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Hungerkatastrophe im SudanWie viel ein Menschenleben wiegt

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Lage in Sudan ist katastrophal. Die Staatengemeinschaft tut sich mit Desinteresse hervor, sie hat vermeintlich andere Sorgen.

Ein hungerndes Kind wird von einem Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen untersucht. Camp im Tschad,nahe der sudanesischen Grenze Foto: Patricia Simon/ap

S udan hat 48 Millionen Einwohner. Über 25 Millionen davon haben so gut wie nichts mehr zu essen. Knapp eine Million dürfte demnächst verhungern. Weitere Millionen könnten in den kommenden Monaten folgen. Das haben die führenden Hilfswerke der Welt jetzt festgestellt. Normalerweise würde man schreiben, sie hätten „Alarm geschlagen“, aber dazu müsste jemand alarmiert sein.

Die internationale Politik hat andere Sorgen. Krieg in Nahost, Rechtsruck in Europa und den USA, Säbelrasseln in Moskau und Peking – all das überfordert die Mächtigen der Welt. Das ist logisch, hängen doch an all diesen Entwicklungen viele Politikerkarrieren. Dennoch sollte hinterfragt werden, ob etwa der Verbleib von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin wirklich von höherem politischem Stellenwert ist als der drohende Hungertod von einer Million Sudanesen.

Wie viel wiegt ein Menschenleben im politischen Bewusstsein der Welt? Nichts. Wie viel wiegen eine Million Menschenleben? Eine Million mal nichts. Das ist die grausame Realität. Politischer Mut würde bedeuten, diese Realität verändern zu wollen. Aber wo bleibt die globale Initiative gegen den Krieg in Sudan, die Hoffnung machen könnte? Die machtgierigen Generäle, die ihr Land seit April 2023 verwüsten, gehören aus dem Verkehr gezogen. Ihre Waffenlieferanten gehören vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen.

Die Menschen in Sudan und auch die vielen, die Sudan verlassen mussten, brauchen Überlebensperspektiven. Aber nichts davon passiert. Es werden Geschäfte gemacht, viel zu wenig Hilfe geliefert und ansonsten ab und zu „tiefe Besorgnis“ geäußert. Auch das ist eine politische Entscheidung, und zwar eine abgrundtief zynische.

Es naht die Zeit, in der sich Europa darüber freuen wird, dass weniger Flüchtlinge ankommen. Sollten aus Sudan einmal die Flüchtlingsströme versiegen, werden Nachbar- und Geber­länder das feiern. Vielleicht aber kommt bald niemand mehr aus ­Sudan, weil sie alle tot sind. Und es wird nicht einmal ­Gräber geben, an denen man ihrer gedenken kann.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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18 Kommentare

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  • Es überfordert doch nicht nur die Regierenden.

    Die normalen Durchschnittsbürger sind genauso überfordert wie linke Aktivisten an den Unis.

    Hat jemand was von prosudanesischen Protesten gehört?

    Oder Unibesetzungen, damit im Sudan der Krieg aufhört?

    Der Fokus liegt gerade woanders.

  • Das Einzige, was im Sudan helfen würde, wäre eine Militärintervention. Nein, danke, wir brauchen kein zweites Afghanistan.

  • Korrekter Kommentar, der sowohl die Ignoranz als auch 'Lieblingsschwerpunkte' der politisch medialen Betrachtung und der Leser dokumentiert.



    Egal ob Südsudan, Myanmar, Haiti, Ostkongo.... das ist alles schnuppe. Oft nicht mal einen Kommentar wert. Marschiert Israel in Gaza ein, mit gutem Grund.... dann ist die ganze Welt in Aufruhr. Kann jeder mal selber überlegen warum das so ist. Tipp: Mit Anti fängt das Wort an, mit semit geht's weiter und dann ismus. Sowohl was im nahen Osten medial veranstaltet wird, als auch bei den anderen Krisenherden genau eben nicht.... beides halte ich für beschämend.

    • @Tom Farmer:

      Machen Sie doch bitte einen Vorschlag wie man dieses Elend beenden könnte?



      "Marschiert Israel in Gaza ein, mit gutem Grund.... dann ist die ganze Welt in Aufruhr."



      Nein, es heißt: begeht Israel in Gaza Kriegsverbrechen.. Und decken viele Menschen dieses Verbrechen und finden das völlig in Ordnung gibt es dafür auch ein Wort, es fängt mit Is an, mit lamo geht es weiter und mit phobie hört es auf.

    • @Tom Farmer:

      Sie sehen hier eine Gelegenheit für einen Kommentar „Israelkritik = Antisemitismus“. Das Problem ist aber hier schlicht und ergreifend Ignoranz… Uns fehlt das Wissen und der Bezug, um im Sudan zu urteilen, wer schuld ist. Das geht mir nicht anders. Ich kann bei solchen Konflikten etwas für Nothilfe spenden (was ich auch tue), aber beim besten Willen keine vernünftige Debatte führen (anders als bei Israel, Russland, Klimawandel usw). Ich glaube, dass es Ihnen auch nicht anders geht. Anders kann ich mir Ihren Beitrag nicht erklären, der Israel in die Debatte zieht, um zu kritisieren, dass über Israel gesprochen wird.

      • @Core Persephone:

        Auch @DES247 Ich habe nur den medialen Schwerpunkt und persönlichen Eifer der Leser kritisiert, der immer dann stattfindet wenn es um Israel geht. Und andersrum, wie Herr Johnson richtig schreibt, im Sudan eben nicht, oder wie ich ergänzte, in anderen Regionen der Welt.



        Und daher ist Ihr Argument auch schwach: Ihr Wissen um den Sudan sei zu schwach .... um urteilen zu können. Das ist doch der Punkt: Warum ist Ihr Wissen..., (unser aller Interesse) hier so schwach, und wenn es um eine Bewertung Israels geht unser (vermeintliches) Wissen so stark? Dass jeder was von Kriegsverbrechen weiß, 'Genozid' in den Mund nimmt.... das hat Gründe. Und da kann jeder mal selbst reflektieren welche das sind.

        • @Tom Farmer:

          "Dass jeder was von Kriegsverbrechen weiß, 'Genozid' in den Mund nimmt.... das hat Gründe."



          "Israel hat nicht nur eine der größten humanitären Krisen der Welt verursacht, sondern auch eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Zivilbevölkerung des Gazastreifens an den Tag gelegt, Israel hat Bedingungen geschaffen, die nach Ansicht des IGH für die Bevölkerung Gazas die unmittelbare Gefahr eines Völkermordes darstellen. Außerdem hat Israel wiederholt versäumt, die von humanitären Organisationen verzweifelt geforderten Mindestmaßnahmen einzuleiten, die eindeutig in Israels Macht stehen, um das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza zu lindern", sagte Heba Morayef, Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.



          Der IGH ist sicherlich nicht "Jeder".



          Es wäre schön wenn Sie mal reflektieren, welche Gründe Sie haben, die Realität nicht zu akzeptieren.



          www.amnesty.de/isr...a-hilfe-verweigert

          • @Des247:

            Einfach ein neues Thema aufzumachen macht Ihre Argumentation nicht besser!



            Es geht um das mediale und öffentliche Interesse hier (im Sudan) und dort (in Israel) und warum das so ist.



            Sie schreiben über was anderes.

    • @Tom Farmer:

      Tja, da würde in der Tat nur eine militärische Intervention helfen. Würden Sie Ihre Kinder als Soldaten einer miltärischen Intervention in den Sudan schicken?

  • Welche Staatengemeinschaft?

  • Im Sudan kämpfen zwei Gruppen aus dem Volk gegeneinander. Ich wüsste gar nicht, wie man dort Hilfe leisten könnte, denn den zwei Gruppen ist das Sterben ihrer Landsleute offensichtlich völlig egal, und sie würden wohl auch keine Hilfe zulassen. Schlimm, dass dies heute noch möglich ist.

    • @Rudi Hamm:

      Man könnte dafür sorgen, dass diese zwei Gruppen finanziell isoliert sind und ihnen keine Waffen mehr liefern.



      Und dann besteht vielleicht Ruhe genug, den Zivilisten zu helfen, das Land wieder aufzubauen. Oder ihnen zumindest das notwendigste zum Überleben zu liefern.

      • @Herma Huhn:

        Geld und Waffen kommen aus Russland und China. Wie genau würden Sie dafür sorgen wollen, dass diese Quellen versiegen?

        • @DiMa:

          Der Appel in dem Artikel richtet sich nicht an uns beide persönlich, sondern an die Weltöffentlichkeit. Zu der durchaus auch Russland und China gehören.



          Zugegeben, es wäre aus europäischer Sicht nur ein weiterer Punkt auf einer langen Liste. Aber es stimmt einfach nicht, dass der Konflikt ein rein internes Problem ist.

    • @Rudi Hamm:

      Die Gruppen haben ausländische Unterstützung.

      Die haben Einwirkungsmöglichkeiten

      Man könnte auch mal die Menschen mit Lebensmitteln versorgen.

      Der Hamas ist das Sterben ihrer Landsleute auch egal .

      Trotzdem passiert da was.

      Einmarschieren will in Gaza oder Israel gerade auch keiner.

      Spannend ist die Frage, welcher Faktor für das unterschiedliche Maß an Mitgefühl verantwortlich ist.

  • @BRX YPZ

    Bitte... was?

  • Waffenlieferungen an Konfliktparteien sind nun mal nur böse, wenn "der Westen" liefert.