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Anklage gegen TrumpDer Rückhalt bröckelt

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Die Anklage gegen Trump zeigt: Das US-Rechtssystem funktioniert, die Vorwürfe sind gravierend. Die mediale Aufregung in den USA hat jedoch etwas Zwanghaftes.

Trump vor Gericht am Dienstag in New York City Foto: Justin Lane/epa

D onald Trump irrt, wenn er behauptet, die Ermittler machten die USA mit ihren Ermittlungen und jetzt ersten Anklagen gegen ihn zu einem „Dritte-Welt-Land“. Das Gegenteil stimmt. Dass ein Gericht in New York einen Ex-Präsidenten wegen Fälschungen und anderer Straftaten mit dem Zweck der Verschwörung gegen die Wähler angeklagt hat, zeigt, dass die Justiz es geschafft hat, unabhängig zu bleiben.

Die Anklage zeigt auch, dass sich die USA seit den 70er Jahren weiterentwickelt haben. Damals bekam der Ex-Präsident Richard Nixon, der das Land belogen hatte und der bei der Vertuschung von Straftaten erwischt worden war, von seinem Nachfolger Gerald Ford eine komplizenhafte Begnadigung.

Ein Unterschied zwischen Nixon und Trump ist auch, dass Trump nicht zurückgetreten ist, als sein Amtsenthebungsverfahren unvermeidlich wurde. Trump blieb und verschlimmerte seinen Fall, indem er seine Anhänger am 6. Januar 2021 zu verfassungsfeindlichen Aktivitäten gegen Wahlen aufrief, die er verloren hatte. Als Quittung bekam er ein zweites Amtsenthebungsverfahren. Sowie ein Zerwürfnis mit seinem Amtsnachfolger.

Aber auch zahlreiche Demokraten und moderate Republikaner irren, wenn sie jetzt meinen, die 34 Straftaten, die Trump in New York vorgeworfen werden, seien ein „zu schwacher Fall“. Sollte sich bewahrheiten, dass Trump Dokumente über Schweigegeldzahlungen gefälscht hat, um die Wähler zu manipulieren, ist das schwerwiegend. In den strafsüchtigen USA kommen Menschen wegen deutlich geringerer Straftaten für Jahre hinter Gitter.

Es kommt hinzu, dass die Anklagen in New York möglicherweise auch die Ermittlungen über andere mutmaßliche Straftaten von Trump beschleunigen. Trumps Versuche, die Wahlbehörden in Georgia unter Druck zu setzen, zusätzliche Stimmen für ihn zu finden, gehören zu den schwersten Vorwürfen. Unbedingt gerichtlich untersucht gehören auch seine Rolle beim gewalttätigen Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und seine Mitnahme vertraulicher Geheimdokumente aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago.

Auch die Medien irren, wenn sie glauben, sie könnten mit Trumps Anklage in New York wieder an ihre hohen Klickraten aus seiner Amtszeit anknüpfen. Viele Medien waren sich nicht zu schade, live zu übertragen, wie er in Florida ins Flugzeug stieg, wie seine Maschine abhob, wie sie flog und wie sie in New York landete. Sie setzten dieses unterirdische Niveau von Berichterstattung fort, als sie Trumps Autofahrt von seinem Turm zum Gericht per Luftaufnahm live übertrugen.

Nur wenige Fahnenschwenker für Trump

Dennoch halten sich die Sympathiekundgebungen für Trump in Grenzen. Als Lippenbekenntnis verurteilen zwar fast alle Republikaner, denen jemand ein Mikrofon vor den Mund hält, die Anklagen gegen Trump. Aber selbst in der Trump-Hochburg Florida waren die Fahnenschwenker am Straßenrand dünn gesät. In Trumps Geburtsstadt New York standen am Morgen seiner Anklagen neben Hunderten von Kameraleuten aus aller Welt nur zwei erkennbare Unterstützerinnen vor seinem Turm. Als einziges Requisit hatten sie eine alte Fahne aus seinem vorletzten Wahlkampf von 2016. Vor dem Gericht setzte sich das Bild fort. Nur ein paar Dutzend Trump-Unterstützer erschienen dort am Dienstag, um ihm den Rücken zu stärken.

Die Kehrtwende spiegelt sich auch in den Finanzen. Trump sagt, dass er in den ersten 24 Stunden nach der Verkündung der kommenden Anklage 4 Millionen Doller als Spenden bekommen habe. Das ist eine stolze Summe Geld. Aber im Verhältnis zu den Spendengeldern in zweistelliger Millionenhöhe, die sein stärkster innerparteilicher Widersacher Ron DeSantis seit März eingenommen hat, nimmt sich diese Unterstützung mickrig aus.

Die Zahlen auf der Straße und bei den Geldflüssen zeigen, dass Trump allenfalls noch die Zuwendung eines Teils seiner radikalen Basis genießt. Viele gewählte Politiker der Republikaner sowie finanzstarke unternehmerische Geldgeber, die 2024 wieder einen republikanischen Präsidenten wollen, haben sich von Trump abgewandt. In DeSantis haben sie einen gefunden, der politisch mindestens ebenso reaktionär ist wie Trump, aber persönlich weniger laut scheppernden Ballast hinter sich herzieht.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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16 Kommentare

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  • Die USA muss da durch. Jetzt ist die beste Zeit, das System Trump öffentlich aufzuarbeiten. Die rechten Wölfe werden dabei sicher laut heulen. Aber dadurch werden Sie auch für jeden Amerikaner erkennbar.

    • @Rudolf Fissner:

      Das Problem ist, dass das Rudel so groß ist, dass es die Mehrheit im Repräsentantenhaus hat.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Sie meinen deshalb muss man mucksmäuschenstill sein, damit diese nicht beißen?

        Man macht schon alles richtig gerade in den USA im Sinne einer wehrhaften Demokratie.

        • @Rudolf Fissner:

          "Sie meinen deshalb muss man mucksmäuschenstill sein, damit diese nicht beißen?"

          Man muss vor allem die Wahl nächstes Jahr gewinnen, sonst kann man alles andere vergessen.

          Und wenn die Demokraten unbedingt mit einem etwas tattrig wirkenden Greis antreten wollen, sollten sie nicht den Weg für einen dynamischen Konkurrenten Trumps frei machen. DeSantos als Präsident wäre der Supergau.

  • Dass die Republikaner:innen diesen Mann als ihren Frontfigur gezielt ausgesucht haben, sagt sehr viel aus über die republikanische Partei und ihre Unterstützer:innen und Geldgeber:innen.



    Jetzt ist der Narr womöglich verbraucht und "gewählte Politiker der Republikaner sowie finanzstarke unternehmerische Geldgeber" lassen ihn vielleicht einfach wie ein abgenutzter Waschlappen fallen und denken jetzt, dass "der neue" mehr bringt um ihren Interessen abzusichern.



    Dass es noch Amerikaner:innen



    gibt, die die republikanische Partei wählen und sich dabei nicht zum reichten Promille der Amerikaner zählen, ist mir ein großes Rätzel.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Nun ja, Trump hat sich 2016 ja als “Rächer der Witwen und Waisen”, sprich als Anwalt der Upperclass und Kämpfer gegen das korrupte politische US-Establishment aufpumpen lassen … eigentlich ein Treppenwitz, gegen Dreck-am-Stecken-Hillary freilich keine große Kunst.



      Ob das ausgerechnet DeSantis auch gelingen würde?

  • "In den strafsüchtigen USA kommen Menschen wegen deutlich geringerer Straftaten für Jahre hinter Gitter".



    ja, diese menschen sind in der regel aber nicht weiss und/oder lower-class citizens. wir schauen mal...

  • Der Artikel beziet sich auf einige Fakten kommt aber zum falschen Schluss. Amerikaner hegen Sympatien für die zu unrecht vom bösen Staat verfolgten. Als solcher kann sich Trump darstellen. Zu recht oder unrecht ist dabei egal. Er kann es ebend. Es gibt aktuell nur einen Gewinner und das ist Trump.

  • schaut euch an, wie aoc mit seth meyer zum thema trump-verhaftung plaudert:

    "Alexandria Ocasio-Cortez hat retweetet



    Late Night with Seth Meyers



    Rep. Alexandria Ocasio-Cortez (@AOC) tells @SethMeyers



    what it was like as a New Yorker to experience Donald Trump arrested in Manhattan."



    twitter.com/LateNi...wWgICzscehvc4tAAAA

  • „In DeSantis haben sie einen gefunden, der politisch mindestens ebenso reaktionär ist wie Trump, aber persönlich weniger laut scheppernden Ballast hinter sich herzieht.“



    Und? Macht es die Sache jetzt besser, wenn DeSantis nächster Praesident der Vereinigten Staaten wird? Zumal wenn man den Einfluss starker Geldstroeme auf Wahlergebnisse in den USA bedenkt.

    • @Abdurchdiemitte:

      DeSantis wäre der Supergau.

      Aber vielleicht ist der Plan ja, Trump so zu stärken, dass er DeSantis verhindert, aber gegen Biden verliert. Allerdings wäre das dann Pokern mit höchstem Risiko...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wessen Plan sollte das wohl sein? Der der US-Democrats? Für so dämlich halte ich die Reps nun auch wieder nicht, dass sie in diese Falle tappen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ja. Aber ich halte die Demokraten für so naiv, dass sie glauben könnten, es klappt.

    • @Abdurchdiemitte:

      Es macht die Sache sogar schlimmer, DeSantis wird auch mit denen arbeiten/verhandeln können, denen Trump zu lächerlich war und dadurch seine Ziele eher durchsetzen.

  • Dass man das auch anders sehen kann, zeigt ein Bericht im Deutschlandfunk von heute. Dort kommt man zu anderen Schlüssen und sieht Trump im Kontext des Prozesses sogar als gestärkt an. Ich glaube, innerhalb des Artikels herrscht nicht wenig Wunschdenken auf Grundlage der (betrechtigten) Kritik an ihm. Insbesondere auch, da die aktuelle Anklage Dinge wie den Sturm auf das Kapitol gar nicht verhnadelt.

    Und wenn Trump, Trotz Prozess etc. aktuell 30 Prozent vor DeSantis liegt, dann ist das schon ein starkes Stück Rückhalt, das ihm die Partei nach wie vor gewährt und zwar trotz all dem, was bisher passiert ist und noch passieren könnte.

    www.deutschlandfun...aetswerte-100.html

    • @White_Chocobo:

      " Ich glaube, innerhalb des Artikels herrscht nicht wenig Wunschdenken auf Grundlage der (betrechtigten) Kritik an ihm."

      Das sehe ich auch so. Viele Zeitungen warnen davor, dass Trump im schlimmsten Fall sogar gestärkt werden könnte. Und von schwindendem Rückhalt habe ich nirgends sonst gelesen.