+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Atomwaffen in Belarus
Putin kündigt die Stationierung von taktischen Atomwaffen in Belarus an. Laut dem Wagner-Chef wurde 5.000 Häftlingen nach ihrem Kriegseinsatz die Strafe erlassen.
Moskau und Minsk einigen sich
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Stationierung taktischer Atomwaffen in der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus angekündigt. Darauf hätten sich Moskau und Minsk geeinigt, sagte Putin am Samstagabend im Staatsfernsehen. Russland verstoße damit nicht gegen internationale Verträge. Daran sei „nichts Ungewöhnliches“, die USA stationierten seit langer Zeit taktische Atomwaffen auf dem Gebiet ihrer Verbündeten, sagte Putin in einem am Samstag im russischen Fernsehen ausgestrahlten Interview. Zudem kündigte der russische Präsident an, in der Ukraine Geschosse mit abgereichertem Uran einzusetzen, falls Kiew solche Munition vom Westen geliefert bekomme. (dpa/afp)
Geschätzt 50.000 Häftlinge wurden rekrutiert
Mehr als 5.000 von Russland im Krieg gegen die Ukraine eingesetzte Häftlinge sind nach Angaben von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin begnadigt worden. Nur 0,31 Prozent dieser vorbestraften Kriegsheimkehrer seien im ersten Monat rückfällig geworden, sagte Prigoschin am Samstag auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes. Zumeist seien sie dabei gegen Kriegsgegner in Russland handgreiflich geworden. „Wir haben die Kriminalität in Russland auf ein Zehntel gesenkt und die ehemaligen Häftlinge besser erzogen als die Pioniere zu Sowjetzeiten“, behauptete der 61-Jährige.
Russland hat für seinen Krieg gegen die Ukraine nach Schätzungen der Bürgerrechtsorganisation „Russland hinter Gittern“ 50.000 Häftlinge rekrutiert. Sie kämpfen größtenteils für die Söldnereinheit Wagner und gelten als Freiwillige. Wagner-Chef Prigoschin hatte die Schwerverbrecher in den Gefängnissen mit dem Versprechen gelockt, dass sie nach Ableistung eines halbjährigen Kriegsdienstes begnadigt werden. Um die negative Berichterstattung über diese Söldner einzudämmen, haben die russischen Behörden zuletzt schwere Strafen für die „Diskreditierung von Freiwilligen“ verhängt.
Die Verluste unter den Häftlingen gelten als besonders hoch. Sie werden oft in kleinen Gruppen zum Auskundschaften der ukrainischen Positionen eingesetzt. Wer flüchtet oder sich freiwillig den Ukrainern ergibt, dem drohen bei der Rückkehr zur eigenen Einheit drakonische Strafen. Die Wagner-Gruppe ist im Raum Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk aktiv, um das seit Monaten erbittert gekämpft wird. (dpa/rtr)
Selenski beklagt auf „Mangel an Munition“
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die militärische Lage im umkämpften Osten seines Landes als „nicht gut“ bezeichnet. Grund sei der „Mangel an Munition“, sagte Selenski in einem am Samstag erschienenen Interview der japanischen Tageszeitung Yomiuri Shimbun. Über den Beginn einer möglichen Gegenoffensive sagte er: „Wir können noch nicht beginnen.“ Ohne Panzer und Artillerie könne man „keine tapferen Soldaten“ an die Front schicken.
Selenski machte der Zeitung zufolge damit den ernsten Mangel an Waffen deutlich. „Wir warten darauf, dass Munition von unseren Partnern eintrifft“, sagte er und fügte hinzu, das russische Militär feuere jeden Tag dreimal mehr Munition ab als die ukrainischen Streitkräfte. Das Interview führte die Zeitung am 23. März im Zug, als sich Selenski nach einem Besuch des frontnahen südlichen Gebietes Cherson auf der Rückreise in die Hauptstadt Kiew befand. Zuvor hatte er die östlichen Gebiete Donezk und Charkiw besucht. (dpa)
Lage in der schwer umkämpften Stadt Bachmut
Die Verteidiger der schwer umkämpften Stadt Bachmut im Osten der Ukraine haben nach Angaben des Oberbefehlshabers der ukrainischen Armee, Waleri Saluschni, ihre Positionen gefestigt. „Dank der titanischen Anstrengungen der Defensivkräfte gelingt es, die Lage zu stabilisieren“, teilte Saluschni im Anschluss an ein Telefonat mit seinem britischen Amtskollegen Tony Radakin in der Nacht zum Samstag auf seinem Facebook-Account mit. Das Teilstück um Bachmut zähle aber nach wie vor zu den schwierigsten Frontabschnitten.
Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes sei der russische Angriff auf die ostukrainische Stadt Bachmut weitgehend zum Erliegen gekommen. „Dies ist vermutlich vor allem ein Ergebnis der erheblichen Verluste der russischen Kräfte“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag mit. „Die Situation der Russen hat sich wahrscheinlich auch durch die Spannungen zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und der Wagner-Gruppe verschlechtert, die beide Einheiten an diesem Frontabschnitt bereitstellen.“ Auch die Ukraine habe im monatelangen Kampf um Bachmut schwere Verluste erlitten, wurde in London betont. (dpa/afp)
Medwedew will „Auslandsagenten“ Einnahmen verbieten
Wer in Russland als „Auslandsagent“ eingestuft ist, soll nach Ansicht von Ex-Präsident Dmitri Medwedew in dem Land selbst kein Geld mehr verdienen dürfen. Dies müsse künftig in der Gesetzgebung müsse direkt festgehalten werden, sagte der 57-Jährige am Samstag russischen Medien. Das umstrittene Gesetz über „Auslandsagenten“ dient in Russland der Stigmatisierung von Personen, Medien und Nichtregierungsorganisationen, die nicht linientreu sind.
Die Forderung Medwedews, der als Vize-Chef des russischen Sicherheitsrats immer noch großen Einfluss besitzt, würde unter anderem ein Berufs- und ein Veröffentlichungsverbot für Kremlkritiker in Russland bedeuten. Medwedew bezog sich bei seiner Forderung auf den russischen Schriftsteller Boris Akunin, „der ausgereist ist, das Land, die militärische Spezialoperation und die Streitkräfte verflucht“, dessen Bücher aber nach wie vor in Russland erhältlich seien.
Um eine Person als „Auslandsagenten“ einzustufen, müssen die Behörden nicht nachweisen, dass der Betreffende Geld aus dem Ausland erhalten hat. Es reicht der Vorwurf, der Beschuldigte stehe unter „ausländischem Einfluss“. Auf der Schwarzen Liste des russischen Justizministeriums sind derzeit mehr als 160 Organisationen und mehr als 250 Einzelpersonen aufgelistet. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der in Moskau nur „militärische Spezialoperation“ genannt wird, haben die Behörden die Schwarze Liste deutlich vergrößert. (dpa)
Ukraine verwahrt sich gegen Vorwurf willkürlicher Exekutionen
Die Ukraine hat sich gegen Vorwürfe der UNO verwahrt, sie habe ebenso wie Russland Kriegsgefangene ohne Gerichtsverfahren willkürlich hingerichtet. Das Außenministerium in Kiew dankte am Freitag der UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine für ihre Nachforschungen, warnte aber zugleich vor jedem Versuch, „der als Gleichsetzung des Opfers mit dem Aggressor interpretiert werden könnte“. Es sei „inakzeptabel“, das „Opfer der Aggression“ verantwortlich zu machen.
Die Leiterin der UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine, Matilda Bogner, hatte am Freitag bei einer Pressekonferenz in Kiew gesagt, im Ukraine-Krieg hätten beide Seiten Gefangene ohne Prozess und Anklage hingerichtet. Außerdem seien ukrainische und russische Kriegsgefangene misshandelt worden.
Der ukrainische Menschenrechtsgesandte Dmitro Lubinez erklärte im Messengerdienst Telegram, er sei „überrascht“ über die Anschuldigungen der UNO gegen sein Land. Er sei nicht vorab über die Befunde informiert worden. Lubinez wies die Vorwürfe nicht direkt zurück. Er betonte aber, er wolle nun „die Fakten erfahren und die unbestreitbaren Argumente“, auf der die Schlussfolgerungen der UN-Mission fußten. (afp)
US-Klage gegen in Brasilien inhaftierten mutmaßlichen Spion
Die USA wollen einen mutmaßlichen russischen Spion zur Verantwortung ziehen, der versucht haben soll, den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu infiltrieren. Wie die Staatsanwaltschaft in Washington am Freitag mitteilte, wurde Klage gegen Sergej Wladimirowitsch Tscherkasow wegen Spionage-Vergehen eingereicht. Die US-Justiz will demnach offenbar verhindern, dass der 37-Jährige von seinem derzeitigen Aufenthaltsland Brasilien nach Russland überstellt wird.
Tscherkasow war im April von den niederländischen Behörden wegen der Nutzung gefälschter Ausweispapiere festgenommen worden. In den Niederlanden hatte er sich als Brasilianer namens Viktor Muller Ferreira ausgegeben, der eine Stelle beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) antreten wollte. Ermittlungen der niederländischen Polizei ergaben jedoch, dass er nicht Brasilianer ist und für den russischen Militärgeheimdienst GRU arbeitete.
Nach Auffassung der US-Justiz hat sich Tscherkasow über Jahre hinweg eine andere Identität aufgebaut. So belegte er 2018 bis 2020 in Washington einen Master-Studiengang der Johns Hopkins University in internationalen Beziehungen. Hätte er die Stelle am IStGH tatsächlich antreten können, hätte er nach Auffassung der US-Justiz „hochgradig wertvolle“ Informationen über die Untersuchung von Kriegsverbrechen in der Ukraine sammeln oder sogar Einfluss auf Verfahrensentscheidungen des Haager Tribunals nehmen können.
Im April 2022 wurde Tscherkasow von den Niederlanden an Brasilien ausgeliefert, wo er sich wegen Identitätsbetrugs verantworten musste. Im Juli wurde er zu 15 Jahren Haft verurteilt. Im September beantragte aber Russland von Brasilien seine Auslieferung, weil ihm dort wegen Drogenhandels in den Jahren 2011 bis 2013 der Prozess gemacht werden solle. (afp)
Ukraine-Krieg lässt Düngerverbrauch sinken
Hohe Gaspreise und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben zu einem sinkenden Düngerabsatz in Deutschland geführt. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamts hervor. Auch in diesem Jahr kaufen die Bauern bislang nur zurückhaltend Dünger ein, wie die Münchner Baywa berichtet, Deutschlands größter Agrarhändler. Eine mögliche Folge sind schlechtere Ernten.
Die drei wichtigsten Düngerarten sind Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K), die im Agrarhandel in unterschiedlichen Konzentrationen und Mischungen angeboten werden. Stickstoff ist Grundnahrungsmittel für Pflanzen und mengenmäßig das wichtigste Düngemittel. Im Wirtschaftsjahr 2021/22 sank der Absatz laut Statistischem Bundesamt um 13 Prozent auf 1,1 Millionen Tonnen.
Bei Phosphatdünger meldete die Wiesbadener Behörde einen um 40 Prozent auf knapp 115 000 Tonnen geschrumpften Absatz. Bei Kali waren es 306 000 Tonnen, ein Minus von 31 Prozent.
Die Bauern, die sich in Erwartung dauerhaft hoher Düngerpreise vorsorglich schon im vergangenen Jahr eingedeckt haben, sind jetzt in einer unerfreulichen Lage. „Die Erzeugererlöse für Getreide und Ölsaaten sind seit Jahresbeginn stetig gefallen“, heißt es beim Bayerischen Bauernverband. Der Weizenpreis in Bayern liegt demnach derzeit bei 230 bis 250 Euro pro Tonnne. „Viele Landwirte stehen jetzt vor der Situation, mit sehr teurem Dünger zu kräftig reduzierten Getreideerlösen zu produzieren.“ (dpa)
Selenski setzt auf Weltbank für Wiederaufbau der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski setzt beim Wiederaufbau des durch Russlands Krieg zerstörten Landes auch auf die Unterstützung der Weltbank. Bei einem Treffen mit Vertretern der Weltbank seien neue vielversprechende Programme besprochen worden, sagte Selenski in seiner allabendlich in Kiew verbreiteten Videobotschaft am Freitag. „Natürlich haben wir uns auf den Wiederaufbau konzentriert – und alles, was getan werden muss in den vielen ukrainischen Städten und Dörfern, die unter den Terroranschlägen der Besatzer gelitten haben“, sagte er.
„Wohnhäuser, soziale Infrastruktur, die wirtschaftliche Basis des Lebens – all das muss wieder aufgebaut werden“, sagte Selenski. Zugleich verurteilte er einmal mehr die schweren Zerstörungen durch die russischen Angriffe. Selenski würdigte in dem Video auch den Kampf der Verteidiger der Ukraine für das Land und lobte, dass viele junge Menschen etwa die Offizierslaufbahn einschlügen.
Der Krieg in der Ukraine hat allein innerhalb seines ersten Jahres einen Schaden von mindestens 135 Milliarden US-Dollar (rund 125 Mrd Euro) verursacht. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht der ukrainischen Regierung, der Weltbank und der Europäischen Kommission hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die finanziellen Verluste durch den Krieg in diesem Zeitraum werden mit 290 Milliarden US-Dollar (rund 269 Mrd Euro) angegeben. Die Kosten für Wiederaufbau und die Erholung der von Russland angegriffenen Ukraine werden mit Stand vom 24. Februar 2023 auf mindestens 411 Milliarden US-Dollar (rund 381 Mrd Euro) geschätzt. (dpa)
Russland wirft Slowakei Vertragsbruch vor
Russland hat der Slowakei wegen der Übergabe der aus Sowjetzeiten stammenden Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 an die Ukraine Vertragsbruch vorgeworfen. Es sei laut einem 1997 geschlossenen Vertrag nicht zulässig, die Maschinen ohne Zustimmung Russlands einem anderen Staat zu überlassen, teilte der Föderale Dienst für die militär-technische Zusammenarbeit am Freitag in Moskau mit. Auf der Seite des russischen Außenministeriums war zudem der Vertrag einsehbar. Moskau sprach von einem „unfreundlichen Akt“ und einem Verstoß gegen die internationalen Pflichten der Slowakei.
Die slowakische Politik hat bisher nicht öffentlich reagiert auf die russischen Vorwürfe, die zuvor auch Moskaus Botschaft in Bratislava geäußert hatte. Die Slowakei hatte am Donnerstag vier Flugzeuge an die Ukraine übergeben. Weitere neun sollen folgen.
Die Mehrheit der Flugzeuge hatte die Sowjetunion Ende der 1980er Jahre an die Tschechoslowakei übergeben. Nach dem Zerfall des Landes hatten Tschechien und die Slowakei die Flugzeuge aufgeteilt. Auch in den 1990ern hatte die Slowakei noch von Russland einige Flugzeuge erhalten. Der Kreml hatte zuletzt erklärt, dass die Ukraine mit den Flugzeugen aus der Slowakei und aus Polen alte und unnötige Technik erhalte.
Die restlichen neun MiG-29 will die Slowakei „im Laufe der nächsten Wochen“ an die Ukraine übergeben, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. 3 der insgesamt 13 Maschinen sind nicht einsatzfähig und daher nur zum Ausschlachten für Ersatzteile gedacht. Die Oppositionsparteien in der Slowakei kritisierten die Entscheidung der Regierung. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos