Vorbereitungen zur Klimakonferenz: Wir haben noch nicht verloren

Die Fakten sehen schlecht aus. Aber im Kampf für eine bessere Klimapolitik brauchen wir neben Wut auch Zuversicht, findet unser Autor.

Wolkenhimmel mit Sonne

Sommerhimmel Foto: Reinhol Ratzer/alimdi/imageBROKER

Bonn taz | Der junge Mann sitzt gleich hinter dem Eingang des Kongresszentrums in Bonn in einem Sessel. Er blickt auf sein Smartphone, aber die wirkliche Nachricht steht auf seiner Brust: „We have not yet been de­feated“ – „Wir haben noch nicht verloren!“

Das ist ja mal die richtige Einstellung für eine Klimakonferenz, sage ich zu ihm. „Ja“, meint er und lacht. „Aber eigentlich ist das der Titel eines Buchs von Alla Abd El-Fattah. Der sitzt immer noch im Gefängnis.“

Noch ein Grund mehr, das T-Shirt hier in Bonn zu tragen. El-Fattah ist vielleicht der bekannteste politische Gefangene in Ägypten. Seit sieben Jahren sitzt der Blogger immer wieder in Haft, weil er sich im autoritär regierten Pyramidenstaat nicht unterkriegen lässt.

Bei der COP27 in Scharm al-Scheich war er in einen Hungerstreik getreten, die deutsche und die EU-Delegation hatten sich um den Fall prominent gekümmert.

1,5 Grad nicht höflich zu stoppen

Seine Schwester wurde von den Deutschen eingeladen und auf einem Podium von ägyptischen „Sicherheitsleuten“ bedrängt, die Ägypter waren sauer, dass die Deutschen sich in ihre „inneren Angelegenheiten“ einmischten. Alle hatten Angst, dass El-Fattah sterben würde, aber er beendete den Hungerstreik.

Und dann zog die Klimakarawane weiter und vergaß El-Fattah. Ich auch. Aber seinen Slogan sollte man in Marmor meißeln und als offizielles Motto der Klimakonferenzen auf Kaffeebecher drucken: Ein trotziges und rotziges „Wir haben noch nicht verloren!“ – auch wenn die Realität ganz anders aussieht.

Denn klar, die Fakten sehen schlecht aus. Und man haut sie uns bei jeder Konferenz um die Ohren: neue CO2-Rekorde, wo die Emissionen weltweit in sechseinhalb Jahren halbiert werden müssten; Waldbrände, Dürren, Überschwemmungen, bald schon eisfreie Arktis im Sommer. Und die Öl- und Gasländer versprechen den Ausstieg, stecken ihr Geld aber weiter in die dreckigen Energien. Da kannste schon mal meckern. Und kalkulieren, dass die Erwärmung bei 1,5 Grad nicht höflich stoppen wird.

Aber die Welt geht eben auch nicht an dem Morgen unter, wo offiziell und weltweit die 1,5 Grad überschritten sind. Ja, es wird dann noch gefährlicher, ja, es drohen Kipppunkte, ja, wir sollten alles tun, um das zu vermeiden und ja, wir alle sind die letzten Generationen, die das verhindern können.

Wut und Zuversicht

Aber auch bei 1,6 Grad müssen wir weiter dafür kämpfen, die Fossilen auszubremsen und den Wald zu retten. Wir müssen den Armen gegen die Klimaschäden helfen und das verdammte CO2 möglichst schnell wieder aus der Luft holen. Noch haben wir die Wahl.

Da ist es das Beste, einmal tief Luft zu holen und sich zu sagen: „Wir haben noch nicht verloren!“. Denn wenn wir denken, dass es aus ist, dann ist es wirklich aus. Nicht umsonst hat die ehemalige Chefin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres, die „Klimaqueen“, die das Pariser Abkommen mitverhandelt hat, ihrem Podcast einen schönen Namen gegeben: Outrage and Optimism. Wut und Zuversicht. Ein T-Shirt mit diesem Slogan würde ich sofort kaufen.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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