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Amnestiegesetz in SpanienPragmatismus gewinnt

Gemma Teres Arilla
Kommentar von Gemma Teres Arilla

Spaniens Ministerpräsident will Befürwortern der Unabhängigkeit Straffreiheit gewähren, um eine Mehrheit zu bilden. Eine Chance für Spanien.

Eine historische Chance für das moderne Spanien Foto: Albert Gea/reuters

E igentlich wollte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez den ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten, Carles Puigdemont, unbedingt vor Gericht bringen. Puigdemont wiederum hat wiederholt versichert, dass seine Partei Sánchez nie zum Regierungschef machen würde. Und nun kommt doch alles anders: Spanien steht vor einem historischen Moment.

Dass sich Puigdemonts Partei (Junts) und die spanischen Sozialisten (PSOE) mit den regionalen Nationalistenparteien im Baskenland und in Galizien einigen konnten, ist eine sehr gute Nachricht, um den langen Schatten der Franco-Diktatur endlich hinter sich zu lassen – und um endlich und ernsthaft den plurinationalen Staat, der Spanien eben ist, vollständig und auf Augenhöhe mit den historischen Regionen anzuerkennen.

Denn parallel zum Amnestiegesetz für die Beteiligten des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums von 2017 haben die Parteien auch vereinbart, über ein legales Referendum und einen neuen Finanzpakt zu verhandeln. Diese Einigung könnte endlich zur Lösung des jahrelangen Spaltungskonflikts beitragen.

Die Rechten schreien auf ihren Demos nach dem Erhalt der mono­nationalen Einheit nach Francos Vorbild. Mit der jüngsten Vereinbarung gibt es indessen die Chance auf Versöhnung und auf ein modernes Spanien. Denn selbst ein erneutes Referendum würde nicht automatisch bedeuten, dass die Be­für­wor­te­r*in­nen der Unabhängigkeit gewinnen.

Vereinbarung könnte die Abspaltung verhindern

Eher im Gegenteil: In den Umfragen der letzten Jahre und beim Referendum von 2017 kam es immer wieder zu einer Pattsituation. Aufschwung bekam die Unabhängigkeitsbewegung überhaupt erst nach dem politischen und juristischen Veto der Konservativen von 2010 gegen die katalanische Verfassung, die der Region mehr Autonomie einräumte.

Wenn in einer linken Regierung unter Sánchez eine echte Anerkennung der regionalen Identitäten und Kompetenzen erreicht wird, werden Ka­ta­la­n*in­nen eher Pragmatismus wählen – statt eine unsichere Zukunft nach der Abspaltung.

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Gemma Teres Arilla
Leitung taz Panter Stiftung
Jahrgang 1982, ist Leiterin der taz Panter Stiftung. Zuvor war sie stellvertretende Auslandsressortleiterin und taz-Europa-Redakteurin. Bei der taz hat sie im Mai 2022 als Themen- und Nachrichtenchefin angefangen. Sie berichtet seit 2005 als freie Korrespondentin für Tageszeitungen, Fernseh- und Radiosender über Deutschland, Zentral- und Osteuropa. Ihre Karriere als Journalistin hat sie in Spanien gestartet und an der FU Berlin hat sie sich auf Osteuropa und Russland spezialisiert. Mehrere multimediale Projekte hat sie initiiert und durchgeführt, um Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft zu fördern.
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4 Kommentare

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  • Wenn Parteien nach einer Wahl in wesentlichen Punkten eine ganz andere Politik vertreten als vor der Wahl, fühlen sich viele Wähler und Wählerinnen betrogen. Das merkt man bei der Ampelkoalition, das werden auch Sanchez und die PSOE in Spanien feststellen.

  • Respekt!

  • Ich stimme Ihrer Aussage zu, dass es eine Chance für Spanien ist!

    Die spannende Frage ist jedoch, ob sie genutzt wird zum Ausgleich oder ob es wieder Bestrebungen der Separatisten gibt sich über das Gesetz zu stellen.

    Es gibt auch innerhalb der Verfassung viel Spielraum für Veränderungen.

    • @Alexander Schulz:

      Ich bin ebenfalls der Meinung, daß es eine Chance für das plurinationale Spanien ist.

      Es gibt innerhalb der spanischen Verfassung viel Spielraum für ein Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens, wie es zwischen 70 und 80 % der Bevölkerung Kataloniens seit vielen Jahren fordert.

      Gewinnt die Option des eigenen Staates, muss die Verfassung des EU-Staates, welcher elementare Minderheiten-Rechte respektieren sollte, angepasst werden, wie z.B. 2011 auch die Schuldenbremse auf Druck von Merkel in die spanische Verfassung eingebaut wurde.