Garnisonkirche in Potsdam: Chronik des Wiederaufbaus

Auf Initiative eines Rechtsradikalen ist der Turm der Garnisonkirche wiederaufgebaut worden. Gelder dafür kamen vor allem vom Bund.

Der wiedererrichtete Turm der umstrittenen Garnisonkirche in Potsdam Foto: Christoph Soeder/dpa

Sie stand schon eine ganze Weile, die Garnisonkirche von Potsdam, 1730 im Auftrag des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I. erbaut, als sich auf ihrem Vorplatz zwei Männer die Hände reichten und damit die Geschichte Deutschlands nachhaltig veränderten. Adolf Hitler und Paul von Hindenburg besiegelten am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, die Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Das Foto, aufgenommen vor der Garnisonkirche, in dem der feierliche Staatsakt stattfand, ging um die Welt. Und erklärt, warum Kri­ti­ke­r:in­nen des Wiederaufbaus in der Kirche ein Symbol für Rechtsradikalismus und preußischen Militarismus sehen.

Ihr Ende fanden Garnisonkirche wie Nationalsozialisten 1945. Der Kirchturm fing Feuer, als britische Flieger die Stadt bombardierten, ein Blindgänger explodierte im Kircheninneren. Im ruinösen Zustand verblieb die Kirche bis 1968. Da hatte die SED-Regierung die Sprengung der Kirchenreste beschlossen. Auf dem Gelände wurde schließlich das Rechenzentrum Potsdam errichtet, das bis heute dort steht.

Es gab noch zwei Deutschlands, als die Idee des Wiederaufbaus der Garnisonkirche erstmalig aufkam. Von westdeutscher Seite wohlgemerkt, es war der Bundeswehroffizier Max Klaar, der schon 1984 mittels Spenden das Potsdamer Glockenspiel rekonstruieren ließ. Einschließlich der Widmungen für die deutschen Ostgebiete jenseits der Oder-Neiße-Grenze. Seit 1991 steht das Glockenspiel nahe seiner ehemaligen Wirkungsstätte, allerdings darf es seit fünf Jahren nicht mehr erklingen. Ein Gutachten hatte die militaristischen Inschriften als „unzumutbar“ ausgewiesen. Dabei waren einige der Gravierungen bereits vor Aufstellung entfernt worden. Das „suum cuique“, zu Deutsch „Jedem das Seine“, ist weiterhin sichtbar.

Doch Klaar dachte ohnehin größer, hatte von Anfang an den Wiederaufbau der gesamten Kirche im Sinn. Es fanden sich so einige Un­ter­stüt­ze­r:in­nen des Vorhabens, 2004 traten sie mit dem „Ruf aus Potsdam“ an die Öffentlichkeit. Angela Merkel und die verstorbene britische Königin Elisabeth II. spendeten Ziegelsteine. Klaar, seit einigen Jahren Vorsitzender des rechtsextremen Verbands deutscher Soldaten, zog sich aus dem Projekt Wiederaufbau zwar zurück, doch der Stein war ins Rollen gebracht. Die evangelische Kirche war ins Boot geholt worden, 2013 stufte der damalige Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Bernd Neumann (CDU) die Garnisonkirche als national bedeutendes Kulturdenkmal ein. Der Bund finanzierte den Wiederaufbau schließlich mit, und das nicht zu knapp.

Allein durch Spenden, das wurde nach und nach klar, ließ sich das Projekt nämlich nicht finanzieren. Dabei hatte Neumanns Nachfolgerin, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, noch erklärt, die öffentlichen Mittel sollten lediglich als Anreiz für potenzielle Spender wirken. Der weitaus größere Teil der Kosten solle aus privaten Mitteln aufgebracht werden, sagte die CDU-Politikerin 2014, drei Jahre vor Baubeginn. Die auf 42 Millionen Euro angestiegenen Baukosten trug mit 25 Millionen mehr als zur Hälfte schließlich der Bund, 5 Millionen gab die evangelische Kirche als Darlehen dazu. Zur Fertigstellung des Turms fehlen noch 5 Millionen Euro an Spenden. Immerhin, die Besucherterrasse hat Quizmaster Günther Jauch gespendet, der als Potsdamer den Wiederaufbau schon lange unterstützt. Die Kapelle der Kirche wurde in diesem Frühjahr bereits mit einem Gottesdienst eingeweiht.

Einen „barocken Skyscraper“ nannte der Spiegel den wiederaufgebauten Kirchturm kürzlich. Und wirklich steht der Turm – noch ohne Turmhaube, die erst 2025 aufgesetzt werden soll – etwas fremd an der Breiten Straße in Potsdam. So einige Be­für­wor­te­r:in­nen der Rekonstruktion träumen daher vom Wiederaufbau des Kirchenschiffs. Dabei ist nicht nur die Finanzierung ungewiss. Dem Gebäudeteil müsste zudem das Rechenzentrum weichen, das seit Jahren als Kunst- und Kreativhaus genutzt wird. Nur noch bis 2026 ist dessen Erhalt gesichert.

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