Verbot des Songs „L’amour toujours“: Den Falschen bestraft

Den Song, der Vorlage für Rassisten auf Sylt bot, zu verbieten, löst das Problem nicht. Der Musiker Gigi D’Agostino hat mit den Nazis nichts gemein.

Gigi D’Agostino

Gigi D’Agostino Foto: imago

Der Oktoberfestbetreiber ist dem Wunsch der Sylt-Touristen nachgekommen: Der Ausländer ist raus. „Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten Scheißdreck kein Platz“, sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner als Antwort auf das Video feiernder Rassisten, die „Ausländer raus!“ gesungen hatten auf die Beats des in den Spätneunzigern erschienenen Italodance-Songs „L’amour toujours“.

Anstatt jedoch das Problem rassistischer Parolen im öffentlichen Raum mit Bedacht anzugehen, entscheiden sich die Organisatoren des deutschen Bierfestes für eine Kurzschlussreaktion: Ein Song mit französischem Titel, der von einem Italiener komponiert wurde, der auf Englisch über Liebe singt, wird verboten. So einfach ist das. Doch eine echte Lösung sieht anders aus.

Mit dem Verbot eines Liedes, das Idioten umgedichtet haben, wird der Falsche bestraft. Gigi D’Agostino, der Musiker, distanzierte sich deutlich von dem Sylt-Skandal. Die Leitung vom Oktoberfest gießt nun zusätzlich Öl ins Feuer. Dem Rassismus wird das Verbot keinen Abbruch tun. Wer sich von einem 25 Jahre alten internationalen Song distanziert, distanziert sich damit nicht automatisch auch von Rechten oder von Naziparolen.

Baumgärtners Entscheidung ist nichts weiter als scheinheiliges Marketing. Schließlich bewirkt das Verbot von „L’amour toujours“ keineswegs, dass Nazis künftig nicht zu anderen Beats Hassbotschaften grölen werden. Soll dann jeder Song, der von irgendwelchen Deppen instrumentalisiert wird, verboten werden? Das gäbe denjenigen, die wirklich Rassismus verbreiten wollen, zu viel Macht: umdichten, grölen und schon ist das Lied vom Tisch.

Nicht „L’amour toujours“ ist das Problem, sondern das vorhandene rechte Gedankengut in den Köpfen einiger Deutscher. Daher sollte nicht Gigi D’Agostino als Sündenbock herhalten müssen. Stattdessen sollten die Festbetreiber sich überlegen, wie sie in einigen Monaten den Rassismus von den Bierzelten fernhalten können – sei es mit mehr Sicherheitspersonal, Hausverboten oder Schulungen für die Angestellten.

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