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Anhörung im US-KongressVereint gegen TikTok​

TikTok droht ein Verbot in den USA. Nun hat Firmenchef Shou Zi Chew versucht zu beschwichtigen. Auch US-Influencer legen sich für die App ins Zeug.

Shou Zi Chew, CEO von TikTok, während der Anhörung im Repräsentantenhaus am Donnerstag Foto: Jacquelyn Martin/AP

Washington taz | Die soziale Videoplattform TikTok hat etwas geschafft, was in der momentanen US-Politik nahezu unmöglich ist. Es ist ihr gelungen, die gespaltenen Lager im US-Kongress gegen sich zu vereinen. Sowohl Demokraten als auch Republikaner fordern ein Verbot der Plattform in den USA und beziehen sich dabei auf Datenschutzbedenken sowie eine Bedrohung der nationalen Sicherheit.

Hinter der vereinten Abneigung steckt vor allem die sich immer stärker ausbreitende Abneigung gegen China. Hinter der Videoplattform steckt das chinesische Unternehmen ByteDance. US-Politiker befürchten, dass die Kommunistische Partei Chinas uneingeschränkten Zugang zu allen Nutzerdaten der Plattform hat und somit auch zu denen von etwa 150 Millionen US-Bürgern, die TikTok regelmäßig benutzen.

TikToks Firmenchef Shou Zi Chew versuchte am Donnerstag, diese und andere Bedenken gegenüber seiner Plattform während einer Kongressanhörung aus der Welt zu schaffen. Dies dürfte ihm allerdings nur eingeschränkt gelungen sein. Die Skepsis der US-Politiker war eindeutig.

„Herr Chew, Sie sind heute hier, weil die amerikanische Bevölkerung ein Recht darauf hat, zu erfahren, welche Bedrohung TikTok für nationale und individuelle Sicherheit darstellt“, sagte die republikanische Vorsitzende des Kongressausschusses Cathy McMorris Rodgers in ihrer Eröffnungsansprache.

Was folgte, waren knapp vier Stunden, in denen der TikTok-Firmenboss sich nicht nur für sein Unternehmen, sondern auch für die Vergehen der chinesischen Regierung rechtfertigen musste. Im Vordergrund standen allerdings die Themen Datensicherheit, politische Einflussnahme durch die Kommunistische Partei und Jugendschutz.

„Kein Agent Chinas“

TikTok versucht natürlich ziemlich alles, um ein Verbot in den USA doch noch abzuwenden. So will die Videoplattform die Daten von US-Nutzern in neuen Rechenzentren speichern, die vom US-Softwareriesen Oracle betrieben werden sollen.

Anschuldigungen, dass die Plattform eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstelle, wies Chew zurück. „Lassen Sie mich dies unmissverständlich klarstellen: ByteDance ist kein Agent Chinas oder eines anderen Landes“, sagte der 40-Jährige während der Anhörung in Washington.

Die Mitglieder des Ausschusses beeindruckte dies allerdings nur wenig. Die Republikanerin Kat Cammack spielte sogar ein TikTok-Video ab, in dem eine Schusswaffe zu sehen war sowie das Datum der Kongressanhörung. In Kombination miteinander darf dies durchaus als Drohung an die Ausschussmitglieder gewertet werden.

„Sie erwarten von uns, dass wir Ihnen glauben, dass Sie die Daten und die Privatsphäre von 150 Millionen Amerikanern sicher aufbewahren können, wenn Sie nicht einmal die Sicherheit der Menschen in diesem Raum gewährleisten können“, sagte die Abgeordnete aus Florida.

Trotz des politischen Gegenwindes lässt das soziale Netzwerk nichts unversucht. In den vergangenen Tagen reisten etliche TikTok-Influencer in die US-Hauptstadt, um für den Fortbestand der Plattform zu werben. Für Influencer ist TikTok eine der wichtigsten Einnahmequellen. Laut einem Unternehmenssprecher würde ein Verbot der Plattform Millionen von Amerikanern den Lebensunterhalt entziehen.

Regierung will Verkauf erzwingen

Obwohl es keine Beweise gibt, die belegen, dass die Kommunistische Partei Chinas die App für ihre politischen Zwecke einsetzt, spricht sich auch die US-Regierung für ein Verbot aus. In einer separaten Kongressanhörung am Donnerstag bestätigte US-Außenminister Antony Blinken, dass TikTok ein Sicherheitsrisiko darstellen würde.

US-Präsident Joe Biden und seine Regierung versuchen das in die Tat umzusetzen, was Donald Trump nicht gelungen ist: TikTok zu verbieten und dadurch den Verkauf der Plattform an ein US-Unternehmen zu erzwingen.

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1 Kommentar

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  • Richtig so. Nur sollte man dasselbe Spiel hier in Europa auch mit Facebook, Google, Instagram, etc. durchziehen. Soziale Medien und der allgemeine Zugang ins Internet (Suchmaschinen) sollten keinen privatwirtschaftlichen Interessen unterliegen, und das Sammeln/die Nutzung von privaten Daten zu kommerziellen Zwecken sollte verboten werden.