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Foto: Tina Bellon/reuters

Aktivismus in den USAAsphaltparadies

Austin wurde um das Auto herum gebaut, öffentlichen Nahverkehr gibt es kaum. Bür­ge­r:in­nen­ wollen nun den Ausbau der gigantischen Autobahn I-35 stoppen.

H ört man nicht ganz genau hin, dann erinnert das Rauschen der I-35 an das Meer. Mitte der 1970er Jahre wurden die letzten Abschnitte der Autobahn „Interstate 35“ fertiggestellt, seitdem teilt sie die USA grob in der Hälfte, einmal von Süden nach Norden, von der Mexikanischen Grenze bis zu den großen Seen bei Kanada. In Austin, Texas, ist die Autobahn ständig zu hören, denn die Millionenstadt ist maßgeblich um sie herum entstanden. Karten zeigen ein langes, dicht besiedeltes Band, das immer weiter entlang der Ausfallstraßen wächst.

In der Innenstadt herrscht um eine der großen Unterführungen reges Treiben. Es ist ein schwüler Frühlingstag, das Sonnenlicht wird durch eine Smog-Glocke gefiltert, die seit mehreren Tagen über der Region hängt. Männer in leichter, abgerissener Kleidung eilen zwischen den wartenden Autos hin und her. Sie bieten an, für ein paar Dollar die Windschutzscheibe zu waschen. Die meisten Fahrer winken ab, der Verkehr hier ist dicht.

Auf den Fahrspuren drängen sich Berufsverkehr und Lastwagen, der I-35 gilt als „NAFTA Highway“, benannt nach dem Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Es machte die Autobahn zu einer ihrer logistischen Arterien. Zu ihrem Westen wachsen Wolkenkratzer hoch über die Fahrbahn, dahinter etwas versteckter liegt der Sitz der texanischen Regierung und die Prachtvilla des Gouverneurs. Im Osten, hinter der Kreuzung, an der die Scheibenputzer arbeiten, stehen einfache Wohnhäuser und Geschäfte. Der I-35 verbindet nicht nur, sondern er trennt auch. Nun soll er vergrößert werden. Dabei geht es um weit mehr als ein paar neue Fahrspuren.

„Es ist ein giftiger Kreislauf, den wir irgendwie durchbrechen müssen,“ sagt Miriam Schoenfield. Die zierliche Frau sitzt in einem kleinen Nachbarschaftspark ein paar Kilometer weiter nördlich, auch hier ist das Raunen der nahen Autobahn noch durch die Baumkronen zu hören. Schoenfield engagiert sich mit „Rethink35,“ einer Organisation, die sich über die letzten Jahre zusammengefunden hat, um die geplante Vergrößerung der Autobahn zu verhindern. Von bis zu 16 auf dann 22 Spuren soll die Riesenstraße in der Innenstadt anwachsen, ein Tunnel soll gebaut und die alternde Infrastruktur abgerissen werden. 21 Hektar Land und rund 100 Geschäfte und Wohnhäuser müssen dafür verschwinden.

Anti-Autobahn-Aktivistin Miram Schoenfield: „Es ist ein giftiger Kreislauf“ Foto: Johannes Streeck

„Eine Vergrößerung der Autobahn führt zu einer noch größeren Abhängigkeit von PKWs,“ sagt Schoenfield. Die Aktivistin lehrt an der University of Texas in Austin Philosophie und fährt nach Möglichkeit Fahrrad, um sich in der Stadt fortzubewegen. Sie macht sich Sorgen um die Luftverschmutzung und den Lärm, den die Baumaßnahmen mit sich bringen würden. Die von Bürgermeister Kirk Watson geführte Stadtregierung wünscht sich diese aber dringlich. 12 Jahre lang war Austin die am schnellsten wachsende Stadt der USA, die Infrastruktur wuchs Watson zufolge nicht schnell genug, um mit dem Boom mitzuhalten. Im Großraum Austin leben rund 2,3 Millionen Menschen, in der Stadt knapp eine Million.

Schoenfield widerspricht der Idee, dass mehr Spuren auf der I-35 den Knoten des Stadtverkehrs auflösen würden. „Sollte die Vergrößerung stattfinden, werden rund 100.000 weitere Autos auf den Straßen unterwegs sein“, sagt sie. Diese Autos brauchen wiederum auch anderswo Raum, erklärt die Professorin. „Sie brauchen Parkplätze, und damit schwindet die Fläche für Bushaltestellen und Fahrradspuren, und alles wächst weiter auseinander.“

Mehr Spuren gleich mehr Autos – der Ausbau der Straßeninfrastruktur vergrößert auch in Austin das Problem, anstatt es zu lösen

Ein Hauptargument der Autobahngegner von Rethink35 manifestiert sich ein paar hundert Kilometer weiter östlich in Houston. Die Stadt in der Nähe des Golfs von Mexiko ist die viertgrößte der USA und auch überregional für ihren chaotischen Verkehr und ihre ewigen Autobahnen bekannt. Im Jahr 2008 beschloss die Lokalregierung, den „Katy Freeway“, einen Autobahnabschnitt in der gleichnamigen Vorstadt, zu vergrößern, um die Staus zu bändigen. 2,8 Milliarden US-Dollar steckten Stadt, Bundesstaat und Bundesregierung in das Projekt, mit 26 Spuren gilt der Freeway heute als einer der größten der USA.

Die erhoffte Entspannung des Verkehrs trat nur kurz ein. Studien zeigen, dass sich die Fahrtzeiten aus den Vorstädten ins Zen­trum seit der Erweiterung um 25 bis 30 Minuten erhöht haben. Das Ergebnis ist für Schoenfield und andere Ak­ti­vis­t:in­nen eindeutig: mehr Spuren bedeuten mehr Autos – der Ausbau der Straßeninfrastruktur vergrößert längerfristig das Problem, das er eigentlich lösen soll.

Außerdem schaffe der Bau von Autobahnen schon im Vorfeld eigene Fakten in der Stadtlandschaft. „Immobilieninvestoren hören, dass es mehr Platz auf der Autobahn geben wird, und dass somit mehr Menschen damit weiter weg vom Job leben können,“ erklärt Schoenfield. Die Geographie der amerikanischen Großstädte wächst so entlang der Möglichkeiten, die durch neue Straßen geschaffen werden. „Bis die neuen Highways dann endlich gebaut werden, bedienen sie einen Bedarf, der erst durch diese überhaupt entstanden ist.“

In Austin ist dieses Phänomen besonders gut zu beobachten, denn die Stadt wächst vor allem entlang der Trassen der I-35, nördlich und südlich des Stadtkerns. Das wirtschaftliche Hoch durch den Einzug der Tech-Industrie hat sich in Austin nur ungleich verteilt. Während der über Jahre vergessene Stadtkern heute das Zuhause von Firmensitzen und Luxuswohnungen ist, wurden viele Familien mit niedrigem Einkommen in die Außenbezirke und Vorstädte verdrängt.

Ein solcher Ort ist auch Buda, rund 24 Kilometer von den Wolkenkratzern entfernt. Vormals eine schläfrige Vorstadt umgeben von Feldern, ist diese heute die am schnellsten wachsende Ortschaft in Texas. Alleine seit dem Jahr 2010 ist Buda um 39 Prozent gewachsen, bis 2050 könnten es laut einer Studie der Texas A&M University bis zu 700 Prozent sein. 16.000 Menschen leben derzeit in Buda, in 25 Jahren könnte der Ort damit zur Kleinstadt werden. Wer pünktlich um neun zur Arbeit in der Innenstadt sein will, braucht an einem durchschnittlichen Wochentag rund eine Stunde Fahrtzeit, um die 24 Kilometer in die Innenstadt zurückzulegen.

Für Schoenfield sind Lebensqualität und Luftverschmutzung aber nur eine Seite des Problems, das hinter dem geplanten Ausbau steht. Denn für die Aktivistin und viele ihrer Mit­strei­te­r:in­nen ist dieser Teil eines Musters, das nicht nur ökologische, sondern auch soziale Folgen hat. „Die Abhängigkeit vom Auto ist eine der stärksten Formen der Ungleichheit überhaupt,“ findet Schoenfield. „Es ist unglaublich teuer, einen PKW zu halten, und wir nehmen einfach hin, dass das notwendig ist, um von A nach B zu kommen.“ Wer sich kein eigenes Auto leisten kann oder wer auf Grund seines Alters oder einer körperlichen Einschränkung nicht fahren kann, werde in der Planung des neuen Austin nicht berücksichtigt.

Masterplan der Diskriminierung

Damit wiederhole die Stadt eine Entwicklung, die schon vor knapp 100 Jahren ihren Charakter maßgeblich verändert hat. 1928 verabschiedete die damalige Stadtregierung einen sogenannten „Masterplan“, dessen Empfehlungen von einer privaten Agentur erarbeitet wurden. Über diesen wurden Gegenden mit besonders hohen Anteilen von Latinos und Afroamerikanern identifiziert. Man beschloss, gleiche demographische Gruppen aus anderen Stadtteilen dort zu konzentrieren.

Ein frühes Opfer der rassistischen Planungspolitik waren Wheatville und Clarksville, in denen sich befreite Sklaven nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges niedergelassen hatten. Die hügeligen Gegenden waren lange für Weiße unattraktiv, doch die Erfindung des Automobils machte den ehemals mühseligen Weg zum Katzensprung. Die sogenannten „Freedmen“ (befreite Sklaven) und ihre Nachkommen mussten den Dekreten des Masterplans weichen und wegziehen. Heute gehören die Stadtteile zu den teuersten in Austin und sind vornehmlich weiß.

Afro­ame­ri­ka­ne­r:in­nen und Latin@s wurden systematisch östlich der sogenannten „East Avenue“ angesiedelt. Dort entstanden auch Industriegelände, die das weiße Austin nicht bei sich haben wollte. Aus der East Avenue wurde in den 1960er und 70er Jahren die I-35. Sie durchzieht die Stadt bis heute wie eine Schneise. Fußgänger:innen, die den Highway von Osten nach Westen überqueren wollen, müssen sich an die wenigen Über- oder Unterführungen halten, die sie vom Rest der Stadt trennen. So schaffte die Autobahn eine Grenze aus Beton, um das eine Austin vom anderen zu trennen.

Armut in Austin unter Betonpfeilern der Autobahn I-35 Foto: Joseph Rushmore/NYT/Redux/laif

Die texanische Hauptstadt ist mit dieser Geschichte in den USA nicht allein. Der Bau von Autobahnen als Schaffung von ethnischen und ökonomischen Barrieren hatte im 20. Jahrhundert System. Dessen vielleicht bekannteste Umsetzung geschah in und um New York City, wo der bis heute viel besprochene Stadtplaner Robert Moses über Jahrzehnte seine Visionen durchsetzen konnte. Diese bestanden vor allem aus gigantischen, „Parkways“ genannten Autobahnen, die die Bezirke der Metropole miteinander verbanden. Oftmals wurden sie entweder quer durch vornehmlich nicht-weiße Wohngegenden gezogen, oder, so wie in Austin, um diese vom Rest der Stadt zu trennen. Mangelnde Mobilität in betroffenen Gegenden verstärkte die soziale Ungleichheit und hat bis heute schwere Folgen für die Gesundheit vieler ihrer Bewohner:innen.

Eine 2018 veröffentlichte Studie besagt, dass Schwarze Ame­ri­ka­ne­r:in­nen ein 42 Prozent höheres Risiko für Asthma haben als Weiße. Die Nähe zu Hauptverkehrsstraßen und Industrie, die bis heute viele ihrer Wohngegenden ausmachen, werden als wichtiger Grund für diese Ungleichheit genannt. Für Schoenfield zieht Austin mit der geplanten Erweiterung die Politik des letzten Jahrhunderts akkurat nach: „Die zuständige Behörde hat bis heute nicht prüfen lassen, wie der Ausbau die Luftqualität beeinflussen wird. Und 87 Prozent der Gebäude, die abgerissen werden sollen, gehören armen oder nicht-weißen Menschen.“

Rethink35 hat sich deshalb mit anderen Gruppen zusammengeschlossen, um gerichtlich gegen die geplanten Maßnahmen vorzugehen. Aus ihrer Sicht werden durch diese die Bürgerrechte der Betroffenen verletzt. Denn Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Herkunft ist in den USA verfassungsrechtlich nicht zulässig.

Ein paar Kilometer südlich des kleinen Nachbarschaftsparks, in dem Schoenfield sitzt, sind die ersten Anzeichen des geplanten Ausbaus schon zu sehen. Eine Tankstelle und mehrere Wohnhäuser mussten an einer Ausfallstraße der Expansion weichen. Zurückgeblieben ist eine Brachfläche, die langsam unter dem Unkraut verschwindet. Eine Ecke weiter ist ein weiterer kleiner Nachbarschaftspark, in dem An­woh­ne­r:in­nen Gemüse und Obst anbauen. Die Gegend gehört zur alten „East Side,“ dem benachteiligten Stadtteil östlich der I-35. Vielen Weißen in Austin galt er lange als No-Go-Area. Heute ist die East Side ein Epizentrum des Booms. Zwischen verglasten Neubauten und Luxussanierungen sieht man hier und da noch alte Gang Graffitis.

„Austin wird immer unzugänglicher für viele Menschen“

Carmen Llanes Pulido sitzt auf einer Parkbank. Sie versucht, sich die Mückenschwärme vom Hals zu halten, während sie von ihrer Vision vom neuen Austin erzählt. Pulido ist Mitte dreißig und spricht energisch. „Austin wird immer unzugänglicher für viele Menschen,“ sagt sie. Pulido ist in der Stadt aufgewachsen und engagiert sich dort seit Jahren für Minderheiten und Arme. Kirk Watson, der wirtschaftsfreundliche Bürgermeister, war bereits einmal Anfang der Nullerjahre im Amt. „Ich habe quasi mein ganzes Erwachsenenleben seine Politik und deren Folgen beobachten können“, erzählt Pulido.

Bei der kommenden Wahl im November kandidiert sie selbst für das höchste Stadtamt. Sie versteht sich als links von Demokraten wie Watson. Während sie die Kan­di­da­t:in­nen der Partei zum Teil unterstützt, „habe ich auch beobachten können, zu welchen katastrophalen Ergebnissen ihre Politik in Austin geführt hat.“

Für Pulido ist die Stadt alles andere als verloren. „Hier gibt es immer noch einen Zauber,“ sagt sie über den Ort, dessen Grünflächen, Musikszene und entspannte Lebensart ihn lange zum Geheimtipp im amerikanischen Süden gemacht hat. „Aber wenn wir uns nur darauf konzentrieren, den ökonomischen Wert aus all diesen Dingen herauszusaugen – ohne über das Klima oder Ungleichheit zu sprechen – dann machen wir die Stadt immer unattraktiver.“

Im letzten Jahr haben mehr Menschen Austin verlassen, als dazugekommen sind: zum ersten Mal in zwei Jahrzehnten. „Ich finde, das sagt etwas aus,“ so Pulido. Auch an diesem Tag hängt der Smog in der Luft, die zuständige Behörde hat eine Warnung ausgesprochen, von übermäßiger Aktivität im Freien wird abgeraten.

Im gleichen Park bereitet sich Adam Greenfield auf eine kurze Rede vor, die er für Un­ter­stüt­ze­r:in­nen von Rethink35 halten will. Unter dem Schatten großer Bäume haben sich hier rund zwei Dutzend Mitglieder und Spen­de­r:in­nen der Gruppe zusammengefunden. Auch hier dröhnen die Motorengeräusche der I-35, aber die Versammelten lassen sich nicht stören in ihrer Oase.

Greenfield, mit Dreitagebart und gegen die Hitze in einem leichten Leinen-Hemd gekleidet, stammt ursprünglich aus England und lebt seit rund zehn Jahren in Austin. „Heute ist das zweijährige Jubiläum der ‚Elizabeth‘-U-Bahnlinie in London,“ sagt er. „Sie transportiert übers Jahr mehr Menschen als der Katy Freeway in Houston – das zeigt doch, dass Autobahnausbau nicht die richtige Methode ist, um mit Bevölkerungswachstum Schritt zu halten.“

Greenfield spricht hier ein kontroverses Thema an, das Geg­ne­r:in­nen des Ausbaus bewegt. Rund 4,5 Milliarden US-Dollar werden Stadt und Bundesstaat für diesen wohl zahlen. Die Instandhaltungskosten sind dabei noch nicht eingerechnet. Die Milliarden für einen effektiven öffentlichen Nahverkehr, wie er in Europa weit verbreitet ist, würden den Preis des Ausbaus aber weit übersteigen.

Städte, die durch Autos entstanden

Städte wie Austin stehen hier vor einem Paradox, denn die Metropolregionen im Süden und Westen der USA entstanden nicht nur mit, sondern erst durch das Auto. Eine durchgreifende Überholung des Transportwesens, wie Rethink35 sie befürwortet, muss sich auch mit den Tatsachen auseinandersetzen, die ein Jahrhundert der KFZ-Stadtplanung geschaffen hat.

Rethink35 ist derzeit Mitkläger bei zwei Gerichtsprozessen, die darauf abzielen, die Erweiterung der Autobahn zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Einer bezieht sich auf die Bürgerrechtsverletzungen, die durch die Verdrängung geschehen könnten. Der zweite orientiert sich an der mangelhaften Prüfung der ökologischen Folgen des Projekts und läuft erst noch an. Der erste Prozess wird bereits vor einem Bundesgerichtshof verhandelt. Auch der Park, in dem Greenfield spricht, soll verkleinert werden, um Platz für Straßenbaumaschinen zu schaffen. Während sich die Prozesse noch ziehen, plant die Stadt einen Ausbaubeginn noch diesen Sommer.

Ob sich der Ausbau aufhalten lässt oder nicht, ist für Adam Greenfields Aktivismus nicht entscheidend. „Selbst wenn wir gegen die I-35 gewinnen, gibt es noch so viele andere Erweiterungen anderswo, die aufgehalten werden müssen,“ sagt er. „Es würde keinen Sinn machen, danach einfach aufzuhören.“

Der Aktivist erzählt, dass sich Rethink35 nicht nur überregional, sondern auch national mit gleichgesinnten Gruppen vernetzt, die ähnliche Ziele verfolgen. Freeway Fighters nennt sich Greenfield – wie viele andere, die sich in den USA gegen die Übermacht des Automobils aufbäumen. Auf ihrem Vernetzungsportal sind dutzende Gruppen gemeldet, die sich gegen neue Autobahnprojekte in ihren Gegenden wehren.

„Es ist eine junge Bewegung, und wir stehen mächtigen Interessen gegenüber, die am Status Quo verdienen.“ Bei den Freeway Fighters verbinden sich die Kämpfe gegen den Klimawandel, gegen Rassismus und zu lebenswerten Städte für alle. Auf verlorenem Posten stehen sie bei Weitem nicht, laut Umfragen befürworten 75 Prozent aller befragten Ame­ri­ka­ne­r:in­nen mehr Schienennetze für Fracht- und Personenverkehr.

Eine Studie, die im Jahr 2021 von der US-Behörde für Transportwesen herausgegeben wurde, besagt, dass ein halbes Prozent der globalen CO2-Emissionen auf den Straßenverkehr in Texas zurückgeführt werden kann. Die Dominanz des Autos und das System, das um dieses kreist, vergleicht Adam Greenfield mit einem großen Schiff. „Und um große Schiffe zu bewegen, braucht es Zeit“, sagt er. „Aber wenn wir es erstmal umgekehrt haben, dann fährt es in die richtige Richtung.“

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13 Kommentare

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  • Tja, wie will man aus dem Kreislauf herauskommen? Die meisten machen mit, weil es (fast) keine andere Option gibt als das Auto zu nutzen, wenn man mobil sein will. Bei den dann resultierenden weiten Wegen, vor allem aufgrund der dünneren Besiedlung im Vergleich zu Europa, setzt sich natürlich niemand auf's Fahrrad oder geht mal zu Fuß. Insofern werden öffentliche Vekehrssyssteme auch nicht wirklich angenommen.



    Es gibt aber auch Beispiele, wo es sehr viel anders läuft, z.B. Portland (Oregon). Dort wurde in den 70ern schon angefangen, öffentliche Verkehrssysteme neu und auszubauen, die Prämisse war: mehr Bus, weniger Auto, weniger Zersiedlung, kürzere Wege. Die Stadt ist seitdem weitgehend so angelegt, dass nnerhalb von 20 Minuten zu Fuß alle notwendigen Einrichtungen für's tägliche Leben erreichbar sind. Ein dichtes ÖPNV-Netz wurde aufgebaut, welchen im Modalsplit mit 12% Nutzung angegeben wird. In Dresden sind es im Vergleich dazu 20%.



    Aber in Dresden gibt es auch ab und zu Diskussionen, welcher Verkehrsträger maßgeblich unterstützt werden soll/muss. Es gibt dort einen Lokalpolitiker, der das Verkehrssystem prinzipiell aus Windschutzscheibensicht betrachtet.

  • "Auf verlorenem Posten stehen sie bei Weitem nicht, laut Umfragen befürworten 75 Prozent aller befragten Ame­ri­ka­ne­r:in­nen mehr Schienennetze für Fracht- und Personenverkehr."

    Naja, USA sind eine Demokratie, Partein gründen ist zwar schwer aufgrund des Wahlsystems, aber man könnte innerhalb der beiden großen Parteien versuchen den (angeblichen?) mehrheitswillen umzusetzten.

    Aber in den USA übertönt der ausgerufene Kulturkampf derzeit alles andere, da gehen solche vernünftgen Bestrebungen komplett unter.

  • In den USA ist die PKW-Ideologie noch extremer als die Waffen-Anbetung. Laut WHO sterben dort jährlich mehr als 35000 ! Leute im Straßenverkehr bei viermal mehr Bevölkerung als Deutschland, wo es um die 3000 Verkehrstote gibt. Das ist dort ein Gemetzel sondergleichen, um dem Autowahn zu huldigen, was bei mir ernsthafte Zweifel an der dortigen Mentalität noch verstärkt. Darüberhinaus 13000 Schusswaffentote, 130000 Drogentote. Da läuft doch so ziemlich alles falsch. Und in letzter Instanz wird der Supreme Court mit Denkstrukturen aus der Postkutschenzeit sämtliche Versuche verbieten, etwas gegen diesen Irrsinn zu unternehmen; wie zuletzt gestern mit der Aufhebung des Bumpstock-Verbots für Schnellfeuerwaffen.

  • Sehr interessanter Bericht, schön, wie aktuelle Bewegungen mit den soziologischen und ökologischen Aspekten in einem größeren Rahmen verbunden werden.

    Immer wieder erstaunlich, dass die Beharrungskräfte auch unter der taz-Leserschaft noch so ausgeprägt sind.

  • Trotz aller unbestrittenen Nachteile, die der private Autoverkehr mit sich bringt, ist für viele Autofahrer das hauptsächliche Argument gegen den Umstieg auf den ÖPNV: Mit dem Auto komme ich jederzeit von Haustür zu Haustür, mit dem ÖPNV dagegen nur zu den mehr oder weniger passenden Zeiten von Haltestelle zu Haltestelle, oft verbunden mit Zeitverlust durch Umsteigen.



    Solange dieses Problem nicht gelöst ist, wird der grundsätzliche Umstieg auf den ÖPNV weder bei uns, noch in den USA gelingen.

    • @Pfanni:

      Naja, grundsätzliche Probleme sind die kaum gebildete Erkenntnisse über die jahrzehntelange starke Überbelastung von Klima und Umwelt, die Ausmaße der modernen Lebensweise und die Verweigerung, hierin Zusammenhänge zu erkennen. Die Debatte hat etwas wahnwitziges - denn das Stellen des Luxusanspruches bequem, quasi in einem privaten Mini-Wohnzimmer von Tür zu Tür zu kommen, geschieht vor dem Hintergrund der voranschreitenden Vernichtung der Lebensgrundlagen. Letzteres ist quasi eine Folge und Ausdruck solcher Luxusansprüche. Flächen-, Ressourcenverbrauch (einschließlich Energie) und Treibhausgasaustoß sind gewaltig, viel zu groß, dass sie von den Natursystemen getragen werden können. Es müsste eine radikale Abkehr von dieser Lebensweise und diesen Strukturen (wie motorisierter Individualverkehr) geben. Auch E-Autos sind keine Lösung sondern schlecht verschleiertes Greenwashing einer zerstörerischen Lebensweise. Wie wäre es, sich mal ehrlich zu machen?!



      Solange dies nicht gelöst wird, wird das Weiterexistieren der Menschheit nicht gelingen.

    • @Pfanni:

      wie immer bei der verkehrsdebatte: stadt und land trennen.



      auf dem land braucht man - noch - ein auto.



      in der stadt nicht.

    • @Pfanni:

      Es kommt noch schlimmer: Selbst wenn das Fahrzeug genau vor der Haltestelle hält, und einem genau vor dem Supermarkt absetzt, und die Linie vielleicht einen 5-Minuten-Takt, werden viele Menschen lieber das Auto benutzen.

      Warum?

      Man müsse sich mit fremden Menschen ein Fahrzeug teilen.

      Fremdenfeindlichkeit beginnt dann bereits bei den eigenen Landsleuten.

      Wie man dieses Problem löst? Geht nur Zwang.

    • @Pfanni:

      Das gilt nur, wenn Du bei A und B einen gesicherten Parkplatz hast.

      Auf dem Land ist genug Platz für Autos und der ÖPNV ist schlecht.



      In Großstädten ist es umgekehrt.

  • Mehr Arbeitsplätze in der City, mehr Pendler und bei der dünnen Bebauung der Vororte keine wirtschaftliche Basis für eine Metro. Sorry.

  • "Mehr Spuren gleich mehr Autos – der Ausbau der Straßeninfrastruktur vergrößert auch in Austin das Problem, anstatt es zu lösen"

    Ich muss bei solchen Behauptungen immer an Umgehungsstrassen denken. Man baut eine hin, damit die Leute nicht mehr durch Ortschaften fahren. Das machen sie dann auch nicht mehr. Und anschliessend kommt ein Schlaumeier daher und meint: "Siehste, kaum haben wir die Strasse gebaut, waechst der Verkehr!"

    • @elektrozwerg:

      Die I35 ist keine lokale Umgehungsstraße um eine Landgemeinde.

      Größere Autobahnen verschnellern den Verkehr und damit kann man in der gleichen Zeit weiter pendeln, also pendeln auch mehr und weiter.



      Also mehr Verkehr.

      Was stimmt daran nicht, zumal es auch messtechnisch nachgewiesen ist?

      • @Sonntagssegler:

        Wenn mehr pendeln, weil sie zB in der selben Zeit ein groesseres Gebiet abdecken koennen, haben sie davon einen Nutzen, besserer Job oder ueberhaupt einen Job.



        Autos sind nur Platzhalter fuer die Mobilitaet unserer Zeit, vor allem in den USA. Wer Autos als Problem darstellt ohne reale Alternativen anzubieten, loest die Angst aus, die eigene Mobilitaet zu verlieren.



        Vielleicht muss man dafuer ausserhalb einer Stadt aufgewachsen sein, um nachvollziehen zu koennen wie die Freiheit mit 16 und der eigenen Vespa began ;)