Grundwasserpegel nach wochenlanger Dürre: Nasse Winter stellen Wasserversorgung sicher
In den letzten Wochen hat es in Norddeutschland kaum geregnet. Aufgrund der regenreichen Winter ist der Hamburger Grundwasserpegel trotzdem stabil.

Die Trockenheit der vergangenen Wochen illustrierte Hamburg Wasser bei einem Pressegespräch mit der Abweichung vom langjährigen Mittel: Im Januar und Februar hat es in der Metropolregion 80 bis 90 Prozent weniger geregnet als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020.
Auch das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) spricht von einem Rekorddefizit bei der Klimatischen Wasserbilanz, also der Differenz zwischen der Niederschlagsmenge und der potenziellen Verdunstung: „Laut den Auswertungen des Niedersächsischen Kompetenzzentrums Klimawandel (Niko) war das niedersächsische Wasserdefizit im März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nie so groß.“ Pro Quadratmeter fehlten 39 Liter.
Beruhigend weist das Landesamt darauf hin, dass die Bodenspeicher momentan noch ausreichend gefüllt seien. Das liegt daran, dass die beiden vergangenen hydrologischen Jahre (November bis Oktober) mit dem für die Grundwasserbildung entscheidenden Winter in der Mitte sehr niederschlagsreich waren. Im Hamburger Einzugsgebiet fielen 2022/23 rund 900 Millimeter Niederschlag, 2023/24 sogar 1.050 – soviel wie seit der Saison 1915/16 nicht mehr. Das langjährige Mittel liegt bei 770 Millimetern.
Björn Stiller, Hamburg Wasser
Die Trockenheit der vergangenen Wochen ist in den Hamburger Grundwassermessdaten zu erkennen. Im obersten der drei Hamburger Grundwasserleiter, der bis in eine Tiefe von 20 Metern reicht, ist der Stand etwas unter das langjährige Mittel gesunken – allerdings von einem hohen Niveau aus und im Rahmen der langfristig beobachteten Abweichungen.
„Grundwasserleiter sind sehr träge Systeme“, sagt der Hydrogeologe Björn Stiller, der bei Hamburg Wasser im Grundwassermanagement arbeitet. Träger noch als der oberste Grundwasserleiter reagieren die tieferen Schichten, in die das Niederschlagswasser allmählich hinabsickert. In all diesen Schichten gab es in den vergangenen 30 Jahren zwar durchaus kräftige Ausschläge nach oben und unten, sie glichen sich jedoch über die Zeit aus.
Bemerkenswert ist die Kurve für den tiefsten der drei Hamburger Grundwasserleiter im Bereich von 200 bis 400 Metern. Dort sank der Wasserstand seit 2013/14 drastisch und brach 2018/19 erstmals aus der langjährigen Bandbreite aus. 2022/23 erholte er sich noch schneller, reagierte in diesem Fall also überhaupt nicht träge. Stiller erklärt das mit der schieren Wassermenge, von der ein erster Schwung sich recht schnell in der Tiefe bemerkbar mache.
Wie sich das Grundwasser entwickelt, ist von Belang, weil Hamburg Wasser sein Trinkwasser komplett aus dem Grundwasser fördert, zwei Drittel davon aus dem tiefsten Leiter. Dabei liegt Hamburg hydrologisch günstig. „Wir haben hier sehr mächtige grundwasserleitende Schichten“, sagt Stiller. Gerade die unterste Schicht mit ihren filtrierenden Sandböden sei bestens geeignet für die Trinkwasserförderung. Über drei Grundwasserleiter zu verfügen, sei gegenüber anderen Großstädten ein Privileg.
Streit zwischen Hamburg und dem Landkreis Harburg
Das Grundwasser, um die mittlerweile fast 1,9 Millionen Einwohner der Großstadt zu versorgen, bezieht Hamburg Wasser allerdings nur zu 60 Prozent aus dem Gebiet des Stadtstaates, zu zwölf Prozent aus der Nordheide.
Hierüber gibt es Streit, seitdem der Landkreis Harburg 2019 die Förderung beschränkt und die bisherige „Bewillligung“ in eine „gehobene Erlaubnis“ verwandelt hat. Im Gegensatz zur Bewilligung könnte diese jederzeit mit nachträglichen Nebenbestimmungen versehen oder teilweise oder gar ganz widerrufen werden.
Das sieht Hamburg Wasser nicht als ausreichend an, um die Versorgung der wachsenden Großstadt auch in Zukunft zu gewährleisten. „Wir brauchen das sicherste Wasserrecht“, sagte Janne Rumpelt von Hamburg Wasser.
Während Hamburg Wasser die zugestandenen Fördermöglichkeiten zu gering waren, erschienen sie der Klosterkammer Hannover sowie einigen Privatleuten als zu umfangreich. Beide Seiten klagten, beide Klagen wies das Verwaltungsgericht Lüneburg 2021 ab. Beide Seiten gingen in Berufung. Das Verfahren läuft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!