Trumps Plan für den Gazasteifen: Bedrohliche Perspektiven
Eine Zwangsumsiedlung hunderttausender Menschen nach Jordanien hätte für die Monarchie schlimme Folgen. Der Gazastreifen muss palästinensisch bleiben.
D as Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem jordanischen König Abdullah war keineswegs ein angenehmer Smalltalk-Höflichkeitsbesuch. Die Zusammenkunft ähnelte schon eher einem gepflegten Showdown bei sehr ungleichen Kräfteverhältnissen. Als erster arabischer Staatschef betrat der jordanische König den Präsidentenpalast in Washington zur Zeit der zweiten Trump-Legislatur. Das ist kein Zufall.
Erst vor wenigen Tagen hatte sich der US-Präsident mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu getroffen und seine Pläne für eine dauerhafte Friedenslösung vorgestellt: die Palästinenser*innen nach Jordanien und Ägypten umzusiedeln, den Gazastreifen zu übernehmen und zur „Riviera des Nahen Ostens“ zu machen. Trump schlägt vor, Jordanien lehnt ab. Und hat dafür gute Gründe.
Ein Massenzustrom von palästinensischen Geflüchteten würde das Land, in dem die Menschen mit palästinensischen Wurzeln ohnehin schon mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung stellen, demografisch aus dem Gleichgewicht bringen. Trumps Plan einer Massenumsiedlung würde die spärlichen Ressourcen Jordaniens überbeanspruchen. Er würde das Ende einer Zweistaatenlösung bedeuten, an der der König unverändert festhält.
Die Zustimmung zu dem irrsinnigen Vorhaben des US-Präsidenten würde die innere Sicherheit Jordaniens bedrohen. Völlig unklar bleibt schon, wie eine Umsiedlung konkret ablaufen sollte. Freiwillig will kaum jemand den Gazastreifen verlassen, wie man Reaktionen entnehmen kann. Eine Zwangsumsiedlung würde sich nicht gut machen in der Weltöffentlichkeit. Doch so abstrus Trumps Plan auch klingen mag, unterschätzen sollte man den Präsidenten nicht.
Auch Konsequenzen für den Westen
Denn er hat mehrere Hebel parat, um ein Land wie Jordanien zur Kooperation zu zwingen, in erster Linie die riesigen finanziellen Hilfen, die die USA jedes Jahr an Jordanien weiterleiten. Gutes würde dabei nicht herauskommen: Nicht für den Nahen Osten, der dadurch noch explosiver werden könnte, als er ohnehin schon ist; und auch nicht für den Westen. Denn Jordanien trägt massiv zur Extremismusbekämpfung in der Region bei und beherbergt hunderttausende Geflüchtete, von denen ein Teil schon jetzt weiter nach Europa flieht.
Sollte die einzige Friedensoase in der Region ihren Frieden verlieren, wäre dies nicht nur für das Königreich schlecht. Und das ist vielleicht Jordaniens einzige Waffe im Schlagabtausch um Trumps Riviera-Fantasien. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese bloß strategisches Gerede und keine ernsten Absichten sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!