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Rechte Gewalt in BrandenburgMann bei Angriff auf Flüchtlingsunterkunft verletzt

Junge Männer haben in Stahnsdorf ein Flüchtlingsheim angegriffen. Sie sollen „Heil Hitler“ gerufen haben, bei ihnen soll ein Messer gefunden worden sein.

Beschädigte Tür an der Geflüchtetenunterkunft in Stahnsdorf Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin taz | Eine Gruppe von jungen Männern hat in der Nacht von Freitag auf Samstag eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Stahnsdorf in Brandenburg angegriffen. Dabei soll ein Sicherheitsmitarbeiter verletzt worden und ins Krankenhaus gebracht worden sein. Laut der Märkischen Allgemeinen Zeitung, die zuerst über den Fall berichtet hatte, sollen auch Be­woh­ne­r*in­nen der Unterkunft attackiert wurden sein. Fotos, die der taz vorliegen, zeigen zudem eingeschlagene Fenster und Glastüren an dem Gebäude.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigte den Vorfall am Dienstagmorgen auf taz-Anfrage. Demnach ermittelt die Behörde gegen drei Tatverdächtige unter anderem wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung.

Wie eine Anwohnerin der taz berichtet, sei eine Gruppe von sechs oder sieben Personen gegen 0.45 Uhr in der Nacht zu Samstag durch die Stahnsdorfer Straße in der Nähe der Unterkunft gelaufen und habe lautstark rechte Parolen skandiert, unter anderem „Heil Hitler“.

Wenig später attackierte mutmaßlich dieselbe Gruppe das Geflüchtetenwohnheim. Die Angreifer hätten zunächst versucht, durch eine gesicherte Brandschutztür am Hintereingang ins Gebäude zu gelangen, erzählen Zeug*innen. Als ihnen dies nicht gelang, hätten sie das Fenster eines Badezimmers mit einer Flasche eingeworfen.

Großeinsatz der Polizei

Die hinzugerufene Polizei war mit einem großen Aufgebot vor Ort. Es seien Spürhunde und auch ein Helikopter eingesetzt worden, sagt die Anwohnerin.

Ein Fenster nach dem Angriff Foto: privat

Wenig später wurden in der Nähe der Unterkunft drei Tatverdächtige festgenommen. Bei einem der Männer sei ein Messer gefunden worden, berichtet der Tagesspiegel unter Berufung auf Polizeikreise. Die Festgenommenen seien bislang nicht im Bereich Rechtsextremismus polizeilich in Erscheinung getreten, heißt es.

Weitere Auskünfte wollte die Staatsanwaltschaft am Dienstag nicht erteilen. Die Behörde verwies auf die laufenden Ermittlungen.

Die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Stahnsdorf besteht aus zwei Übergangswohnheimen, die rund 300 Menschen Platz bieten. Stahnsdorf liegt an der südlichen Berliner Stadtgrenze im Brandenburger Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Bürgermeister: „Koordiniertes Vorgehen“

Der Bürgermeister der Gemeinde, Bernd Albers, sagte am Dienstag, er verurteile „den gewalttätigen Übergriff auf die Stahnsdorfer Gemeinschaftsunterkünfte auf das Schärfste“. Der Vorfall vermittele ein Bild von Stahnsdorf, das mit der Weltoffenheit der Stahnsdorfer nicht in Einklang zu bringen sei. „Gewalt gegen die Schwächsten der Gesellschaft ist besonders niederträchtig und feige“, so Albers von der Wählergruppe „Bürger für Bürger“ weiter.

Unterdessen kam es am Wochenende in Brandenburg nicht nur in Stahnsdorf zu einem mutmaßlich rechtsextrem motivierten Vorfall. In Dahlwitz-Hoppegarten und in Ahrensfelde ermittelt der polizeiliche Staatsschutz nach Hakenkreuz-Schmierereien. Auch in Fredersdorf-Vogelsdorf führt der Staatsschutz die Ermittlungen, nachdem eine Gruppe zu dem Lied „L'amour toujours“ volksverhetzende Parolen gerufen haben soll.

Zudem hatte es in den letzten Wochen zwei weitere Vorfälle im südbrandenburgischen Senftenberg gegeben: einen Angriff auf den alternativen Jugendclub Jamm sowie die Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags auf eine Geflüchtetenunterkunft.

Stahnsdorfs Bürgermeister Albers vermutet vor diesem Hintergrund „ein überregional koordiniertes Vorgehen“: „Solche und andere Einschüchterungsversuche durch rechte Gruppierungen gehören strengstens verfolgt“, forderte er am Dienstag.

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4 Kommentare

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  • Hoffentlich werden die Täter hart bestraft.



    Ich vertraue darauf, dass unser Staat geltendes Recht konsequent anwendet.

  • Hat man dazu schon etwas von Merz, Söder, Spahn etc. gehört?



    Was sollte man mit den Tätern tun? Remigration bringt da ja nichts.

  • Das ist mal ein nationaler Notstand. Aber das interessiert ja niemanden. Eine Einzeltat eines psychisch Kranken Geflüchteten ist nationaler Notstand. Politisch organisierte Gewalt/Terror im großen Stile interessiert unseren AfD Kanzler nicht. Richtig?

  • Warum ist ein Angriff auf ein Flüchtlingsheim, volksverhetzende Parolen zu „L'amour toujours“ oder ein Hakenkreuz nur mutmaßlich rechtsextrem motiviert?

    Ermutigt vom Migrant*innenfeindlichen Populismus der CDU traut sich hier niemand anders als gewaltbereite rechtsradikale Pöbel sein Gesicht zu zeigen.