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Streit über Ukraine-Hilfen3 Milliarden Euro gesucht

SPD und Grüne sind sich einig, dass die Ukraine mehr Geld erhalten soll. Doch woher das kommen soll, da gehen die Meinungen auseinander.

Mal wieder Krach: Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Kabinettssitzung Anfang Januar Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Im Grundsatz liegen SPD, Grüne, FDP und die Union in der Frage beieinander: Die Ukraine soll im laufenden Jahr mehr Geld erhalten als die angedachten 4 Milliarden Euro, die gemäß dem Haushaltsentwurf aktuell vorgesehen sind. Es geht um zusätzliche 3 Milliarden Euro, mit denen die Ukraine ihre Luftabwehr weiter stärken soll. Doch bei der Bereitstellung dieses Geldes haben sich die Parteien im Wahlkampf in die Haare bekommen – und werden dabei immer grundsätzlicher.

Kernpunkt der Auseinandersetzung ist, ob für die zusätzlichen 3 Milliarden Euro, mit denen die Ukraine unter anderem ein neues Patriot-Flugabwehrsystem finanzieren soll, neue Schulden aufgenommen werden. So sieht es die SPD und besteht darauf, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags über die Frage in seiner nächsten Sitzung am 29. Januar berät. „Wir reden über Bestellungen, die hinzukommen sollen, die müssen durch Schulden finanziert werden“, sagte Bettina Hagedorn, SPD-Politikerin und stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses am Dienstag der taz.

Für Hagedorn geht es bei der Frage auch um Legitimität. „Dass wir die zusätzlichen Mittel schnell beschließen müssen, da bin ich ganz bei den Grünen. Aber das muss im Haushaltsausschuss geschehen und nicht in der Bundesregierung.“ Die Bundesregierung könne bei den Ausgaben nicht machen, was sie wolle. „Wir haben als Haushaltsausschuss die Hosen an, insbesondere wenn es sich um 3 Milliarden Euro handelt.“

Sebastian Schäfer, der für die Grünen im Haushaltsausschuss sitzt, sieht es anders. „Die 3 Milliarden Euro wären eine überplanmäßige Ausgabe, die dann zu Lasten des allgemeinen Haushalts finanziert wird“, sagte er der taz. Er verweist damit auf den Artikel 112 im Grundgesetz, der „im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben“ unter Zustimmung des Finanzministers erlaubt.

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FDP gegen Schuldenaufnahme

„Die Einschränkungen, die der Bundeskanzler sieht, kann ich nicht erkennen“, sagte Schäfer. Auch 2024 seien mehr als 7 Milliarden Euro an Rüstungshilfe an die Ukraine geflossen, diesen Wert gelte es für 2025 wieder zu erreichen. Er sieht auch keine Notwendigkeit für eine neue Schuldenaufnahme: In der vorläufigen Haushaltsführung, die nun gelte, bleibe viel Geld übrig. Diese Mittel könne man für die zusätzliche Militärhilfe verwenden.

Der Grünen-Politiker sieht auch keine Notwendigkeit, dass der Haushaltsausschuss in der Frage abstimmt. Seiner Meinung nach reiche es, wenn der Ausschuss eine Entscheidung der Bundesregierung zu den zusätzlichen Rüstungshilfen formal zur Kenntnis nehme. Dafür brauche es dann dennoch eine Mehrheit in der Sache.

Ähnlich argumentiert auch die FDP, für die eine neue Schuldenaufnahme keine Option sein dürfte – schließlich war genau an dieser Frage die Koalition im November zerbrochen. „Wir haben für zusätzliche Ukraine-Hilfen in Höhe von 3 Milliarden Euro schon im November Zustimmung signalisiert“, sagte FDP-Chef Christian Lindner der Mediengruppe Bayern. Diese Summe sei „problemlos“ finanzierbar, ohne die Schuldenbremse per Notlagenbeschluss auszusetzen. „Das geht beispielsweise als außerplanmäßige Ausgabe.“

Auch Lindner verweist damit auf den Artikel 112 im Grundgesetz für außerplanmäßige Ausgaben. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs sind dabei aber die Zusätze aus der Bundeshaushaltsordnung (BHO) zu beachten. Dort ist nach Paragraf 37 etwa geregelt, dass „über- und außerplanmäßige Ausgaben über 100 Millionen Euro der Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages bedürfen, sofern keine Rechtsverpflichtungen zu erfüllen sind“.

Kritik an den Grünen

Die Haushaltspolitikerin der Linken-Gruppe im Bundestag, Gesine Lötzsch, bezweifelt unterdessen, dass für die zusätzlichen Ukraine-Hilfen die im Grundgesetz-Artikel als Bedingung angegebene „unvorhergesehene und unabweisbare“ Natur gegeben sei. Sie stellte außerdem infrage, dass die 3 Milliarden Euro an zusätzlichen Ausgaben im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung zu stemmen wären.

Deshalb müsse der Bundestag über diese Frage abstimmen, sagte Lötzsch der taz. „Die Grünen nutzen den furchtbaren Krieg für ihre Wahlkampfzwecke“, sagte sie der taz. Robert Habeck und Annalena Baerbock gehe es weniger um Frieden in der Ukraine, „sondern mehr um vorgezogene Koalitionsverhandlungen mit Friedrich Merz“, warf sie den Grünen vor.

Die technischen Fragen, die bei den 3 Milliarden Euro an zusätzlichen Rüstungsmitteln für die Ukraine nun verhandelt werden, sind also längst zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung geworden. Die SPD sieht sich dabei mit dem Vorwurf konfrontiert, die Ukraine wegen ihrer Haltung im Regen stehenzulassen.

Unterdessen traf Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag zu einem überraschenden Besuch in Kyjiw ein. Ziel der Reise sei die Abstimmung der weiteren Kooperation und Unterstützung der Ukraine, hieß es aus dem Verteidigungsministerium.

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16 Kommentare

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  • Ich frage mich immer wieder, weshalb so viele hier im Forum glauben, dass Appeasement den russischen Diktator aufhalten würde.

    Putin führt längst Krieg gegen die demokratischen Länder. Die "Armee" die jetzt schon für ihn kämpft besteht in erster Linie aus Sabotage (siehe Ostsee), asoziale Medien (Verbreitung von Lügen, die von Dummen geglaubt werden), AfD und BSW (die wollen Russlands Terrorkrieg wieder massiv unterstützen, indem die Sanktionen eingestellt werden und wieder blutiges Gas importiert wird).

    Glaubt hier irgendjemand, dass er aufhören würde, wenn ihm die Ukraine ausgeliefert wird und wir unterwürfig sagen, "Hier hast du deine Gummibärchen, bitte, bitte gib jetzt Ruhe."

    Mit sehr viel Wohlwollen bezeichne ich es als extrem naiv zu glauben, es würde aufhören, wenn wir ihm 40.000.000 Menschen zum Fraß vorwerfen. Vielleicht heißt es dann nicht mehr Krieg in der Ukraine, der Terror würde aber bleiben.

  • Wahlkrampf. Macht es nach der Wahl.

  • Jeder weitere Euro verlängert das Leiden und die Zerstörung in der Ukraine. Putin wird militärisch niemals besiegt werden, weil er als Ultima Ratio sein Atomarsenal hat. Das wissen auch die Amerikaner.

    Putin wird auch nicht "weiter rollen", dazu ist er konventionell viel zu schwach und hätte gegen Westeuropa keine Chance. Das weiß er, freut sich aber über jeden, der Angst davor hat.

    Zu einem Frieden, auch einem "Diktatfrieden", gibt es keine Alternative.

    • @drrainerklimkeaufalarich:

      Nach dieser Logik müssten wir auch zum DIktatfrieden bereit sein, wenn Putin z.B: das Baltikum oder Ostpolen will? Schließlich hat er ja immer noch seine Atomwaffen. Frage: Was haben den USA in Vietnam und den Russen in Afghanistan ihre Atomwaffen geholfen?

    • @drrainerklimkeaufalarich:

      "Putin wird militärisch niemals besiegt werden, weil er als Ultima Ratio sein Atomarsenal hat. " Das heißt jeder Nachbar Russlands sollte sich atomwaffen beschaffen

      "Putin wird auch nicht "weiter rollen", dazu ist er konventionell viel zu schwach und hätte gegen Westeuropa keine Chance." Westeuropa vllt. nicht aber das Baltikum wäre schon drin.

      "Zu einem Frieden, auch einem "Diktatfrieden", gibt es keine Alternative." Im Moment sehen die Ukrainer das anders und kämpfen weiter, was wollen sie machen in der West Ukraine einmarschieren und die Ukraine zwingen?

      "Jeder weitere Euro verlängert das Leiden und die Zerstörung in der Ukraine." Weiter gelitten wird unter russischer Besatzung auch dann kommt es nur nicht mehr in der Tagesschau vor.

    • @drrainerklimkeaufalarich:

      "Jeder weitere Euro verlängert das Leiden und die Zerstörung in der Ukraine."



      Sie argumentieren hier ein wenig unredlich, indem Sie implizit unterstellen, die Einstellung der Unterstützung würde das Leiden der Ukrainer beenden.



      Wie ein kurzer Blick in die Realitäten der besetzten Gebiete zeigt, ist das nicht der Fall.



      Insofern ist Ihre argumentative Gegenposition schlicht nicht existent.

      "Putin wird militärisch niemals besiegt werden"



      Erwiesenermaßen falsch. Das ursprüngliche Kriegsziel war, binnen kürzester Zeit Kiew zu besetzen und die Regierung auszutauschen. Hat Russland bereits nicht geschafft, wurde demnach militärisch besiegt.



      Wenn Sie eine militärische Niederlage ausschließlich als Kapitulation ansehen, haben Sie Recht. Seltsamerweise verlangt das auch niemand.

      "Putin wird auch nicht "weiter rollen", dazu ist er konventionell viel zu schwach und hätte gegen Westeuropa keine Chance."



      Ich kann mich erinnern, ähnliche Statements vor Russlands Einfall in die Ukraine gehört zu haben.

      "Zu einem Frieden, auch einem "Diktatfrieden", gibt es keine Alternative."



      Doch. Sie meinen lediglich 'keine Alternative, die Ihnen zusagt'. Das ist etwas anderes.

  • Die Ukraine hat mehr als genug bekommen. Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Viele Teile von NRW sind so marode, es muß jeder verfügbare zusätzliche cent in die Infrastruktur investiert werden. Kriege werden nicht durch Waffen sondern durch reden beendet. Ukraine ist so korrupt dass unheimlich viel von den Zuwendungen versickert. Es kommt nicht bei der Allgemeinheit an sondern bei Oligarchen.

    • @Anton Meisner:

      "Die Ukraine hat mehr als genug bekommen."



      Offensichtlich nicht, sonst wäre dieser Krieg bereits mit der Rückeroberung der Ostukraine beendet.

      "Kriege werden nicht durch Waffen sondern durch reden beendet."



      Kurios, das ausgerechnet immer wieder von Deutschen zu hören, die's eigentlich seit 1945 besser wissen müssten.

    • @Anton Meisner:

      "Ukraine ist so korrupt dass unheimlich viel von den Zuwendungen versickert. Es kommt nicht bei der Allgemeinheit an sondern bei Oligarchen." Dafür das soviel von der Hilfe angeblich versickert hat die Hilfe eine Menge russischer Soldaten das Leben gekostet. Wäre die Ukraine so korrupt wie behaupten wäre sie längt gefallen, stattdessen steuert Russland auf eine Million Gefallene zu und muss inzwischen T-54 an der Front einsetzen.

  • Dann eben auf Kredit. Die nächste Generation wird das mit Dank abzahlen, wenn dadurch Putins Sieg verhindert wurde.

    • @Claude Nuage:

      Genau! Die nächsten Generationen zahlen ja schon die Klimakrise ab, da kommt es darauf auch nicht mehr an.

      • @Uns Uwe:

        Ist nicht ansatzweise mit einander vergleichbar, aber ich denke da ist Ihnen auch klar.



        Mal abgesehen davon wie hoch wäre wohl der Schaden wenn Herr Putin seinen Traum ausleben und die Ukraine als ganzes (das Handbuch für die Soldaten von 2022 ist ja inzwischen im Internet zu finden) auslöschen würde?



        Wie hoch wäre der Schaden wenn er danach von seinem Erfolg ermutigt weiter rollen würde?



        Wie ist nochmal die CO2 Blianz eines 60 Jahre alten russichen Panzers oder Bombers?



        Wie gut für's Klima ist es wenn Dämme gesprengt werden und Schrott-Tanker über die Ozeane schippern und dabei Schweröl verbrennen während sie Ihre Anker über den Meeresboden schleifen?

        • @Waagschale:

          Also



          1. Die "Schattenflotte" mit den Schrottankern gibt es wegen westlichen Sanktionen. Das ist eine Ausweichreaktion.



          2. Wie hoch wäre der Schaden, wenn....nun, Putin hat großes Interesse an den ukrainischen Gebieten, die einerseits viele Menschen haben, die russischer Abstammung sind, russisch sprechen oder pro-russisch gewählt haben und andererseits Meereszugang und Rohstoffe bieten. Das kann man aus seinem Verhalten (was er tut) genau ableiten. Was man ebenso ableiten kann (was er nicht tut) ist irgendein Interesse an der armen Westukraine zu haben. Warum? Weil da einerseits sehr viele Menschen sind, die Russen hassen, aber praktisch keine, die mit Russland kollaborieren würden. Und ebenso gibt es da nichts Wertvolles.



          Wenn man sich die Mühe anschaut, die Putin auch nur hat, die Ostukraine zu erobern gegen die Ukraine (die 1/3 der Menschen Russlands hat), warum sollte er einen Krieg gegen die NATO riskieren, die neben 5 mal so hoher Bevölkerung auch noch Atomwaffen hat?



          Nebenbei: Was frisst wohl so ein moderner Abrams-Tank mit praktisch einem Flugzeugmotor? Von daher wäre Frieden schließen wohl am Besten für die CO2-Bilanz.

        • @Waagschale:

          Och hört doch auf mit diesem "wenn er weiterrollen würde" so ein Quatsch, der bekommt ja nichtmal die Ukraine eingenommen, die Nato ist in ihrer Gesamtheit der russischen Kriegswirtschaft um ein vielfaches überlegen, da zu behaupten Putin steht quasi schon vor unserer Tür ist einfach nur billige Panikmache und völlig unrealistisch.....die CO2 bilanz von neuem Kriegsgerät ist übrigens auch nicht besser, zumal das neue Kriegsgerät meist noch mehr Schaden anrichten kann als das Alte, Dämme zu sprengen ist nicht unbedingt schlecht fürs Klima, Dämme sind oft künstlich von Menschen angelegt und haben an vielen Stellen erst für eine Naturzerstörung gesorgt, das Beispiel ist schlecht gewählt und Anker die über den Meeresboden schleifen, da ist tatsächlich die Fischfangindustrie das größte Problem und nicht irgendwelche Kriegsschiffe

  • Wenn ich das richtig verstanden habe, verfügt die Ukraine über nicht unerhebliche Rohstoffe. Wie wäre es mit einigen Schuldscheinen und Deals. Die US-Hilfen laufen auch als Kredite.

    • @Wonneproppen:

      Dazu empfehle ich Ihnen Karten der Ukraine nach BIP pro Kopf anzuschauen. Das konzentriert sich neben Kiew im Osten und an der Küste. Problem daran: Die Russen haben vieles davon erobert oder stehen kurz davor. Beispiel: Mariupol hatte das größte Stahlwerk der Ukraine, weil es da Kohle und Eisenerze in der Nähe gab. Soledar bei Bachmuth ist nach der Sole benannt, haben auch die Russen. Der Donbas an sich ist sowas wie das Ruhrgebiet der Ukraine. Und ist nun zu ca. 75% in russischer Hand.



      Dürfte also daran scheitern, dass die Russen auf den Rohstoffen sitzen.