Vorwahlen in den USA: Gaza-Warnung für Biden aus Michigan

100.000 De­mo­kra­t*in­nen nutzen die demokratischen Vorwahlen im US-Bundesstaat für einen Protest gegen die Israel-Unterstützung der Biden-Regierung.

Die Aktivistin Leyla Abad spricht im Rahmen der Kampagne für „uncommitted votes“ in Michigan

Die Aktivistin Leyla Abad spricht im Rahmen der Kampagne für „uncommitted votes“ in Michigan Foto: Rebecca Cook/reuters

BERLIN taz | Auf den ersten Blick bringen die Ergebnisse der Vorwahlen im US-Bundesstaat Michigan vom Dienstag keine echten Überraschungen. Auf der republikanischen Seite gewinnt Donald Trump erneut klar gegen seine letzte verbliebene Konkurrentin Nikki Haley. 68,2 Prozent der republikanischen Wäh­le­r*in­nen stimmten für Trump, 26,6 Prozent für Haley. Und bei den De­mo­kra­t*in­nen holt Amtsinhaber Joe Biden, der keine ernstzunehmenden Her­aus­for­de­r*in­nen hat, gut 81 Prozent der Stimmen.

Und dennoch signalisiert der Wahltag für beide Kan­di­da­t*in­nen deutliche Schwächen, wenn es darum geht, den Swing State Michigan mit seinen 15 Wahlleuten im November zu gewinnen. 2016 holte Donald Trump den Staat mit gerade einmal 11.000 Stimmen Vorsprung, 2020 gewann Biden 154.000 Stimmen mehr als Trump.

Trump braucht jede Stimme, die er bekommen kann, und wenn auch nur die Hälfte jener, die jetzt für Nikki Haley stimmten, im November nicht zu Wahl gehen, hat er schlechte Chancen.

Auf demokratischer Seite hingegen sorgte eine organisierte Kampagne linker, propalästinischer Ak­tis­t*in­nen innerhalb der demokratischen Wäh­le­r*in­nen­schaft dafür, dass insgesamt rund 100.000 Stimmen nicht für Biden abgegeben, sondern mit „uncommitted“ angekreuzt wurden – keinem Kandidaten verpflichtet.

Michigan hat viele palästinensische oder arabische Bürger

Wochenlang hatte die Kampagne Listen to Michigan, im Verbund mit anderen linken Vereinigungen wie etwa der einst zur Unterstützung der Präsidentschaftskandidatur von Bernie Sanders gegründete Gruppe Our Revolution, dafür geworben, durch „uncommitted“ Stimmen Druck auf Präsident Biden auszuüben, seine Israel-Politik zu ändern.

US-Abgeordnete Sprecherin der Kampagne ist Layla Elabed, die Schwester von Rashida Tlaib, die seit 2019 für Michigan im US-Repräsentantenhaus sitzt. Michigan ist ein Staat mit vergleichsweise hohem palästinensischen oder arabischen Bevölkerungsanteil. Tlaib ist die einzige palästinensischstämmige US-Abgeordnete, gehört dem linken Fraktionsflügel an und ist Teil des „Squads“ um die linke New Yorkerin Alexandra Ocasio-Cortez.

Die Kampagne hatte propagiert, sie wolle mindestens 10.000 „uncommitted“ Stimmen erreichen und konnte sich nunmehr mit rund 100.000 Wahlzetteln mehr als zufrieden zeigen. Allerdings wiesen Sprecher des Biden-Teams zurecht darauf hin, dass bei allen jüngsten Vorwahlen in Michigan stets 20.000 „uncommitted“ Stimmen abgegeben worden waren – da 10.000 als Zielmarke vorzugeben, war ein propagandistischer Trick.

Dennoch gab sich Layla Elabed am Dienstagabend selbstbewusst: „Zehntausende Demokraten, von denen viele 2020 für Biden gestimmt haben, fühlen sich aufgrund des Krieges in Gaza nicht seiner Wiederwahl verbunden“, sagte sie.

Sanders and Ocasio-Cortez gegen die Kampagne in Michigan

In der Forderung, sich für einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza einzusetzen, die Militärhilfe für Israel einzustellen und der Netanjahu-Regierung die schützende Hand im UN-Sicherheitsrat und vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu entziehen, ist sich der progressive Flügel der De­mo­kra­t*in­nen ziemlich einig. Es ist Bernie Sanders, der vom Senat aus eine parlamentarische Kampagne anführt, um die Bewilligung weiterer Waffen für Israel zu verhindern.

Mit der Michiganer Kampagne ist er dennoch genauso wenig einverstanden wie seine Kollegin Alexandra Ocasio-Cortez im Repräsentantenhaus. Noch einmal Trump zu ermöglichen, weil Linke nicht zur Wahl gehen, kommt für sie nicht in Frage.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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