Nach Todesurteil in Belarus: Deutscher Rico K. begnadigt
Der in Belarus unter nebulösen Umständen zum Tode verurteilte deutsche Staatsbürger Rico K. wurde begnadigt. Anwalt und Auswärtiges Amt erleichtert.
Belarussischen Medienberichten zufolge hatte K. zugegeben, im Auftrag des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU militärische Anlagen fotografiert zu haben. Außerdem habe er einen Rucksack erhalten, den er an einem Bahnhof südöstlich von Minsk auf den Gleisen abgestellt habe. Der Rucksack explodierte noch vor Ankunft eines Zuges, niemand wurde verletzt. Rico K. drohte in Belarus eine Hinrichtung durch Erschießen.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärte, man könne die Begnadigung bestätigen. „Das ist eine erleichternde Nachricht.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor gesagt, dass die Bundesregierung alles tun werde, um den deutschen Staatsangehörigen bestmöglich zu unterstützen.
Früheren belarussischen Medienberichten zufolge liefen im Hintergrund Verhandlungen über das Schicksal von Rico K. Denkbar wäre ein Austausch, da auch Belarus' enger Verbündeter Russland mit dem Westen über solche Maßnahmen verhandelt. So soll der in Russland wegen Spionage inhaftierte US-Journalist Evan Gershkovich gegen den in Deutschland einsitzenden „Tiergartenmörder“ Wadim Krasikow ausgetauscht werden.
Der belarussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna zufolge ist Rico K. seit November 2023 in Haft und wurde am 24. Juni verurteilt. Er war vor kurzem in einem Video im belarussischen Staatsfernsehen vorgeführt worden, in dem er sich schuldig bekannte und um Gnade bat. Belarus ist einer der engsten Verbündeten Russlands. Das Land erlaubte Russland, sein Territorium seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 zu nutzen.
Erleichterung auch bei belarussischer Opposition
Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja erklärte im Onlinedienst X, sie sei „erleichtert“ über die Begnadigung des Deutschen. „Jedes Leben ist von unschätzbarem Wert und wir müssen mit allen Mitteln dafür kämpfen. Aber wir müssen auch für jede Geisel des Regimes kämpfen.“ Tichanowskajas Angaben zufolge werden mehr als 1300 politische Gefangene in Belarus festgehalten.
Belarus wird seit 1994 von Machthaber Lukaschenko regiert, der ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. Belarus ist das einzige europäische Land, in dem die Todesstrafe noch verhängt und vollstreckt wird. Laut Amnesty International wurden seit Anfang der 1990er Jahre bis zu 400 Menschen hingerichtet – allerdings nur selten ausländische Staatsbürger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Anschläge auf „Programm-Schänke“
Unter Druck
Jeff Bezos und die Pressefreiheit
Für eine Zwangsabgabe an Qualitätszeitungen!