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Nordkorea an der Seite RusslandsDie Zeitenwende erreicht Korea

Nordkoreas Truppenentsendung nach Russland weckt in Südkorea die Angst, der Norden beschaffe sich in Europa Kampferfahrung und moderne Technologie.

Nordkoreas Soldaten in Russland sind seit Tagen das alles dominierende Thema: Nachrichtenbilder zeigen nordkoreanische Soldaten Foto: Ahn Young-joon/ap

Seoul taz | Um Punkt 12 Uhr mittags am Montag schritt Mark Rutte ans Rednerpult im Nato-Hauptquartier und brachte die Öffentlichkeit auf den neuesten Stand. „Heute kann ich bestätigen, dass nordkoreanische Truppen nach Russland geschickt wurden und dass nordkoreanische Militäreinheiten bereits in der Region Kursk stationiert wurden“, sagte der neue Nato-Generalsekretär kurz und bündig. Die Achse Pjöngjang-Moskau stelle eine „bedeutsame Eskalation“ und eine „gefährliche Expansion des russischen Angriffskrieges“ dar.

Zuvor war Rutte von einer südkoreanischen Delegation gebrieft worden. Hochrangige Vertreter des Geheimdienstes sowie des Verteidigungsministeriums in Seoul teilten ihren Informationsstand.

Dass Südkorea das Thema der nordkoreanischen Truppenentsendung nach Russland auf die internationale Agenda bringen möchte, ist nur allzu verständlich, droht derzeit doch das Machtgefüge auf der koreanischen Halbinsel ins Wanken zu geraten.

Der Oktober 2024 ist für Südkorea eine Zeitenwende. Nordkoreas Soldaten in Russland sind seit Tagen das alles dominierende Thema. Es prangt auf den Titelseiten der Zeitungen, eröffnet die Abendnachrichten im Fernsehen und mobilisiert die Bevölkerung zu öffentlichen Kundgebungen auf die Straße.

Nordkoreas Truppen in der Ukraine: Spezialkräfte, nicht Fußvolk

Doch geeinter Meinung sind die SüdkoreanerInnen, wie in praktisch allen Grundsatzfragen, keineswegs. Die politische Linke spricht sich gegen eine Annäherung an die Ukraine aus – aus Angst, in einen eskalierenden Konflikt mit dem Norden gezogen zu werden. „Südkorea sollte sich nicht in einen Stellvertreterkrieg mit Nordkorea verwickeln lassen“, sagte Park Chan-dae, Parteichef der oppositionellen Minjudang.

Südkoreas Geheimdienst geht davon aus, dass Nordkorea bis Dezember 10.000 Mann nach Russland entsenden wird. Rund 3.000 sollen sich bereits dort aufhalten und für den Kriegseinsatz vorbereitet werden. Dabei soll es sich laut ersten Einschätzungen nicht um das gewöhnliche Fußvolk der 1,3 Millionen starken Volksarmee handeln – jenen Soldaten also, die oftmals unterernährt und schlecht ausgebildet sind –, sondern um Spezialkräfte. „Bei diesen Einheiten handelt es sich wahrscheinlich um nordkoreanische Elitesoldaten, die über gewisse Spezialfähigkeiten verfügen“, kommentierte jüngst Chun In Bum, pensionierter Generalleutnant der südkoreanischen Armee.

Vermutet wird, dass Nordkoreas Machthaber Kim vier Brigaden aus dem berüchtigten 11. Armeekorps der nordkoreanischen Volksarmee entsendet – einer Spezialeinheit, die mindestens 40.000 Soldaten umfasst und in ihren Fertigkeiten durchaus den Rangers der US-Armee ähnelt. Kim hat Einheiten des 11. Armeekorps seit September mindestens zweimal persönlich inspiziert.

Südkorea hat Erfahrungen mit Pjöngjangs Elitesoldaten. Am 17. Januar 1968 schlugen sich 31 Agenten der berüchtigten nordkoreanischen „Einheit 124“ durch die verminte Demarkationszone nach Süden durch, um in einer Infiltrierungsmission Südkoreas damaligen Präsidenten Park Chung Hee zu enthaupten. Erst am letzten Checkpoint, wenige hundert Meter vor dem ikonischen Präsidentensitz Cheongwadae, konnten die Eindringlinge durch ein blutiges Feuergefecht gestoppt werden.

Söldner als gutes Geschäft für Nordkorea

56 Jahre später fürchtet Südkorea nun, dass die nordkoreanischen Soldaten Kriegserfahrungen in der Ukraine sammeln könnten, um sich für den Ernstfall auf der koreanischen Halbinsel zu rüsten. Zudem dürfte Russland die Nordkoreaner auch mit neuer Militärtechnologie versorgen.

„Der Ukrainekrieg hat die Sicherheitslage in Ostasien verschlechtert. Russland und Nordkorea arbeiten daran, die internationale Ordnung zu destabilisieren“, sagt Frederic Spohr, Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung Korea.

Im Kern jedoch sind Kims Russland-Söldner vor allem finanziell ein gutes Geschäft. In einer aktuellen Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung vom Montag wird geschätzt, dass Nordkoreas Waffenlieferungen an Russland seit Beginn des flächendeckenden Angriffskriegs gegen die Ukraine im Wert zwischen 1,7 und 5,5 Milliarden US-Dollar liegen. Die Zahlen beruhen auf Geheimdienstberichten und geleakten Dokumenten, die Dimension ist enorm: Nordkoreas Volkswirtschaft insgesamt wird von der Zentralbank in Seoul auf lediglich 23 Milliarden US-Dollar beziffert.

Das Thema aussitzen

Die Volksrepublik China dürfte an der Annäherung zwischen Pjöngjang und Moskau keinen Gefallen finden, allein schon weil diese Nordkoreas Abhängigkeit gegenüber dem mächtigen Nachbarn China reduziert. Und obwohl Staats- und Parteichef Xi Jinping sich stets gegen eine „Blockbildung“ wie zu Zeiten des Kalten Krieges ausgesprochen hat, hält sich die Parteiführung in Peking bislang mit öffentlicher Kritik vollkommen zurück. Man muss schon genau hinschauen. So blieb etwa der chinesische Botschafter in Pjöngjang einer Feier zum Ende des Koreakriegs fern – nur wenige Wochen nachdem Kim und Putin ihren weitreichenden Militärpakt unterzeichnet hatten. Chinas Außenministerium versucht, das Thema auszusitzen. Jedes Mal, wenn Reporter dort bei der täglichen Pressekonferenz nach den nordkoreanischen Soldaten in Russland fragen, heißt es bloß: „China ist sich der entsprechenden Situation nicht bewusst.“

In Chinas akademischen Kreisen wird das Thema aufgrund seiner politischen Sensibilität vorsichtig behandelt, doch lassen sich durchaus ambivalente Einschätzungen finden. „Meiner Ansicht nach hatten Nordkorea und Russland, die beide unter enormem strategischem Druck stehen, keine andere Wahl, als engere Beziehungen zu knüpfen“, kommentiert Feng Yujun, Historiker an der renommierten Peking-Universität: „Unter immensem Druck streben Nordkorea und Russland danach, die Blöcke aus der Zeit des Kalten Krieges (…) wiederherzustellen, in der festen Absicht, China in ihr Lager zu ziehen.“

Doch genau dieses Vorhaben sei zum Scheitern verurteilt: Die Stärke Russlands und Nordkoreas habe nachgelassen, und sie reiche sicher nicht aus, um dem Westen die Stirn zu bieten. Feng Yujun, der als vergleichsweise kritischer Geist gilt, zieht eine durchwachsene Schlussfolgerung: Russland und Nordkorea können ein paar kurzfristige Vorteile erreichen, doch langfristig überwiegen die strategischen Nachteile. China solle sich daher hüten, unnötigen Ärger auf sich zu ziehen.

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9 Kommentare

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  • Tja, Kim hat jetzt wohl seine eigene " Legion Condor " absolut nichts neues auf der Welt.

    • @flaviussilva:

      Der Legion Condor folgte ein doch relativ großer Krieg...

  • Das Problem ist das bei konventionellen Waffen Russland mehr verliert als das es neu-produziert, deswegen gibt es immer mehr T-54, T-55 und T-62 an der Front. Das heißt aber auch im Umkehrschluss das das einzige wo Russland Nordkorea wirklich etwas geben kann ist Technologie und Ressourcen. Und bei der Technologie wird Nordkorea natürlich Atomwaffen im blick haben. Sollte Nordkorea ein substanzielle Atomwaffenprogramm bewerkstelligt kriegen, also mehr als die Manufaktur einzelner Sprengköpfe wie derzeit könnte es versuchen Südkorea zu erobern, und Atomwaffen als Abschreckung einzusetzte um eine westliche Intervention abzuhalten. Russland destabilisiert hier die ganze Welt.

    • @Machiavelli:

      Also Nordkorea hat sowohl Atomsprengköpfe als auch Raketen dafür. Nichtsdestoweniger ist es vermutlich auch an etlichen anderer Technologie interessiert.



      "Russland destabilisiert hier die ganze Welt." Naja, Russland hat da wenig Optionen (siehe das Ende des Artikels). Das Ganze war eigentlich auch abzusehen und eine kluge Politik des Westens hätte es nie so weit kommen lassen. Es war insbesondere nicht notwendig, die Ukraine partout zum NATO-Mitglied machen zu wollen.

      • @XXX:

        Das ist Putin-Propaganda! Die NATO hat bis heute die Aufnahme der Ukraine in ihre Reihen abgelehnt.

      • @XXX:

        Und warum hat der Westen es nicht gemacht?

      • @XXX:

        Ob Nordkorea Sprengköpfe in größerer Zahl herstellen kann ist sehr fragwürdig und ob sie diese mit ihren Raketen wirklich abfeuern können auch.

        " Es war insbesondere nicht notwendig, die Ukraine partout zum NATO-Mitglied machen zu wollen." Das wurde auch nicht wirklich verfolgt. Das Problem war immer das Russland nicht bereit war die Ukraine ihren eigenen Weg gehen zu lassen.

        2013/14 ging es um die EU, die NATO spielte da keine Rolle.

  • Hat BSW und AfD schon in einer gemeinsamen Erklärung Nordkorea gelobt für seine Unterstützung von Fascho-Putin?

    • @Rolf Mach:

      Meine Vermutung an dieser Stelle wäre dass BSW/AfD, wie zum Beispiel die "Junge Welt", noch in der Leugnungsphase sind.



      Also dass es keine Beweise gibt für die Anwesenheit von nordkoreanischen Kräften. Ähnlich wie am 21.02.2022 sind alle Angaben Südkoreas, der USA und der Ukraine antirussische Propaganda und so etwas wird auch nie passieren.

      Sobald es sich nicht mehr leugnen lässt wird man sich darauf zurück ziehen, dass die nordkoreanischen Truppen auf Einladung Russlands dort sind und dies, wie alles das Russland tut, automatisch legitim ist.



      Außerdem helfen die nordkoreanischen Truppen ja nur im Rahmen den neuen Beistandsabkommens Russlands (über absolut allem stehenden) Sicherheitsinteressen zu wahren.

      Andererseits wäre eine Einladung an ausländische Kräfte durch die Ukraine eine gefährliche Eskalation und irgendwas mit Atom und dritter Weltkrieg und warum kann man die armen Russen nicht endlich gewinnen lassen?



      Dann können wir wieder alle in Frieden, Liebe und Harmonie leben.



      Und wenn dann ein paar Millionen Ukrainer ins Arbeitslager müssen um endlich entnazifiziert und russifiziert zu werden dann ist das halt so.



      Selber schuld, pech gehabt.