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Abstimmung über US-Militärhilfe geplantHoffnungsschimmer für die Ukraine

Nach monatelanger Blockade durch die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen könnte in dieser Woche im US-Kongress über neue Militärhilfen entschieden werden.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, am 16.4. in Washington Foto: J. Scott Applewhite/ap

Berlin taz | Nach Monaten der Blockade von Finanzmitteln und Militärhilfe für die Ukraine, Israel und den Indopazifik kommt Bewegung in das US-Repräsentantenhaus. Am Montagnachmittag (Ortszeit) kündigte dessen republikanischer Sprecher Mike Johnson an, noch in dieser Woche Abstimmungen in der Kammer anzusetzen – allerdings nicht über das im Februar vom Senat mit überparteilicher Mehrheit verabschiedete 95-Milliarden-Dollar-Paket für alle Regionen, sondern getrennt: Ukraine, Israel, Taiwan.

Seit Oktober vergangenen Jahres hatte sich US-Präsident Joe Biden um die Hilfen bemüht. Dass Johnson die Abstimmung stets verweigerte, sorgte dafür, dass seit Ende des Jahres für die Ukraine keine Hilfe mehr aus Washington ankam, was sich im Frontverlauf im Osten des angegriffenen Landes auch klar widerspiegelt.

Anfangs hatten die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen gefordert, vor jeder weiteren Hilfe an die Ukraine müssten Investitionen in die Sicherung der US-Südgrenze vor dem Andrang von Mi­gran­t*in­nen aus Mittel- und Südamerika stehen. Und so sah das ursprüngliche Paket, das vom Kongress verabschiedet werden sollte, neben rund 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine und 14 Milliarden für Israel auch mehrere Milliarden Dollar für die US-Grenzsicherung vor.

Da aber kam Ex-Präsident Donald Trump ins Spiel: Der machte bei Abgeordneten und Se­na­to­r*in­nen seiner Partei Stimmung dafür, dem Paket auf keinen Fall zuzustimmen. Verbesserungen im Grenzschutz könnten ihn schließlich sein wichtigstes Wahlkampfthema kosten.

Problem: Andere Mehrheiten für unterschiedliche Pakete

Sollte Johnson darüber eine Abstimmung ansetzen – die womöglich mit einer überparteilichen Mehrheit gegen den Willen von Trump-Hardlinern gewonnen werden würde –, drohten Hard­li­ne­r*in­nen wie die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene schon mit einem neuen Amtsenthebungsverfahren gegen den Sprecher. Den Antrag dafür hatte sie präventiv schon Ende März gestellt.

In mehreren Presseauftritten und in seiner Rede zur Lage der Nation im Kongress Anfang März flehte Präsident Biden das Abgeordnetenhaus an, endlich zu handeln. Die Welt schaue genau, was die USA täten und ob sie ihre Verbündeten im Stich ließen, sagte Biden.

Genau diese Formulierungen nahm Johnson selbst auf, auch wenn er das nach dem iranischen Angriff vom vergangenen Wochenende vor allem auf Israel bezog. „Wir wissen, dass die Welt beobachtet, wie wir reagieren“, sagte Johnson. „Wir haben auf der ganzen Welt Terroristen und Tyrannen und schreckliche Führer wie Putin und Xi und in Iran, und sie schauen, ob Amerika hinter seinen Verbündeten und seinen Interessen auf der Welt steht – und das werden wir.“

Unklar ist, wie die einzelnen Pakete genau aussehen werden, und wie die Mehrheiten dafür zustande kommen. Während die republikanische Rechte eigentlich kein Geld mehr für die Ukraine bereitstellen will, allenfalls auf Pump, sträubt sich der progressive Flügel der De­mo­kra­t*in­nen, im Senat angeführt durch die linke Ikone Bernie Sanders, gegen weitere Militärhilfen für Israel. Sanders und wenige andere hatten auch dem ursprünglichen Gesamtpaket im Senat ihre Zustimmung verweigert – in der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus ist dieser Flügel noch größer.

Für Mike Johnson ist es ein gewagter Schritt, den er diese Woche unternommen hat. Die Mehrheit der republikanischen Fraktion ist durch Todesfälle und Rücktritte derzeit auf eine einzige Stimme geschrumpft, intern ist die Fraktion zerstritten. Für unterschiedliche Finanzpakete wechselnde Mehrheiten zu suchen, braucht viel Erfahrung und Rückhalt. Beides hat Johnson nicht.

Allerdings: Auch für seine Abwahl bräuchte es, wie schon bei seinem Vorgänger Kevin McCarthy, die Stimmen vieler Demokrat*innen. Es bleibt also kompliziert.

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6 Kommentare

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  • Das ist schon lange kein Grund mehr für Hoffnung, es sei denn man hat was Bedeutendes gegen Ukrainer, was offensichtlich nicht so selten ist. Denn die blosse Fortsetzung liefe ja nur darauf hinaus, das Leben weiterer Teile ihrer Bevölkerung, notdürftig ausgebildet und ausgerüstet, dafür zu opfern Landesteile (im besten Fall) ein paar Monate länger zu halten. Auch Trillionen könnten die verlorene Zeit (und Leben) nicht zurückdrehen und dann ist das lange keine Antwort mehr. Es ist nicht mal mehr die erste Silbe einer sinnvollen Reaktion, von einem Plan gar nicht zu reden. Sowohl die Ukrainer als auch die Balten fordern, wenn auch entsetzlich spät, ein wenigstens vergleichbares, aktives, direktes Eingreifen wie für die Verteidung Israels. Es ist und war nie zu argumentieren oder zu vermitteln warum das nicht möglich sein soll. Stattdessen das Rad dort jetzt zum fünften mal neu zu erfinden und Kapazitäten und Fähigkeiten zu doppeln, die für westliche/NATO-Länder - selbst ausserhalb Europas - zu Hauf verfügbar sind, und offensichtlich ganz gut funktionieren.

  • Hier mal ein kleines Problem. GELD hat der Westen genug. Aber man kann keine Artillerie mit Geld laden.



    Der Westen müsste dazu hinbekommen, dass wir endlich Munitionsfabriken aufbauen mit Abnahmegarantien für große Mengen Granaten.

    • @Kartöfellchen:

      Scholz kann jederzeit 10 Millionen Granaten bei der Industrie bestellen dann bauen die Produktion auf die ordentlich liefert, aber das heißt halt Nägel mit Köpfen machen da sind dann Gelder gebunden. Außerdem wenn man ordentlich Geld in die Rüstung steckt entsteht da eine Industrie mit vielen Mitarbeitern, die wählen natürlich in Zukunft Parteien die weiterhin viel Geld in die Rüstung stecken. Die SPD will aber eigentlich so schnell wie möglich zurück zu der Zeit als die Bundeswehr stiefmütterlich behandelt wurde. Es macht Wahlkampftechnisch keinen Sinn für die SPD das Richtige zu tun.

      • @Machiavelli:

        "Es macht Wahlkampftechnisch keinen Sinn für die SPD das Richtige zu tun."

        Diese Aussage finde ich populistisch und verzehrt die Fakten sehr. Die SPD unter Scholz hatte zwar gleich am Anfang den russischen Angriffskrieg auf das Schärfste verurteilt, aber sich anfangs zurückhaltend und diplomatisch verhalten. Für die Umfragewerte der SPD war das katastrophal - Scholz hat hier also zutiefst unpopulistisch gehandelt.



        Der Vorwurf, dass die SPD wahlkampftechnisch handelt ist also falsch, auch wenn vielleicht ein paar der verlorenen gegangen Wählern zurückkommen.



        Und was am Ende das Richtige gewesen ist wird man sowieso erst später wissen - zu viel Diplomatie wird aber in der Retrospektive sicherlich nicht kritisiert werden (und um hier Missverständnise zu vermeiden; Diplomatie muss kein Widerspruch zu militärischer Hilfe sein).

        • @Alexander Schulz:

          " zu viel Diplomatie wird aber in der Retrospektive sicherlich nicht kritisiert werde" Kommt drauf an wenn Historiker zu dem Schluss kommen das diese "Diplomatie" von der anderen Seite als Schwäche interpretiert wurde war sie ein Fehler.

  • Taiwan und Ukraine zu unterstützen ist ein klarer Fall. Bei Israel sollte bei allem Verständnis schon sehr deutlich auf Fairness gegenüber Palästina und Deeskalation gedrungen werden. Netanyahus Klammern an der Macht braucht keine große US-Hilfe. Die Abfanganlagen könnten besser teils in der Ukraine eingesetzt werden.