Schlichterspruch bei der Deutschen Bahn: Kein schlechter Kompromiss

Die EVG hat eine Rekord-Erhöhung der Tariflöhne bei der Deutschen Bahn erstritten. Mit Sparmaßnahmen könnte das Eisenbahnunternehmen ganz oben ansetzen.

Mehrer ICE-Züge in einem Betriebswerk.

ICE der Bahn in einem Betriebswerk in Schleswig-Holstein Foto: Christian Charisius/dpa

Wer auf die Deutsche Bahn angewiesen ist, kann erst einmal aufatmen. In nächster Zeit bleibt es für Bahnreisende bei den üblichen Zugausfällen und -verspätungen. Zu weiteren Streiks wird es zumindest bis zum Herbst nicht kommen. Noch ist der Tarifabschluss zwar nicht ganz in trockenen Tüchern. Bis Ende August läuft die Urabstimmung unter den rund 110.000 Mitgliedern der Eisenbahngewerkschaft EVG darüber, ob sie das Ergebnis der Schlichtung akzeptieren. Doch das dürfte nicht mehr als eine Formsache sein.

Dabei löst die Empfehlung der Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr und des Ex-Innenministers Thomas de Mai­zière bei den Beschäftigten keine Begeisterungsstürme aus. Denn auch wenn sie den höchsten Tarifabschluss in der Geschichte der Deutschen Bahn vorgeschlagen haben, umfasst er keinen Ausgleich für die Reallohnverluste der vergangenen Jahre.

Gleichwohl kann sich das Ergebnis der Schlichtung sehen lassen. Ein Blick darauf, mit welch mickrigem Angebot der Bahnvorstand in die Verhandlungen gestartet und was nun herausgekommen ist, lässt erkennen, dass sich der Arbeitskampf der EVG durchaus gelohnt hat.

Anders als vom Bahnvorstand präferiert, sollen die Beschäftigten nun einen Festbetrag erhalten statt einer prozentualen Erhöhung, die stets die bevorteilt, die ohnehin schon mehr haben. Die zweistufige Lohnerhöhung um insgesamt 410 Euro pro Monat hilft demgegenüber vor allem den Beschäftigten in den niedrigeren Gehaltsgruppen, die besonders unter den dramatisch gestiegenen Lebenshaltungskosten leiden.

Ja, das kostet einiges an Geld. Falls der Bahnvorstand nach Sparmöglichkeiten sucht: Warum wendet er nicht einfach die Schlichtungsempfehlung auf sich und alle anderen Führungskräfte an? Alleine die Vergütung von Bahnchef Richard Lutz verdoppelte sich 2022 im Vergleich zum Jahr zuvor auf 2,24 Millionen Euro. Hätten da nicht auch 410 Euro mehr vollständig ausgereicht?

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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