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SS-Lieder und RechtsrockAntifa verhindert Nazi-Aufmarsch in Berlin

Blockaden verhindern im Stadtteil Friedrichshain einen Aufmarsch von rund 850 Neonazis. Die Polizei nahm mindestens 85 Personen fest.

Nicht selbstverständlich: In Berlin-Friedrichshain hat die Polizei am Samstag Neonazis wegen Hitlergrüßen wie diesem festgenommen Foto: Christian Mang/rtr

Berlin taz | Rund 850 Neonazis haben sich am Samstagnachmittag in Berlin-Friedrichshain für einen Aufmarsch versammelt, doch antifaschistische Blockaden versperrten ihnen erfolgreich den Weg. Die Rechten kamen keine 50 Meter weit. Schon ihr Abmarsch hatte sich verzögert, weil der Staatsschutz ein bei der Versammlung abgespieltes SS-Lied überprüfte. Strafrechtlich relevant war das letztlich nicht.

Im Laufe der Veranstaltung nahm die Polizei nach eigenen Angaben insgesamt 85 Personen fest, mehrheitlich Teilnehmende der rechtsextremen Versammlung. Als Grund nannte sie verfassungsfeindliche Symbole, das Zeigen des Hitlergrußes und Verstöße gegen das Vermummungsverbot.

Eigentlich wollten die Neonazis rund 7 Kilometer quer durch den Stadtteil marschieren. Vom Ostkreuz sollte es über die Stralauer Allee, die Warschauer Straße und die Frankfurter Allee in die Rigaer Straße gehen. Diese ist für ihre teils linksradikalen Wohnprojekte bekannt. Vorab wurde die Demoroute behördlich jedoch auf den westlichen Teil der Rigaer Straße beschränkt.

Doch nicht einmal dorthin haben die Neonazis es geschafft. Denn Antifaschist*innen, laut Polizei Berlin waren es mehrere Tausend, blockierten die Nazi-Demo – und das auf vielfältige Weise: Ab 12 Uhr starteten an verschiedenen Orten entlang der Nazi-Route Gegenkundgebungen und Protestzüge. Angemeldet waren insgesamt elf Gegenveranstaltungen, zum Beispiel von den Gruppen Ostkreuz bleibt bunt, Omas gegen Rechts, Geradedenken und Queermany Berlin.

Entlang der Demoroute hatten sich Hunderte postiert, um dem rechten Aufmarsch lautstark zu begegnen. Auf dem Dach des Clubs About Blank waren Banner angebracht, mit Aufschriften wie „Antifa. Weiter. Machen“ und „FCK Nazipack“. Auch bei den Gegendemonstrierenden kam es laut Polizei zu Festnahmen, etwa aufgrund des Vorwurfs des Landfriedensbruchs.

Kleine Gruppen mit großem Hashtag

Vorab hatten sich verschiedene rechtsextreme Gruppen angekündigt. Wie der Tagesspiegel berichtete, waren darunter etwa die „Gersche Jugend“ aus Thüringen, die „Chemnitzrevolte“, die vom sächsischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Erstmals mobilisierte auch eine Gruppe, die sich im Netz als „Kampf Brigade Berlin“ inszeniert und dabei ungeniert den Hashtag „Nationalsozialisten“ verwendet.

Gekommen war auch die klassische Neonaziklientel. Sie trugen Thor-Steinar, eine beliebte Szene-Marke, und Shirts mit Aufschriften wie „Good Night, Antifa Scum“. Ihr Anheizer und Ex-AfD-Politiker Ferhart Sentürk gibt sich gern bürgerlich. Mit Parolen wie „Ob Ost, ob West, nieder mit der roten Pest“ und „Antifa, Hurensöhne“ heizte er seine überwiegend jugendlichen Anhänger an.

Diesmal bewarb der Möchtegern-Führer Sentürk den Aufmarsch auch mit einem Auftritt des rechtsextremen Musikers Hannes Ostendorf der Rechtsrock-Band „Kategorie-C“. Der Verfassungsschutz Bremen stuft die Band seit 2010 als „gewaltbereite Rechtsextremisten“ ein.

Erst am vergangenen Wochenende wurde in Sachsen-Anhalt ein Konzert der Band noch vor Beginn polizeilich verboten. In der gewaltbereiten neonazistischen Szene ist Ostendorf schon lange aktiv. 1991 war Ostendorf an einem Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Bremen beteiligt.

Dann spielte Sentürk auch noch das Lied „SS marschiert im Feindesland“ (Grüne Teufel). Sentürk's „Lieblingslied“, wie er sagte. Die Polizei prüfte das Lied. Verboten sei das laut einer Polizeisprecherin jedoch nicht, da es sich um eine abgewandelte Version handele.

Polizei eskortiert Neonazis

Schließlich durfte die Neonazi-Demo doch einige Meter laufen. Nach 50 Metern war jedoch wieder Schluss. In Kleingruppen wurden die Teilnehmenden zum Ostkreuz eskortiert. Der Veranstalter löste den rechtsextremen Aufmarsch nach etwa vier Stunden selbst auf.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Gruppierung um Sentürk im Friedrichshain aufmarschiert. Bereits Mitte Dezember vergangenen Jahres beteiligten sich rund 60 junge Neonazis an einem Aufmarsch in Berlin Friedrichshain. Antifaschistische Proteste samt Straßenblockaden sorgten dafür, dass der Aufmarsch im Dezember frühzeitig beendet wurde. Mehrere Tausend beteiligten sich auch damals an Gegenprotesten. Im Zusammenhang mit dem Aufmarsch im Dezember steht auch ein mutmaßlicher Neonazi-Angriff auf SPD-Mitglieder an einem Wahlkampfstand in Lichterfelde-Ost.

Im Februar dieses Jahres mobilisierten Sentürk und seine Gefolgschaft rund hundert junge Neonazis nach Berlin-Mitte. Ungestört verlief auch dies nicht. Die rechte Provokation wurde auch hier von Gegenprotesten und Straßenblockaden begleitet.

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11 Kommentare

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  • Der Adenauer -Bus ist ein feines Teil. Ich werde den zukünftig dauerhaft sponsern. Ansonsten war es kühles Wetter, ein guter Zusammenhalt bei den Antifas. Es konnte klargestellt werden, dass Friedrichshain für Nazis kein Aufmarschgebiet ist. Wir sehen uns beim nächsten Mal, wenn nötig.

  • "Ostkreuz bleibt bunt"

    ...und die Neonazis marschieren mit Ferhart Sentürk auf.

  • Die Bildunterschrift passt leider nicht zum Bild. Da wird kein Hitlergruß gezeigt, der junge Mann hat offensichtlich beide Arme ausgestreckt, wie bei Schlachtgesängen im Fußball üblich, ohne politischen Hintergrund. Finde ich nicht gut verzerrende Bildunterschriften zu benutzen, damit macht man sich unnötig angreifbar. Entweder man nimmt ein Bild, auf dem wirklich jemand den Hitlergruß zeigt, oder man nutzt eine andere Bildunterschrift, dass das widerliche Gesellen sind sieht man auch so.

    • @Dadaesda:

      War auch mein erster Gedanke.

  • Warum erwähnt ihr nicht, dass die Polizei Berlin friedliche Gegendemonstranten angegriffen hat? Pfefferspray und Knüppel kamen zum Einsatz. Ältere Menschen und Kinder waren involviert.

  • Sehr gut. Aber leider wird die Presse mehrheitlich wieder die "gewaltbereiten Autonomen" erwähnen und das löst beim Bürger einfach den "Magichnichtreflex" aus.



    Und "Demonstrationen von diesen Linken" sind ja sowieso verdächtig, schon immer.

    Aufgabe unseres Staates wäre es, da für ein Gleichgewicht zu sorgen. Also dass normale Leute NICHT von vorneherein die linke (oder grüne) Seite des Spektrums als verdächtig oder doof abtun.



    Dieses Vorurteil verhindert Vieles! Damit arbeiten die Nazis, darauf bauen sie.

    • @realnessuno:

      Klingt recht verschwörungstheoretisch.

      Wenn eine Mehrzahl der Verhafteten Rechtsextreme sind, ist nicht zu erwarten, dass "die Presse" das Gegenteil schreibt.

      Die Aufgabe unseres Staates soll es sein, darauf einzuwirken, wie die Öffentlichkeit Demonstranten wahrnimmt?

      Ein Staat ist kein Kindergarten.

      Dafür sind die Demonstranten schon selbst verantwortlich.

      Polizei und andere Teile des Staates sind nur für einen Teil des Faktenrahmens zuständig.

      Gilt für demonstrierende Rechtsextreme, Linksextreme, Islamisten, Palästinensersolidarische, Frauen, ...

  • Fachos bleibt einfach weg

  • Was soll man da noch sagen, außer: DANKE Antifa!

  • Es fängt wieder an, wann ziehen denn wieder die Neonazi Schlägertruppen durch die Straßen, ach ja ich vergaß das war ja die SA!

    Im Vergleich zum Jahr 2022 (20.967) stieg die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten im Jahr 2023 deutlich um 22,4 % auf 25.660 Delikte.

    Auch die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten stieg im Jahr 2023 um 13,0 % gegenüber dem Vorjahr (2023: 1.148, 2022: 1.016).

    Bei den rechtsextremistisch motivierten Körperverletzungsdelikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund ist eine Steigerung von 16,4 % festzustellen (2023: 874, 2022: 751). Ebenso stieg die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalttaten um 17,2% (2023: 933, 2022: 796).

    • @taz.manien:

      Die Covid-Jahre sind immer so eine Sache. Besser wäre es, vor-COVID und jetzt zu vergleichen.