Rechter Hass beim CSD in Bautzen: It’s the security, stupid

Demoverbote bringen gegen rechten Hass wenig. Politische Auseinandersetzung schon – und letztlich natürlich vor allem: stabile Sicherheitsbehörden.

Solange der Rechtsstaat funktioniert, können auch Demos gegen einen CSD hingenommen werden Foto: Sebastian Willnow/dpa

Dass der CSD in der sächsischen Stadt Bautzen am Samstag überhaupt stattfinden konnte, ist ein Erfolg an sich. Rechtsradikale Kreise, von AfD-Sympathisierenden bis zu offen nazinahen Menschen, hatten zu einer Art Gegendemo mobilisiert, fast ebenso viele kamen zu diesem Hassevent wie zur queeren Parade selbst.

Dass der LGBTI*-Umzug nicht durch Attacken rechter Hater zerstört wurde, hatte zwei Gründe: Zum einen trennte die sächsische Polizei, verstärkt durch Kolleginnen* der Bundespolizei, bei einiger nötiger Kritik im Einzelnen zwar, beide Gruppen, schütze also faktisch die Queers. Zum anderen war da das Grußwort des Oberbürgermeisters Klaus Vogt (CDU), das zu Toleranzbewusstsein aufrief – eine Geste auch an seine Partei sowie an seine Wählerinnen*, gewisse Standards zivilisierten Umgangs trotz aggressiven Machtübernahmebewusstseins rechter (und also AfD-naher) Kreise einzuhalten.

Forderungen von liberaler und linker Seite, dass die CSD-Gegendemo nicht hätte stattfinden dürfen, diese sei doch schließlich undemokratisch, gehen an der Realität vorbei: Es gibt Haltungen, die den CSD ablehnen – und auch diese haben das Recht auf Artikulation, also auch auf einen Anti-CSD. So widersprüchlich das klingen mag: Auf das Politische in der Debatte kommt es an, Gegendemo-Verbote machen nur die rechten Undergrounds noch stärker. Und es kommt auf die Sicherheitsbehörden an: Deren Angehörige sind auf das Grundgesetz vereidigt, also haben sie ihren Job zu tun. Dass die Polizei einen CSD nötigenfalls mit ihren auch heftigen Mitteln bewacht, ist also wichtig, besonders in Sachsen, wo im Polizeiapparat Rechtspopulismen keine Rarität beim Personal sind.

Sie können eh nur giften und kläffen

In Warschau hat es vor 20 Jahren ungenehmigte CSDs gegeben, angefochten von polnischen Nazis. Letztlich haben diese nicht gewonnen, im Gegenteil. Sachsens Gesellschaft und ihre Leitpartei, die CDU, wird lernen (müssen, vielleicht wollen), dass Queeres zu einer guten Gesellschaft zu gehören hat – auch öffentlich sichtbar, wie in Bautzen. Nicht alle CDU-Politiker, besonders im Osten der Republik, verkörpern in kommunalen Ämtern, ob als Bürgermeister oder etwa in Kulturausschüssen, diese Haltung: konservativ sein, aber leidenschaftlich für eine bunte Gesellschaft eintretend – um das wichtigste Merkmal gegen Rechtspopulisten und -radikale zu nennen.

Die Nazis werden nicht gewinnen, das muss auch das Ideal der sächsisch-demokratischen Sicherheitsapparate sein. Wie in Bautzen, denn die antiqueeren Hassversammlungen, sie können nur: giften und kläffen.

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Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!

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