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Siegfried Unseld und die NSDAPDer geheime Schuldmotor eines Verlegers

Siegfried Unseld war Mitglied der NSDAP. Dass der Suhrkamp-Patriarch es verschwieg, wirft ein irritierendes Licht auf die alte Bundesrepublik.

Der Verleger Siegfried Unseld in Frankfurt am Main, im April 1963 Foto: Abisag Tüllmann/bpk

Die Darstellung des Historikers Thomas Gruber in der Zeit vom 10. April ist überzeugend: Siegfried Unseld, als Suhrkamp-Chef Zentralverleger der alten Bundesrepublik, war Mitglied der NSDAP – Karteinummer 9 194 036 –, und zwar, alles andere wäre unplausibel, aus eigener Überzeugung.

Am 8. Juni 1942, auf den der Aufnahmeantrag datiert ist, waren Hitlers Armeen auf dem Höhepunkt ihrer Machtausdehnung, die Bürokratie des NS-Staates funktionierte hervorragend. Ein Versehen oder eine unwissentliche Parteiaufnahme sind so gut wie ausgeschlossen, zumal die Doktrin der NSDAP, „Partei der Überzeugten, nicht der Lauen“ zu sein, uneingeschränkt galt.

22 Jahre nach seinem Tod muss somit die Biografie Siegfried Unselds zwar nicht von Grund auf neu geschrieben, aber doch gründlich gegen den Strich gebürstet werden.

Nicht bekannt war seine Parteimitgliedschaft

Siegfried Unseld war im Juni 1942 17 Jahre alt. Dass er aus einem nationalsozialistisch gesinnten Elternhaus stammte, dass er dann Angehöriger der Wehrmacht war, am Kriegsende Marinefunker bei Hitlers Nachfolger Admiral Dönitz in Flensburg, das ist bekannt. Nicht bekannt war seine Parteimitgliedschaft, offenbar hat er sie ein Leben lang verschwiegen. Als neulich sein 100. Geburtstag feierlich begangen wurde, spielte dieser Aspekt keine Rolle.

Unbestritten bleiben die Verdienste, die sich Unseld erworben hat. Die Werke der großen Exilanten, von Adorno, Benjamin und Brecht, die Schriften von Peter Weiss zum Auschwitzprozess, viele andere Bücher, die zum Bildungsroman einer Bundesrepublik gehören, die sich nach vielen Umwegen schließlich doch der deutschen Schuld bewusst geworden ist, sie wurden von Unseld verlegt. Aber das lebenslange Beschweigen des Maßes der eigenen, wenn auch jugendlichen Verstrickung bleibt irritierend.

Alexander Cammann, Feuilletonredakteur der Zeit, spricht, um die beispiellose Energie Unselds nach dem Krieg zu erklären, von einem „geheimen Schuldmotor“. Das ist nicht abwegig. Und zu den Kosten, diesen Motor am Laufen zu halten, gehörte eine lebenslange Abspaltung. Jeden Autorenbrief, jede Reiseabrechnung hat er aufbewahrt, aber seine Parteimitgliedschaft vergessen? Der Bildungsroman der Bundesrepublik führte über krumme Wege.

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32 Kommentare

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  • Durch pures Glück war den Amerikanern im Herbst 1945 ein riesiger Datenschatz in die Hände gefallen. Denn eigentlich hätten die 10,7 Millionen Karteikarten in den letzten Tagen des "Dritten Reichs" noch schnell vernichtet werden sollen. Ein SS-Kommando hatte die 50 Tonnen Nazi-Akten im April 1945 bei einer Papiermühle in München abgeliefert.



    Doch der Besitzer weigerte sich, den Aktenberg zu vernichten und übergab den braunen Sondermüll an die amerikanischen Militärbehörden. Lediglich die Aufnahmescheine waren zum größten Teil vernichtet worden. Nur 600.000 sind erhalten geblieben.

    …waren zum größten Teil vernichtet worden. Nur 600.000 sind erhalten geblieben.



    Für die Datensätze interessierten sich westdeutsche Wissenschaftler und auch das Ost-Berliner Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Es dürfte immer wieder an Informationen aus der Berliner Archiv-Villa gelangt sein, vermutet ein ehemaliger Leiter der Behörde: Zu viele Menschen waren mit den Akten beschäftigt, um sie zuverlässig vom MfS fern halten zu können. Dabei wuchs schon bald in beiden deutschen Staaten der Wunsch, die Vergangenheit am besten einzumotten.



    Bereits 1964 hatte Genschers Mentor Thomas Dehler auf dem …

  • Geschätzter Dirk Knipphals - machens sich dess alles nicht doch a weng einfach & ist “gegen den Strich bürsten“ indemse dem Zeit-Geblase über den unstreitigen Be-fund hinaus - auf den Leim gehen?!

    Unstreitig hat Unseld - anders als viele - ja die meisten - nie einen Hehl daraus gemacht!



    Daß er zB als Pimpf & HJ-Führer (mit Bild in der Verlagsbiographie!) entsprechend seinem Elternhaus bis 1945 der Nazi-Ideolgie angehangen hat. Der Fund seiner NSDAP-Karte erwartbar - nur konsequent ist.



    Geschönter Blick auf die NS-Zeit



    Suhrkamp galt als Vorzeigeverlag in Sachen Aufarbeitung der NS-Zeit. Nun ist bekannt geworden: Der ehemalige Chef des Verlages Siegfried Unseld ist als Jugendlicher der NSDAP beigetreten. Eine erwartbare Enthüllung, sagen manche Literaturexperten.



    Suhrkamp-Verleger Unseld und seine NSDAP-Mitgliedschaft



    www.deutschlandfun...iedschaft-100.html



    & die dortigen Anmerkungen & Stellungnahmen

    & btw Warum so spät -



    Fiel mir als gebürtiger Hallenser sofort ein:



    Siegfried Unseld *1924/1942 & Hans-Dietrich Genscher *1927/1944 - NSDAP-Mitgl.?



    “Waas der war nicht in der Partei?



    Natürlich war der in der Partei. Wir waren hier alle …

    • @Lowandorder:

      Parteitag gesagt, wer an der formalen Mitgliedschaft bei der NSDAP Anstoß nehme, "der will einer Generation von jungen Menschen, die unter bestimmten Verhältnissen leben musste, die Lebensmöglichkeit, auf jeden Fall die politische Wirkungsmöglichkeit abschneiden". Da saß Genscher, den Dehler 1956 in die Bonner FDP-Fraktion geholt hatte, bereits als Bundesgeschäftsführer auf dem Podium. Auch in der DDR war man zunehmend bereit, über jugendliche Verirrungen aufstrebender Genossen hinwegzusehen. Wer sich mündlich zur eigenen NSDAP-Mitgliedschaft bekannte, musste sie im schriftlichen …

      musste sie im schriftlichen Kader-Fragebogen nicht mehr erwähnen. Das Geheimwissen diente Parteiführung und Staatssicherheit auch als nützliches Druckmittel.



      & (zB Guillaume =>)



      Das Document Center mit seiner NSDAP-Kartei war damals bereits ein brisantes Relikt aus der Besatzungszeit. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges konnten sich weder die Bundesregierung noch ihre US-Verbündeten entscheiden, was mit der braunen Erblast geschehen sollte. Immer wieder wurde die Rückgabe an die Bundesrepublik verschoben, die das Archiv längst finanzierte.…usw usf

  • Ja, man kann es ihnen natürlich vorhalten, den Siegfried Unselds, den Günter Grass', Walter Jens', Martin Walsers. Man kann es aber auch naheliegenderweise als das bewerten, was es tatsächlich war: eine Mischung aus Scham und Verdrängung über etwas, was man in diesem Fall tatsächlich als Jugendsünde bezeichnen kann. Denn politisch sozialisiert wurden die Jahrgänge 1923-1927 bereits im "Dritten Reich", an dessen Ende die Genannten zwischen 17 und 21 Jahre alt waren.



    Abgesehen von aller Selbstgerechtigkeit, die daher bei solchen Anklagen immer mitschwingt: das politische Klima der späten 60 und der 70er Jahre war einem selbstkritischen öffentlichen Bekennntnis in hohem Maße abträglich. Rechts wäre es im Sinne von "wir waren eben alle kleine Sünderlein", links im Sinne krudester Faschismustheoreien missdeutet und instrumentalisiert worden - einer öffentlichen Debatte hätte es in keinster Weise genutzt.



    Historisch weitaus und wichtiger und relevanter ist der Gesinnungswechsel, der hier zum Ausdruck kommt. Ohne diesen hätte sich die Bundesrepublik bei 9-10 Millionen ehem. NSDAP-Mitgliedern nämlich nie zur Demokratie entwickeln können.

    • @Schalamow:

      Das sehe ich genauso..

    • @Schalamow:

      "Historisch weitaus und wichtiger und relevanter ist der Gesinnungswechsel, der hier zum Ausdruck kommt. Ohne diesen hätte sich die Bundesrepublik bei 9-10 Millionen ehem. NSDAP-Mitgliedern nämlich nie zur Demokratie entwickeln können."

      1. Die Demokratie - d.h. der Parlamentarismus - wurde der BRD nach 1945 von den Siegermächten aufgedrückt und kam nicht von innen.

      2. Es war eine Demokratie mit zu viel zu vielen Antidemokraten, deren vermeintlicher "Gesinnungswechsel" oft nur äußerlich war.

      3. Die Wiederkehr faschistischer Parteien in Deutschland zeigt, dass faschistische Gesinnungen nie weg waren. Die alten Feindbilder sind die gleichen oder äquivalente Ersetzungen.

      4. Auch der deutsche Bellizismus ist zurück. Die Losung: "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!" ist heute prekär.

      5. "Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus›. Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›."



      (Ignazio Silone, Italienischer Schriftsteller, 1900-1978)

      Demokratie ist mehr als Form. Dessen Inhalt ist Mitbestimmung durch kritischen, wissenschaftlichen und politisch wirksamen Diskurs der Bevölkerung. Wo findet das statt?

      • @Uns Uwe:

        Das ist nun ein Potpourri ganz unterschiedlicher Aspekte, auf die im Einzelnen zu antworten den Platz sprengen würde.



        Natürlich ist der Gesinnungswechsel nicht von heute auf morgen erfolgt. Millionen ehem. "Volksgenossen" sind nicht 1945 schlagartig zu Demokraten geworden. Aber am Ende eben doch, die Auseinandersetzung mit dem NS-Regime begann - zögerlich, ja - Ende der 50er Jahre (Ulmer Einsatzgruppenprozess) und ein wesentlicher Liberalisierungsschub hat dann in den 60/70er Jahren stattgefunden. Genau dazu haben eben auch die oben Genannten einen nicht unwesentl. Beitrag geleistet. Und bei aller braunen Verseuchung in den Funktionseliten von Verwaltung, Justiz und Polizei und bei allen Versäumnissen sollte man daher auch die historische Leistung jener Führungsriege demokratischer Politiker, angefangen bei Adenauer, anerkennen. Ihnen ist es jedenfalls gelungen, was die von stalinistischen Kadern geschaffene DDR trotz allem ostentativen Antifa-Getue nie geschafft hat, nämlich eine Demokratie aufzubauen, die auch von der Mehrheit getragen wird. Daher verstehe ich auch Ihren letzten Satz nicht: Wer oder was verwehrt Ihnen denn aktuell Diskurs und Mitbestimmung?

        • @Schalamow:

          Die Geschichte der Läuterung der (West)Deutschen ist meiner Ansicht nach zu schön, um wahr zu sein. Auch in der DDR war der Antifaschismus zum Teil oberflächlich, dahinter haben sich rechte Milieus erhalten.

          Gegen die Rückkehr von Sozialabbau, Krieg und Unterdrückung gibt es keider keine Absicherung, oder sehen Sie eine?

          Demokratie muss mehr sein als nur Repräsentativität, nämlich WIRKSAME Mitbestimmung:

          "Wir bräuchten weniger Repräsentation und viel mehr Partizipation, das bedeutet: viel mehr direkt-demokratische Entscheidungen darüber, wie dieser politische Raum, den wir alle bewohnen, zu gestalten ist.

          Andreas Urs Sommer, Kulturphilosoph"

          www.deutschlandfun...ung-wagen-100.html

          Es dürfen auch nicht Wirtschafts- und Militärlobbyisten sagen, wo es lang geht. Tatsache ist aber, dass deren Stimmen 100-mal mehr Gewicht haben als die "normaler Bürger:innen".

          Also, wie wollen die Menschen ihre Städte bauen, wie wollen sie lernen und arbeiten, welche Innovationen wollen sie nutzen? Das kann wohl kaum von irgendwelchen Anzugträgern hinter verschlossenen Türen entschieden werde, auch wenn die wählbar sind.

          Hoffe, es ist so verständlicher.

  • Auch Günter Grass (Waffen-SS), Walter Jens (NSDAP) uvm (Mitglieder der NSDAP max. 8,5 Millionen) hatten das dunkle Geheimnis ihrer Vergangenheit wahrscheinlich innerlich abgespalten oder mit einem für Reststrahlung undurchlässigen Sarkophagen übermantelt.



    Anderen Prominenten wurde es auch nicht zum Verhängnis.



    "Der Magier des »Führers«



    Hokuspokus und »Heil Hitler!«



    Während des »Dritten Reichs« begeisterte er die Nazielite – nach 1945 war er einer der populärsten Entertainer Deutschlands: Raffiniert wie kein Zweiter zauberte Helmut Schreiber alias Kalanag die eigene NS-Vergangenheit hinfort."



    Quelle spiegel.de



    Sogar Verbrecher kamen als "Minderbelastete" davon, wenn ihre Kooperation nach der sog. "Stunde Null" nützlich war, hier handelt es sich aber um noch ganz andere Kaliber:



    "Wie Franz Josef Huber, Chef der "Gestapo-Leitstelle Wien" von 1938 bis 1944, völlig ungeschoren davonkam, weil er nach dem Krieg für CIA und BND arbeitete"



    www.derstandard.de...-franz-josef-huber

    • @Martin Rees:

      Booey. Kal anag - da legst di nieder -



      de.wikipedia.org/wiki/Kalanag

      • @Lowandorder:

        .Sim-sa-la-bim - ein krasser Zauberer & Magier - den Trick mit dem Glas und der Zeitung habe ich noch von meinem Großpapa gelernt 🫠 nur mit der längsten 🐉Schlange der Welt klappts nicht so 😉 der Kalanag konnte ja sogar Autos von der Bühne zaubern - also ein Klima Aktivist. Politisch gesehen, allerdings auch sehr krass , der Mann...😇



        Danke für den Link - wieder was über Zauberer dazugelernt. Trickser, Schwindler & Betrüger wurden sie genannt - da gibt's ja inne' Parlament wohl auch den einen oder anderen " Zauberer "...schmunzel 😉

  • Er war ein Abbild der Adenauerzeit, ihrer Wendehälse, Opportunisten, vermeidlichen Widerständler, innerliche Immigranten und Advokaten des Schlussstrich. Sie waren überall in Politik, Wirtschaft, Justiz und auch Kultur und Medien - über Jahrzehnte. Manche schafften es und wurden zu Säulenheiligen - und sind es bis heute.

    • @NormalNull:

      Sorry - ER - das ist ein grobes Mißverständnis



      Er sicherlich nicht



      & diese Fehleinschätzung geht in Teilen auch auf Dirk Knipphals Kappe 🧢 der ahnungslos oder vergeßlich auf die hohle Schaumblase der Zeit - diesem vor sich hindümpelnden aus der Zeit gefallenen Oma-Blatt - aufgekraucht ist • peinlich.



      Lovando s.o



      Unstreitig hat Unseld - anders als viele - ja die meisten - nie einen Hehl daraus gemacht!

      Daß er zB als Pimpf & HJ-Führer (mit Bild in der Verlagsbiographie!) entsprechend seinem Elternhaus bis 1945 der Nazi-Ideolgie angehangen hat. Der Fund seiner NSDAP-Karte erwartbar - nur konsequent ist.“



      Empfehle im übrigen die Reste des Netti⛓️⛓️



      Streichorchester 🎻🎻🎻 o.A. 🙀🥳🤣

  • Und kennt Ihr die Geschichte von Georg von Holtzbrinck? Mitgliedsnummer 2.126.353 bei der NSDAP, mit Kontakt zur Privatskanzlei Hitlers - und das wurde auch verheimlicht, bis dann mal nach Akquisitionen in USA, Vanity Fair einen Artikel im Jahr 1998 brachte. Und im selben Jahr behauptete Bertelsmann noch, dass der Verlag während Nazizeit geschlossen war.

    Unterdessen die Memoiren von Otto Braun, konnte ich nur in einem Antiquariat finden (die 1940 Exil-Auflage)...

  • Wie viele Leute haben nach Kriegsende denn ihre Mitgliedschaft öffentlich gemacht? So weit ich mich erinnere die Wenigsten, eigentlich fällt mir niemand ein. Filbinger, Kiesinger, Grass ("mich hat niemand danach gefragt") und andere wurden mit der Zeit enttarnt. Bekannt war eigentlich nur Strauss. Und wie viele Juristen, Lehrer, Beamte, die Parteimitglieder waren, übten nach NS-Ende weiter ihren Job aus und sorgten für ein eiskaltes Klima. Dass nun auch Suhrkamp dazu gehört, überrascht mich. Aber ich habe in meiner Jugend auch mal Mao gut gefunden.

    • @Michael Rupprecht:

      Auch wenn's irgendwie passen würde, aber Strauss war nie NSDAP-Mitglied.



      Wie im übrigen gerade in der frühen CSU manche Viten nicht so recht ins (vorgefertigte) Bild passen. Da hatten nämlich einige aus der Führungsriege im KZ gesessen: der erste Vorsitzende Josef "Ochsensepp" Müller (Buchenwald) sowie die Mitgründer Scharnagl und Hundhammer (beide Dachau).

      • @Schalamow:

        Bin ja selten ehra Meinung. Woll



        Aber zu letzterem packmer noch das aufgeklärte betuchte Bürgertum dazu - dann hamer die Hefe - aus der sich bis heute die CSU rekrutiert.



        Btw aus gleichem Grund gelang es dem Leugner mit der abgefallenen Hand - FJS & Markus eh nicht - nie den VGH München “an die Kandare zu kriegen!“ Chapeau

        unterm——



        Die Bay. VerwBl. immer gern gelesen & dero Kollegen ua in Schwandorf oder Wackersdorf herzlich begrüßt!

  • Grass, Unseld, Brüder im Geiste.

  • "Der Bildungsroman der Bundesrepublik führte über krumme Wege."

    das kann man wohl laut sagen!



    und offenbar der einzige, der sich dessen anscheinend inhaltlich (selbst-)bewusst war (das formale u. die finanzspritzen von cia u. kgb/kpdsu/sed haben ihn wohl weniger beschäftigt), war hermann hesse, - ein meister der krummen wege.

    das entsprechend krumme outcome dieser eliten wurde ab den 80gern diskursdominant, nachdem sie in den 2 jahrzehnten zuvor es als "moderne" (literatur z.b.) in die curricula, schulbücher etc. der gymnasien u. gymn.-zweige geschafft hatten.

    das ergebnis nimmt - im ersten 4tel des 21. jhs. - nicht wunder, - sogar selbstbekannt "religiös unmusikalisch" zu sein entgeht nicht der selbstgefälligen bräse, sich als brd-leithammel paulskirchen-pathos anzuheften. entsprechend wird jede adressierung der politischen probleme zw. wichtigen religionstropen/-noetiken, insb. transz. heils einerseits, und "vernünftigen", ums transzendente gekürzte "diskurs"-praktiken, -theo-rien und extrem überhöhte macht-/legitimitätsbedeutungen des diskursiven vermieden und davon ausgegangen, wer flüchtet/migriert stünde per se auf dem boden des gg.

    • @dos:

      Ihr Kommentar ist wesentlich schwerer zu lesen, als der gesamte Artikel! Die Wörter auszuschreiben und sich die Mühe der Groß und Kleinschreibung zu machen könnte helfen.



      Der Vergleich mit DOS und Windows 11 ist ganz treffend .

    • @dos:

      Gibt es einen Grund, warum Sie auf Großschreibung verzichtet haben?



      Das macht es nicht gerade leichter, Ihren Kommentar zu lesen. Richtig verstanden habe ich ihn auch nicht, außer, dass Sie offenbar mit der gegenwärtigen Diskussionskultur und denen, die sie prägen, nicht einverstanden sind.

      Noch eine Frage an Herrn Knipphals bzw. die Redaktion: Wieso wirft das Verhalten Unselds ein "irritierendes Licht" auf die alte Bundesfrepublik?

      Er ist doch nicht der erste Linke, der dieses Verhalten verschwiegen hat. Wenn noch mehr solcher Fälle bekannt werden und das dazu führt, dass die Überheblichkeit gedämpft wird, mit der manche seiner Generation oder der danach geborenen, das Mitläufertum vieler in der NS-Zeit vedammt haben bzw. noch immer verdammen, wäre das doch ganz gut.

      Auch eine realistischere Beurteilung der Person Unseld wäre möglicherweise auch sinnvoll.

      "Die meisten Kritiker der Elche ..." scheint sich in der Person Unseld mal wieder zu bewahrheiten.

      • @ PeWi:

        "Gibt es einen Grund, warum Sie auf Großschreibung verzichtet haben?"

        ja: infolge behinderung wg. chron. erkrankung muss/kann ich die tasten mit der maus auf der bs-tastatur nur nacheinander anschlagen. würde lieber klassische form wahren, aber ständig "shift" dazwischen ...

        "... Sie offenbar mit der gegenwärtigen Diskussionskultur und denen, die sie prägen, nicht einverstanden sind."



        genau! sie verstehen also recht gut, - wozu



        dann diese rhetorische pirouette?

        und dass dann hier nicht en detail u. in tiefe dargelegt ist, warum wer wie wann genau elitär versagt (hat), versteht sich wohl von selbst. hier reicht es nur für den hinweis auf das manko, transzendentale heilsperspektiven u.ä. im "rational"-evidenz-orientierten diskurs überhaupt zu adressieren, denn damit scheiden wesentliche u. oft handlungsleitende dispositive aus jedweder beratung bzw. analyse aus.

        • @dos:

          @ dos



          Vielen Dank für Ihre Antwort. Da bitte ich für meine Kritik an Ihrer Kleinschreibung um Entschuldigung. Aber Sie wissen vermutlich auch, dass es immer noch Leute gibt, die so etwas aus "politischen Gründen" machen.

          Was meine "rhetorische Pirouette" angeht, wären ein, zwei Beispiele schon hilfreicher gewesen, um zu verstehen, was Sie meinen.

          Nehmen Sie den Beitrag von @Uns Uwe: Der enthält zwar vor allem das bekannten Bild der 68er und ihrer geistigen Erben von der frühen Bundesrepublik, das ich für einseitig und falsch halte, aber da weiß ich, woran ich bin.

          Aber den letzten Satz Ihres zweiten Kommentars habe ich schlicht nicht verstanden. Vielleicht bin ich einfach zu dumm, vielleicht fehlen mir aber auch nur Ihre philosophisch-soziologischen Kenntnisse, um begreifen zu können, was Sie damit sagen wollen.

          • @ PeWi:

            was zugunsten transzendentalen heils getan wird, z. b. juden umbringen o.ä. , ist im rahmen der hiesigen u. "westlichen" diskurskonzepte, die doch konvivanz ermöglichen sollten, zumeist legitimatorisch (im sinne m.o.w "rationaler", diskurierbarer normativität) nicht einholbar o. gar überbietbar.



            das ist gemeint.



            s. a.: k.-o. apelhabermas.

  • Ein 17-jähriger - im Naziumfeld in Zeiten des II. Weltkrieges groß geworden - tritt in die NSDAP ein. Ich finde es durchaus menschlich, dass Herr Unseld dies später verdrängt hat.

    Heutige Feuilletonisten sind natürlich Menschen von überragender Integrität und Moral.

    By the way, auch der Autor hat die strikten Coronamaßnahmen als alternativlos angesehen. Retrospektiv war etliches falsch mit zum Teil verheerenden Folgen. Das Einzugestehen - wie war das noch mit Verdrängung und Herrn Unseld?

    • @independent:

      Vielleicht haben Sie mit Ihrer Einschätzung der Gründe des Parteieintritts von Unseld - und vieler anderer aus seiner Altersgruppe - gar nicht so unrecht.

      Aber Ihnen müsste doch klar sein, dass die Linksliberalen und Linken der "alten", wie der jetzigen Bundesrepublik, bei "gewöhnlichen Sterblichen" nicht so verständnisvoll waren und sind.

      Natürlich hätte Unseld seinen Parteieintritt öffentlich benennen und als Warnung aufzeigen können, wie schnell man unter bestimmten Bedingungen zum Opportunisten, oder gar Mittäter werden kann.

      Aber zumindest bei den "68ern", die sich ihren Eltern gegenüber ja moralisch so ungeheuer überlegen dünkten und völlig sicher waren, dass sie sich "damals" nie so verhalten hätten, wäre das wohl kaum gut angekommen. Vieleicht hätten sogar Grass und Jens ihn dafür verdammt und die Zusammenarbeit mit Suhrkamp beendet, oder beenden müssen, um sich nicht möglicherweise peinlichen Fragen auszusetzen.

    • @independent:

      Na supi, da sind wir dann ja erfolgreich bei "Impfbefürworter sind auch nicht besser als Nazis" angekommen. Glückwunsch!

      • @Systemknecht:

        Im Sinne von: "jeder macht mal Fehler" sicherlich.

        Wollen Sie wirklich dem Beitritt noch minderjähriger Jugendlicher zur NSDAP I'm Krieg irgendeine Unvergleichlichkeit des Bösen anhängen?

        • @Sonntagssegler:

          Hello strawman, my old friend...

  • Der Motor hat im Sinne der tätigen Reue dann aber gut funktioniert. Vielleicht haben wir ja ohne den ganzen Unfang erfassen zu können von vielen solcher Fälle profitiert. Auf jeden Fall besser als, die die es auch verschwiegen haben und unsere Gesellschaft mit ihren braunen Netzwerken unterwandert haben.

  • Ich möchte nicht den Stab über jemanden brechen, der mit siebzehn Mitglied der NSDAP geworden ist, ohne sich danach dort wesentlich zu engagieren.



    Man hätte bis 1945 vermutlich auch schlecht wieder austreten können und an der Front gab es wirklich Wichtigeres.