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Angeschlagene Meyer-WerftÖkonom warnt vor Staatseinstieg

Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen haben der Meyer-Werft Staatshilfe zugesichert. IfO-Chef Clemens Fuest kritisiert die Entscheidung.

Trotz Kritik: Kanzler Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Weil wollen die angeschlagene Meyer-Werft retten Foto: Lars Penning/dpa

Berlin taz/rtr/dpa | Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Rettung der angeschlagenen Meyer-Werft durch den Staat bereits zugesagt. „Wir lassen die Meyer-Werft nicht allein“, versicherte der SPD-Politiker am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung in Papenburg. Und der Bund werde seinen Teil zur Lösung beitragen. Und auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat sich angesichts der geplanten Staatshilfen optimistisch für die Meyer-Werft in Papenburg geäußert. Nun kommt aber heftige Kritik auf.

Der Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Clemens Fuest hat sich gegen die Rettung ausgesprochen. „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, angeschlagene Privatunternehmen vor der Insolvenz zu retten“, sagte der Ökonom am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. „Wenn das Geschäftsmodell aussichtsreich ist, werden sich private Investoren finden.“ Wenn der Staat einsteige, bestehe die Gefahr, dass Verluste auf die Steuerzahler abgewälzt werden.

Staatliche Rettungen könne man allenfalls in Situationen gesamtwirtschaftlicher Krisen rechtfertigen, in denen Kapitalmärkte gestört sind“, betonte Fuest. Das sei derzeit aber nicht gegeben. Der Umstand, dass Meyer auch Kriegsschiffe baue, könne allenfalls eine Stützung dieses Teils der Werft rechtfertigen – nicht aber die Förderung der Produktion von Kreuzfahrtschiffen. Der Bau von gigantischen Kreuzfahrtschiffen macht den Löwenanteil der Geschäfte der Meyer-Werft aus.

Die Meyer-Werft befindet sich in einer existenziellen Krise, weil ihr beim Schiffbau die Energie- und Rohstoffkosten davongelaufen sind. Zur Finanzierung von Schiffsneubauten braucht sie dringend viel Geld. Im Gespräch ist derzeit, dass sich der Bund und das Land Niedersachsen befristet an der Werft beteiligen, um für eine Erhöhung des Eigenkapitals um rund 400 Millionen Euro zu sorgen. Außerdem benötigt die Werft Bürgschaften, um neue Kredite für den Schiffbau zu bekommen.

Weil: „In Hinblick auf ökologische Antriebe führend“

Niedersachsens Ministerpräsident Weil betont hingegen, die Kreuzfahrtbranche sei ein wachsender Markt, die Meyer-Werft werde dringend gebraucht. Sie sei „in Hinblick auf ökologische Antriebe von Kreuzfahrern weltweit führend“. Das gelte beispielsweise auch für den Einsatz von Methanol oder auch LNG.“ Außerdem hingen bundesweit über 17.000 Arbeitsplätze von der Werft ab. In Wahrheit sind Kreuzfahrtschiffe aber alles andere als ökologisch.

Die FDP, die normalerweise Staatshilfen für Unternehmen ebenfalls ablehnt, lenkt offenbar ein. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Otto Fricke betonte zugleich, nur wenn es eine klare gewinnorientierte Zukunftsperspektive gebe, dürfte der Steuerzahler helfen. Der Steuerzahler könne nur „beim Bau einer Brücke“ für die Meyer-Werft helfen. An deren Ende müsse der Ausstieg des Bundes aus dem Unternehmen stehen, sonst könne es keinen Einstieg geben, betont Fricke.

„Falls die Bundesregierung der Werft trotz dieser Einwände hilft, ist zumindest darauf zu achten, dass die vorhandenen Verluste der Werft von den Aktionären und den Banken getragen werden, nicht vom Staat“, sagte Ifo-Präsident Fuest. „Besser wäre es allerdings, wenn die Bundesregierung nicht eingreifen würde.“

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6 Kommentare

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  • Auf Fotos von der Werft ist nicht ein PV-Modul auf den Dächern zu erkennen. Wie kann man als Energieintensiver Betrieb auf günstigen Solarstrom verzichten?

    • @L3br4nd:

      Auf dem Bild oben würde ich rechts Module vermuten.



      Zu wenig, natürlich.

  • Arbeitsplätze sind kein Selbstzweck. Beispiel Steinkohle, Beispiel Verbrennerautoproduktion, Beispiel Pharmavertreter.



    Das Emsland hat auch deshalb eine demografische Ausnahmestellung, weil es mehr ist als Meyer.



    Für Liquiditätskredite sind erst mal Banken zuständig.



    Und die klugen Projektplaner und Macher dort können wohl auch besser als für Kreuzfahrtschiffe für Windprojekte, DB und andere Herausforderungen eingesetzt werden

  • Im Gegensatz zum Ifo Chef,



    ist ein SPD Chef auch an dem Erhalt von Arbeitsplätzen interessiert.



    Die gehen, durch die Zuliefererfirmen, deutlich über die Belegschaft der Meyer Werft hinaus.



    Neben Kreuzfahrtschiffen baut Meyer ja z.B. auch noch Teile für offshore Windkraft.



    Hinzu kommt der militärische Anteil.



    Angesichts der weltweiten Krisen wäre es wohl fahrlässig, die eigene Verteidigungsbereitschaft z.B. von chinesischen Lieferungen abhängig zu machen.



    Unabhängig sein heißt manchmal auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen.Dass die Bemerkung durch den ifo Chef politisch motiviert ist, zeigt sich auch am Beispiel Uniper. Wer sich für Wirtschaft interessiert, dem/der sollte nicht entgangen sein, dass sich die "systemrelevante "Stützung des Gaszulieferers bezahlt gemacht hat.



    Das Eingreifen des Staates im Krisenjahr 22 hat diverse Insolvenzen verhindert.



    Insbesondere kleinere Energieversorger, wie Stadtwerke, waren von den Lieferungen abhängig und wären nicht in der Lage gewesen, sich auf dem damals umkämpften Markt, neue Verträge zu sichern.



    Nun verkündet Uniper, dass laut Finanzplan die Hilfen in kommenden Jahr komplett zurück gezahlt werden können.

  • Ich kann verstehen, dass die Leute bei Meyer für ihre Arbeitsplätze kämpfen. Aber "volle Auftragsbücher" heißt nicht viel, wenn man 80% eines mehrjährigen 500 Mio Auftrags vorfinanziert und keine Preisgleitklauseln vereinbart. Ich arbeite im internationalen Großanlagenbau und wir würden auch in finsterster Nacht nicht solche Verträge unterschreiben. Allerdings sind wir auch nicht "systemrelevant" und Scholz würde nicht mit dem Geldsack vorbeikommen, wenn wir es versemmeln.

  • Ein Kreuzfahrtschiff, dass meist in der Nacht fährt, am Tag an Häfen in sonnigen Gegenden anlegt, ließe sich leichter mit Batterien betreiben als Containerschiffe.

    Weil die Meyer-Schiffe das nicht machen, sollte eine Förderung abgelehnt werden.