Debatte über TikTok-Verbot in den USA: Das Wichtige bleibt im Dunkeln
In den USA grassiert die Angst vor der Videoplattform TikTok. Bei allem, was man weiß, gibt es tatsächlich eine Gefahr chinesischer Desinformation.
E s ist ein bisschen ironisch: Ausgerechnet in den USA, die weltweit eine der umfassendsten Infrastrukturen zur digitalen Überwachung von Bürger:innen aufgebaut haben, grassiert die Angst vor Tiktok. Aus Sorge unter anderem darüber, dass über die Videoplattform Daten von US-Bürger:innen an die chinesische Regierung fließen. Der US-Bundesstaat Montana etwa verbietet ab 2024 das Anbieten – nicht die Nutzung, das wäre auch kaum möglich – der App. Influencer:innen klagen nun gegen das Verbot.
Nun könnte man sagen: Die Sorge ist in den USA so groß, weil sie wissen, was technisch und geheimdienstlich möglich ist. Mag sein. Doch es geht bei Tiktok nicht nur um die Angst vor Überwachung. Denn rational betrachtet hat die chinesische Regierung sicher Interesse an den persönlichen Daten einzelner politisch oder gesellschaftlich wichtiger Persönlichkeiten. Aber kaum an denen der breiten Masse.
Auch wenn sich nicht sicher sagen lässt, wie genau der chinesische Staat Tiktok und andere Digitalunternehmen für seine Zwecke nutzt, liegt ein Interesse nahe: die Beeinflussung der öffentlichen Meinung auch außerhalb Chinas.
So haben beispielsweise im vergangenen Jahr Recherchen von NDR, WDR und „Tagesschau“ gezeigt, wie die Plattform Inhalte herausfiltert. Unter anderem „Sex“, „schwul“ und „LGBTQI“ gehören zu den Wörtern, die dazu führen, dass Kommentare blockiert werden. Nutzer:innen umgehen die Filter teils durch kreative Abwandlungen der Schreibweise, aber das ändert nichts am grundsätzlichen Problem.
Nur die Spitze des Eisbergs
Denn was auffällt, ist nur die Spitze des Eisbergs. Was weitgehend im Dunkeln bleibt: Wie stark pushen Tiktoks Algorithmen Inhalte oder halten sie zurück und welche sind das? Wie eng ist die Verbindung zwischen dem Mutterkonzern ByteDance und der chinesischen Regierung? Wie ernsthaft geht das Unternehmen gegen Desinformation vor?
Was daher nötig wäre: umfassende Vorgaben für Transparenz. Am besten gleich für Plattformen aus allen Ländern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen