifen, sagt Blinken vor der Presse nach dem Ostasien-Gipfel in Laos. Die USA und viele andere Länder wollten im Libanon helfen. Dort geht das israelische Militär vor allem im Süden verstärkt gegen die radikal-islamische Hisbollah-Miliz vor, greift aber auch immer wieder Ziele in der Hauptstadt Beirut an. (rtr)

Medien: Israel und USA nähern sich bei Iran-Plänen an

Bei der Planung eines möglichen israelischen Vergeltungsschlags gegen den Iran haben sich die Regierungen in Tel Aviv und Washington einem Medienbericht zufolge angenähert. Zwar seien die israelischen Vorstellungen noch immer etwas aggressiver als es sich das Weiße Haus wünschen würde, berichtete das US-Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf amerikanische und israelische Beamte.

Allerdings bewege man sich in die richtige Richtung, sagte demnach ein US-Beamter nach dem Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der Iran hatte in der vergangenen Woche rund 200 Raketen auf Israel abgefeuert. In Israel beriet das Sicherheitskabinett über Art und Zeitpunkt eines Vergeltungsschlags. (dpa)

Bericht: Iran droht arabischen Staaten bei Hilfe für Israel und USA

Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Katar wollen die USA einem Bericht zufolge bei einem möglichen israelischen Vergeltungsschlag gegen den Iran nicht unterstützen. Die vier Länder, in denen US-Truppen stationiert sind, hätten der US-Regierung mitgeteilt, dass ihre militärische Infrastruktur oder ihr Luftraum nicht von den USA oder Israel für offensive Operationen gegen den Iran genutzt werden dürften, berichtete das „Wall Street Journal“ („WSJ“) unter Berufung auf US- und arabische Beamte.

Im Falle eines israelischen Angriffs würde der Iran mit verheerenden Schlägen auf die zivile Infrastruktur Israels reagieren und Vergeltung an jedem arabischen Staat üben, der den Angriff unterstützt. Obwohl die iranischen Drohungen vage seien, hätten sie in den ölreichen Staaten die Sorge geweckt, dass ihre Öleinrichtungen getroffen werden könnten. (dpa)

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